Willi Dickhut

Willi Dickhut

Kritik an der Broschüre »Der Schoß ist fruchtbar noch«: Die »Deutschen Führerbriefe«

Grundsätzliche Briefwechsel und Dokumente Willi Dickhuts 1978

Von RW-Redaktion
Kritik an der Broschüre »Der Schoß ist fruchtbar noch«: Die »Deutschen Führerbriefe«

23. 2. 78

… An zwei Beispielen haben wir den Versuch unternommen, die Quellen zu ermitteln, aus denen die Zitate stammen. Unter Einschaltung eines Historiker-Kollegen an der Pädagogischen Hochschule ist es uns schließlich auch gelungen. Dabei kamen uns hinsichtlich des quellenkritischen Umgangs der Verfasser der vorliegenden Broschüre doch einige Bedenken.

Die Klassenanalyse Seite 12ff. ist verfaßt von Alfred Sohn-Rethel, sie erschien in den »Deutschen Führerbriefen« Nr. 72 und Nr. 73 vom 16. beziehungsweise 20. September 1932, deren Wiederabdruck erfolgte zuerst im Kursbuch 21/1970, Seite 17–23, mit einem Kommentar des Verfassers versehen; sie ist danach veröffentlicht in: Alfred Sohn-Rethel, »Ökonomie und Klassenstruktur des deutschen Faschismus«, Frankfurt/Main 1973, Seite 166ff. (edition suhrkamp 630).

Der Kommentar des Verfassers dieser Klassenanalyse rückt zum einen einige Ungenauigkeiten der KSG-Broschüre zurecht:

– so ist nicht die Klassenanalyse ein Artikel der Privatkorrespondenz des Reichsverbandes der Deutschen Industrie (S. 12),

– sondern die »Deutschen Führerbriefe« waren eine Privatkorrespondenz (eben keine Pressekorrespondenz),

– aber auch sie waren nicht die Privatkorrespondenz des »Reichsverbands der Deutschen Industrie«,

– sondern für die »führenden Kreise des Finanz- und Industriekapitals … einschließlich ihrer politischen Vertrauensleute: Kabinettsmitglieder, Reichswehrspitzen, führende Großagrarier, die Umgebung Hindenburgs etc.« (Sohn-Rethel, a. a. O., S. 25). (Der Reichsverband der deutschen Industrie als Organisation kann mit den »Deutschen Führerbriefen« nur insofern in Verbindung gebracht werden, als sie in Nachbarschaft von dessen Sitz gedruckt und versandt wurden.)

Politisch bedeutsam ist jedoch die Einschätzung der KSG-Broschüre hinsichtlich der Fähigkeiten der Kapitalisten, eine Klassenanalyse zu erstellen. Es heißt Seite 12: »Das heißt jedoch nicht, daß die Kapitalisten etwa nicht in der Lage wären, eine exakte Klassenanalyse zu erstellen, wenn es darum geht, ihre eigene Zukunft zu sichern«, und als Beleg für diese Einschätzung wird die vorliegende Klassenanalyse herangezogen. Das halten wir nach Kenntnis des Kommentars von Sohn-Rethel für problematisch:

– Aus welchen Überlegungen heraus wird Alfred Sohn-Rethel, der nachweislich der Verfasser dieser Klassenanalyse ist, der Kapitalistenklasse zugerechnet?

– Oder welche Hinweise gibt es dafür, zu vermuten, Sohn-Rethel habe für die Kapitalisten die Klassenanalyse als Auftragsarbeit erstellt?

Sohn-Rethel: »Ich war weit davon entfernt, dem diktaturlüsternen Finanzkapital als sein marxistischer Mephistopheles ein Licht über die geeignete Klassenbasis aufstecken zu wollen« (Kursbuch 21, S. 26). »Der Artikel war von mir einzig zum Zweck dieses Wahlkampfs für die Kommunisten verfaßt worden. Nicht, daß die Kommunistische Partei ihn etwa bestellt hätte. Die Partei wußte weder von der Abfassung noch von dem Verfasser des Artikels etwas. Ich schrieb ihn aus eigener Initiative und schickte, nachdem er in den Führerbriefen erschienen war, ein Exemplar an die Rote Fahne. Mehr bedurfte es zur Zündung der Bombe nicht. Aus didaktischen Gründen nahm ich in dem Artikel den Standpunkt des Großkapitals als Blickwinkel ein …« (a. a. O., S. 33).

