Rezension zum RW 37
Land in Sicht!
Rezension aus Wilhelmshaven zum Buch von Stefan Engel: "Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus"
„Viele Wege führen nach Rom“, heißt es. Und tatsächlich, wer sich aufmacht, hinter die Kulissen des sich bedrohlich und beschleunigt entwickelnden Krisengeschehens der Welt zu blicken, stößt auf eine Unzahl von Erklärungsversuchen, Rechtfertigungen, Theorien und Weltanschauungen bis hin zu kruden Verschwörungsmythen und eine weit verbreitete weltanschauliche Verwirrung. Wer soll da noch durchblicken?
Das Buch „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus“ bringt Licht ins Dunkel. Mit erfrischender Polemik behandelt es die wichtigsten opportunistischen Richtungen der Gegenwart. Sei es, dass Ökologie und kapitalistische Ökonomie vereinbar seien, oder die Digitalisierung bedarfsgerechte und planmäßige Produktion im Kapitalismus ermöglichen soll. Die These, dass die Wissenschaft zur Produktivkraft wird und damit die Arbeiterklasse verschwindet, wird behandelt. Oder was es eigentlich mit den faschistischen Verschwörungstheorien auf sich hat.
All diesen weltanschaulichen Richtungen ist gemeinsam, dass sie den wissenschaftlichen Sozialismus widerlegen wollen und doch krachend daran scheitern. Alle landen schließlich bei der Verteidigung des Kapitalismus oder dichten ihm Eigenschaften an, die er nicht hat. So wie z.B. die Behauptung, dass Privateigentum die Freiheit für Besitzer von Eigentum ebenso garantiert wie für die, die keins haben. All dies nur, um die Arbeiterbewegung und die Volksbewegungen vom Kampf für den Sozialismus abzubringen. Die „vielen Wege nach Rom“ erweisen sich als Sackgasse.
Die Stärke des Buchs ist, dass bis auf die weltanschaulichen Wurzeln, bis zu den Leuten, die das Gedankengebäude errichteten zurück gegangen wird. Positivismus, Neoliberalismus, Trotzkismus, die Salonmarxisten und einige mehr und auch die Renaissance faschistischer Ideologien – auf Grundlage des Marxismus-Leninismus werden die verschiedenen Theorien dargelegt und überzeugend widerlegt.
Wer wissen will, warum man als Schüler vom heutigen Imperialismus nichts erfährt; wieso ein grüner Umweltminister alle Versprechungen für Umweltschutz über den Haufen wirft und nun der Kriegspolitik opfert – wer wissen will, von welcher Variante der bürgerlichen Weltanschauung diese Leute getrieben sind, der soll zu diesem Buch greifen.
Langweilig wird’s einem beim Lesen nicht. Dafür sorgt nicht zuletzt die muntere, wissenschaftliche, treffsichere und oft genug witzige Polemik. Hier eine Kostprobe zu Lutz Leisering von der Bundeszentrale für politische Bildung, der behauptete, man könne künftig mit einer globalen Sozialpolitik rechnen, welche die sozialen Belange der Menschen nachhaltig stützen:
»Angesichts des Jahrzehnte anhaltenden Abbaus sozialer Errungenschaften in den meisten Ländern der Welt, 811 Millionen hungernder und mehr als zwei Milliarden unterernährter Menschen von einem »weiteren Ausbau globaler Sozialpolitik« zu schwadronieren, gleicht dem Ausspruch des Kapitäns eines auf den Meeresgrund sinkenden Schiffs, nun sei wieder Land in Sicht.« (Seite 22)