Studientipp
Besondere Unterdrückung der Frau hat System
Das Buch „Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau“, von Stefan Engel und Monika Gärtner-Engel, befasst sich unter anderem mit den Ursachen für die besondere Unterdrückung der Frau in der kapitalistischen Gesellschaft
Die Masse der Frauen ist in allen bisherigen Klassengesellschaften mehrfach unterdrückt. Zum einen als Teil der ausgebeuteten und unterdrückten Schichten. Zum anderen sorgt ein ganzes System der besonderen Unterdrückung der Frau für die systemerhaltende Wahrnehmung ihrer Funktionen in der Produktion und Reproduktion des menschlichen Lebens. Diese wiederum hat zwei grundlegende Seiten:
- die Erhaltung und ständige Reproduktion bestehenden menschlichen Lebens, insbesondere von Arbeitskräften;
- mit Schwangerschaft, Geburt, Ernährung und Erziehung von Kindern die „Produktion“ neuen menschlichen Lebens. …
Die Frauen der herrschenden Klassen unterliegen nicht der mehrfachen Unterdrückung, da sie selbst Teil der unterdrückenden Klasse sind. Sie sind aber als Frauen ebenfalls Opfer der besonderen Unterdrückung. Das ist eine wichtige materielle Grundlage für die Tatsache, dass die Frauenbewegung aus mehr oder weniger allen Klassen und Schichten der Bevölkerung hervorgeht. Die besondere Unterdrückung der Frauen in den herrschenden Klassen ist aufgrund ihrer ökonomischen Abhängigkeit oft noch weitreichender als in den unterdrückten Klassen. Umgekehrt ist die Grundlage für die Unterdrückung der Frauen in den untersten Schichten und Klassen weit weniger ausgeprägt. …
Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau - Eine Streitschrift
337 Seiten
16,50 Euro
In der Verantwortung der Frauen für die private Haushalts- und Familienführung liegt die materielle Grundlage für die doppelte Unterdrückung der Masse der Frauen im Kapitalismus. Diese doppelte Unterdrückung tritt durchaus nicht in erster Linie als offene Gewaltanwendung der Männer gegen die Frauen zu Tage. Diese Tatsache hat gerade in der heutigen Zeit vielfach zu dem Trugschluss geführt, dass eine besondere Unterdrückung der Frau kaum noch bestehe. Marx wies im „Kapital“ darauf hin, wie das Kapital für die Reproduktion seiner grundlegenden Existenzbedingung – den Erhalt der Arbeiterklasse – die natürlichen Lebensbedürfnisse der Menschen vereinnahmt:
„Die beständige Erhaltung und Reproduktion der Arbeiterklasse bleibt beständige Bedingung für die Reproduktion des Kapitals. Der Kapitalist kann ihre Erfüllung getrost dem Selbsterhaltungs- und Fortpflanzungstrieb der Arbeiter überlassen. Er sorgt nur dafür, ihre individuelle Konsumtion möglichst auf das Notwendige einzuschränken …“
(„Das Kapital, Erster Band“, Marx/ Engels, Werke, Bd. 23, S. 597/598) …
Durch die private Organisierung der Haushaltsführung und die unentgeltliche Hausarbeit entsteht – unabhängig von den subjektiven Einstellungen des Ehepaares – objektiv eine grundlegende ökonomische Abhängigkeit der Frau vom Mann als Ernährer, die ihr eine eigenständige ökonomische Existenz unmöglich macht. Diese Abhängigkeit setzt sich fort bis ins hohe Alter. Die Rente wird nicht aufgrund der gesellschaftlichen Lebensleistung zum Beispiel in der Kindererziehung oder Pflege von Familienangehörigen errechnet, sondern aufgrund der Bemessung der lebenslänglichen Erwerbstätigkeit und Einkommen. Sie macht die Masse der Frauen im Alter von ihrem Mann oder der Hinterbliebenenrente abhängig.