»Freilich bleibt noch der zweite Teil der Frage zu beantworten, wie es nämlich gelingen konnte, die politisch doch keineswegs blöde Schriftleitung der ›Führerbriefe‹ zu einer ihr so extrem widersprechenden Funktion zu benutzen. Nun, ich kann nur sagen, daß das auch wirklich unbegreiflich wäre, wenn die schlauen Füchse des Kapitals nicht eben doch sehr dumm wären, wo Erkenntnis und nicht bloß Manipulation zur Frage steht … Jedenfalls war es fast ein rührender Anblick, die Schriftleiter der ›Führerbriefe‹ am Tage nach der kommunistischen Explosion meines Artikels über Exemplare der Roten Fahne gebeugt zu finden, angestrengt bemüht, aus den in den Text eingesprengten Kommentaren zu verstehen, was in dem Artikel eigentlich steckte … Der Kern der großkapitalistischen Macht sieht eben doch anders aus, als viele Zaungäste ihn sich vorstellen. In diesem Kern herrscht bei aller Gerissenheit vollkommene Wirrnis, und nichts kann ihm fremder sein als sein eigener Begriff.« (a. a. O., S. 33f.)

Demnach ist diese Klassenanalyse weder von den Kapitalisten erstellt, noch ist sie Auftragsarbeit eines Marxisten für die Kapitalisten, noch haben die Kapitalisten den politischen Gehalt recht begriffen – wie immer man auch die Einschätzung Sohn-Rethels hinsichtlich seiner Tätigkeit politisch bewerten mag: Die Aussage in der KSG-Broschüre, daß die Kapitalisten in der Lage sind, eine exakte Klassenanalyse zu erstellen, läßt sich mit dem angeführten Textauszug unter Berücksichtigung seiner Entstehungsbedingungen nicht belegen. Allenfalls ließe sich die Behauptung vertreten, daß den Kapitalisten eine exakte Klassenanalyse zur Verfügung gestanden hat. Eine solche Aussage gibt jedoch agitatorisch nichts her, denn mehr oder weniger exakte Klassenanalysen stehen Kapitalisten allemal zur Verfügung, wenn sie kommunistische Publikationen lesen. Ist es dann aber zulässig, aus agitatorischen Gründen die historische Wahrheit ein wenig zu verbiegen? Wir meinen, daß das nicht zulässig ist, und bekämpfen mit Entschiedenheit solcherart Manipulationen bei den Revisionisten, Opportunisten und Sektierern. Wir meinen, daß diese Textpassage in der KSG-Broschüre in einer erneuten Auflage überarbeitet gehört …

Rot Front!

Berufstätige intellektuelle Genossen (BIG)

Ostwestfalen, Ortsleitung (H.)



Liebe Genossen! 28. 3. 78

Die Zentrale Leitung der KSG schickt mir Eure Kritik an einer Stelle der obigen Broschüre zu, die ohne Quellenangabe dem Revolutionären Weg 6 entnommen wurde. Die Kritik ist also in Wirklichkeit gegen die Redaktion des Revolutionären Wegs beziehungsweise den Verantwortlichen gerichtet. Darum werde ich sie hiermit beantworten.

Ich möchte zunächst folgendes geklärt wissen: War Euch der Inhalt des Revolutionären Wegs 6 »Die dialektische Methode in der Arbeiterbewegung« bei Abfassung der Kritik nicht bekannt – was allerdings bedauerlich, aber verständlich wäre –, oder war er Euch doch bekannt und wolltet Ihr auf Umwegen eine Kritik an den Revolutionären Weg beziehungsweise seinen Verantwortlichen richten? Letzteres wäre deshalb von Übel, weil es keine ehrliche offene Kritik, keine dialektische Kritik wäre (siehe Revolutionärer Weg 10). Ich begrüße jede ehrliche, offene Kritik, auch wenn sie nicht den Kern trifft oder sogar falsch ist, denn dann muß man sich damit auseinandersetzen.

Nun zur Sache selbst. Eure Kritik fußt nur auf den Aussagen von Alfred Sohn-Rethel im Kursbuch 21 vom September 1970, und Ihr nehmt sie für bare Münze! Daß es eine verspätete Rechtfertigung seiner Person sein sollte, habt Ihr anscheinend nicht verstanden. Ihr knackt an der Schale herum, ohne den Kern zu erreichen. Schlagt die Schale kaputt und benutzt den Kern, wie wir das im Revolutionären Weg 6 getan haben! Der Kern ist die ausgezeichnete Analyse über die Klassen- und Parteien-Situation Ende 1932! Es ist vollständig gleichgültig, welcher Vertreter oder Agent der Monopolbourgeoisie diese Analyse geschrieben hatte, denn das ist nur die Schale.

Statt von dem Kern auszugehen, geht Ihr von der Schale aus und schreibt: »Der Kommentar des Verfassers (Sohn-Rethel) dieser Klassenanalyse rückt zum einen einige Ungenauigkeiten der KSG-Broschüre (beziehungsweise des Revolutionären Wegs 6) zurecht.« Ihr haltet also die 38 Jahre später dargestellte Rechtfertigung für eine Wahrheit. Abgesehen von einigen Kleinigkeiten, die Sohn-Rethel nachträglich korrigiert, und über die Ihr Euch in der weiter unten von mir angegebenen Quelle näher informieren könnt, schreibt Ihr dann:

»Politisch bedeutsam ist jedoch die Einschätzung der KSG-Broschüre hinsichtlich der Fähigkeiten der Kapitalisten, eine Klassenanalyse zu erstellen … Das halten wir nach Kenntnis des Kommentars von Sohn-Rethel für problematisch.«

Ihr haltet demnach – gestützt auf einen Vertreter des Monopolkapitals – die Organe des Monopolkapitals für unfähig, eine politische Klassenanalyse zu erstellen? Wobei es doch wohl gleichgültig ist, ob ein Konzernherr oder seine bezahlten Beauftragten beziehungsweise Agenten solche Analysen herstellen. Lest Euch doch nur die Jahresberichte des BDI oder der BDA durch oder sonstige für die Monopolkapitalisten bestimmte Informationen, und Ihr werdet eines Besseren belehrt. Auch die bürgerlichen Wissenschaftler haben ohne Kenntnis des dialektischen Materialismus oft hervorragende Forschungsergebnisse erzielt, wobei sie unbewußt die dialektische Methode angewandt haben. Ob es sich nun um wissenschaftliche oder politische Analysen handelt, sie werden dann zutreffen, wenn sie die dialektische Methode – bewußt oder unbewußt – als Grundlage haben.

Ihr stellt die (entschuldigt bitte) naive Frage: »Aus welchen Überlegungen heraus wird Alfred Sohn-Rethel … der Kapitalistenklasse zugerechnet?« Aber Genossen, zu welcher Klasse denn sonst? In »Blätter für deutsche und internationale Politik« 2/1974 wird eine ausführliche Antwort auf Sohn-Rethels Artikel im Kursbuch 21 gegeben und werden auch weitere »Führerbriefe« des Jahres 1932 veröffentlicht. Beschäftigt Euch deshalb mit dem Artikel Seite 154 ff. Hier heißt es über die Entwicklung und Tätigkeit Sohn-Rethels unter anderem:

»Die Autorenschaft Sohn-Rethels bestätigt – angesichts der Position, die Sohn-Rethel damals einnahm – die Einschätzung des ›Führerbrief‹-Artikels als eines Dokumentes aus dem inneren Kreis der Finanzoligarchie. Sohn-Rethel war als wissenschaftlicher Assistent der einzige Mitarbeiter Max Hahns, des Geschäftsführers des MWT (Mitteleuropäischer Wirtschaftstag). Bis zur Übernahme dieser Funktion (und auch danach) war Hahn enger Vertrauter von Max Schlenker, dem einflußreichen Geschäftsführer des mächtigen schwerindustriellen ›Vereins zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen‹ (des sogenannten Lang-namvereins) und in Personalunion zugleich auch Geschäftsführer der Nordwestlichen Gruppe des Vereins Deutscher Eisen-und Stahlindustrieller.

Freilich war Sohn-Rethel in ein solches Milieu nicht hineingeboren worden. Er entstammte einer Künstlerfamilie, die sich der Mäzenatenschaft des Ruhrmagnaten Poensgen (Vorsitzer des Vorstands der Vereinigten Stahlwerke – W. D.) erfreute. Durch dessen Vermittlung wurde Sohn-Rethel Sekretär von Max Hahn im Mitteleuropäischen Wirtschaftstag, dessen Vorsitz kein Geringerer innehatte als der Krupp-Schwager Tilo von Wilmowski. Alle Gruppen des Finanzkapitals, die im Weimarer und im faschistischen Deutschland an Expansion und Aggression in Richtung Ost- und Südosteuropa interessiert waren, trafen sich unter dem gemeinsamen Dach des MWT, wo die strategischen und taktischen Pläne für das innen- und außenpolitische Vorgehen und der notwendige Ausgleich divergierender Interessen beraten und gegebenenfalls auch entsprechende Schritte beschlossen wurden. In dieser Kontaktstelle und Führungszentrale, einem echten ›Rat der Götter‹, wirkte Sohn-Rethel von Anfang der 30er Jahre bis zum Jahre 1936 mit. Dann verließ er etwas eilig, aber immerhin mit einem Empfehlungsbrief von Poensgen an den Chefredakteur der ›Times‹ versehen, Deutschland, um auch in England mit Hilfe Monta-gu Normans (damaliger Präsident der Bank von England) bald Zugang zu den höchsten Zirkeln zu erhalten, wie zum Beispiel zum Churchill-Kreis, auf dessen Tagung er hin und wieder die Ergebnisse seiner Sammlung von Informationen über die Entwicklung in Deutschland vortragen durfte. So war es nur natürlich, daß Sohn-Rethel nach dem Ende des II. Weltkrieges seine gründlichen Erfahrungen mit dem MWT im Blatt der britischen Besatzungsmacht in Deutschland veröffentlichte. Danach aber war von ihm, der seinen Wohnsitz weiter in England behielt, in Deutschland nichts mehr zu hören – bis zu jenem ›Kursbuch‹-Artikel aus dem Jahre 1970. Dieser Artikel verschaffte ihm in der BRD den Ruf eines Marxisten; nicht lange nach Erscheinen dieses Artikels erfolgte seine Übersiedlung in die BRD.«

Könnt Ihr danach noch daran zweifeln, daß Sohn-Rethel ein Vertreter oder Agent des Monopolkapitals war? Er war auch kein Marxist, eher ein Trotzkist, aber zweifellos hatte er bestimmte Kenntnisse des Marxismus, und das haben nicht wenige Agenten des Monopolkapitals, ohne den Marxismus in seinem Wesen begriffen zu haben. Auch der Verfassungsschutz bildet Spezialagen-ten aus, die den Marxismus-Leninismus gründlich studieren müssen, ohne wirkliche Marxisten-Leninisten zu sein. Wie könnt Ihr den Rechtfertigungsversuchen eines Agenten des Kapitals auf den Leim gehen?

Rot Front!
Willi



Betrifft: Unsere Kritik an der Broschüre »Der Schoß ist fruchtbar noch« vom 23. 2. 1978
hier: Euer Schreiben vom 28. 3. 1978

Lieber Genosse Willi! 19. 5. 78

wir danken Dir sehr herzlich für Dein klärendes Schreiben und bitten um Dein Verständnis dafür, daß wir es nicht umgehend beantwortet haben. Daraus spricht nicht Gleichgültigkeit oder Nachlässigkeit gegenüber Deiner Kritik, die gemeinsame Klärung einiger der angesprochenen Fragen bei uns im BIG-Kollektiv hat halt doch ein wenig Zeit beansprucht.

Zunächst zu Deiner Eingangsfrage: Tatsächlich hatten wir den Revolutionären Weg 6 nicht gründlich genug studiert, so daß uns beim Lesen der von uns kritisierten Broschüre nicht aufgefallen ist, daß das Zitat (das allerdings auch nicht als solches ausgewiesen ist!) aus dem Revolutionären Weg 6 stammt. Es hat nicht in unserer Absicht gelegen, auf dem Umweg über die Kritik an der KSG-Broschüre eine Kritik an den Revolutionären Weg beziehungsweise seinen Verantwortlichen zu richten. Wir stellen jedoch selbstkritisch fest, daß wir genau diese Praxis betrieben haben, wenn wir in unserer Kritik an die Herausgeber der KSG-Broschüre hinsichtlich ihrer mangelhaften Zitiermethode auf die gleichen Mängel des Revolutionären Wegs verweisen, anstatt uns in dieser Frage direkt an den Verantwortlichen des Revolutionären Wegs zu wenden.

Auslösendes Moment unserer Kritik waren unsere Probleme und Schwierigkeiten im praktischen Umgang mit den Organen und Publikationen des KABD im Rahmen unserer Berufstätigkeit an Schule und Hochschule. Grundsätzlich halten wir es für richtig und für notwendig, die Organe und Publikationen in unsere Berufstätigkeit einzubeziehen, andererseits können wir das aufgrund unserer Berufstätigkeit nicht offen tun, wenn wir nicht unmittelbar mit Berufsverbot belegt werden wollen. In diesem Dilemma suchen wir folgende Lösung:

1. Wir unterstützen durch unser Bemühen um Umerziehung, durch Hausverkauf, Betriebsverkauf, Arbeit unter den Mittelschichten (auch mit den Organen des KABD) und vielseitige materielle Hilfe diejenige Organisation, die die Voraussetzungen schaffen will und kann, das bestehende Gesellschaftssystem zu stürzen und damit auch das bestehende System von Indoktrinierung in Schulen und Hochschulen.

2. In der praktischen Unterstützungstätigkeit und in der Teilnahme am praktischen Kampf um den Aufbau der Partei bemühen wir uns um die Aneignung und Handhabung der dialektischen Methode, um sie auch in Fragen unserer Berufstätigkeit richtig anzuwenden. Das haben wir in unserer Ausbildung nicht gelernt, das muß von uns mühsam mittels kritisch-selbstkritischer Auseinandersetzung mit Fortschritten und Rückschlägen erworben werden.

3. Gerade deshalb greifen wir auch in unserer Berufstätigkeit an Schule und Hochschule begierig zurück auf die Organe und Publikationen des KABD, wo immer es sich thematisch anbietet ...

Wir halten auch fest – und zwar aus den gleichen Gründen – an unserer Kritik hinsichtlich der unzulänglichen Zitiermethode im Revolutionären Weg. Wir meinen, daß unsere Kritik hier noch gewichtiger ist, denn der Revolutionäre Weg ist das theoretische Organ des KABD. Um so unverzichtbarer ist es unserer Auffassung nach, daß alle Kriterien wissenschaftlicher Arbeitsweise erfüllt werden. Zitate und Belege auszuweisen, Einschätzungen, die auf der Grundlage von Fakten beruhen, welche andernorts zusammengetragen sind, durch Fußnoten nachvollziehbar zu machen und die benutzte Literatur im Anhang aufzuführen – das alles sind unseres Erachtens nicht nur formale Kriterien wissenschaftlicher Arbeitsweise: Diese Angaben schaffen mit die Voraussetzung für eine vertiefte Aneignung. In der praktischen Umsetzung des Revolutionären Wegs stellen sich immer wieder zahlreiche Einzelfragen, auf die der Revolutionäre Weg selbst eine konkrete Antwort nicht gibt. Der Hinweis auf die »Blätter …«, in einer Fußnote im Revolutionären Weg 6 gegeben, hätte uns im vorliegenden Fall die Möglichkeit zu einer vertieften Auseinandersetzung gegeben.

Was ist aber die Ursache dafür, daß wir dem Sohn-Rethel auf den Leim gegangen sind? Sichtbar wird an dem Tatbestand unser mangelndes Vertrauen in die Organisation, mit der uns doch immerhin eine gemeinsame Praxis verbindet, wohingegen wir bereit gewesen sind, Sohn-Rethel genau dieses Vertrauen entgegenzubringen. Uns ist damit klar geworden, wie tief das Mißtrauen in die Arbeiterklasse in uns noch verankert ist und wie blind wir der Bourgeoisie Vertrauen entgegenbringen. Wir sehen jetzt um so klarer, wie unumgänglich und fest die Umerziehung angepackt werden muß. Wir sehen die Frage des Vertrauens jedoch auch als ein dialektisches Verhältnis: Jenes Maß an Vertrauen in die Organisation, das wir durch die praktische Tätigkeit der Organisation und in unserer praktischen Tätigkeit mit der Organisation gewonnen haben, sollte durch ihr theoretisches Schrifttum auch in der von uns angesprochenen Frage gefestigt werden.

Rot Front!

BIG – Ostwestfalen

Ortsleitung (H.)