Stefan Engel
Blinder kleinbürgerlicher oder proletarischer Klassenhass?
Antwortbrief von Stefan Engel, Redaktionsleiter des theoretischen Organs der MLPD REVOLUTIONÄRER WEG vom 10. September 2024
Stefan Engel, Leiter Redaktion REVOLUTIONÄRER WEG
10.09.2024
Guten Tag und vielen Dank für Deinen Brief vom 20. August 2024
Ich möchte gerne kurz darauf antworten.
Zuerst einmal zu der Geschichte aus Brokdorf: Die MLPD unterstützt in keiner Weise anarchistische Gewalttaten und individuellen Terror. Dieser individuelle Terror lieferte den Vorwand, die bürgerlich-demokratischen Rechte und Freiheiten weiter ab zu bauen, er ist völlig ungeeignet die eigentlichen Ziele des Klassenkampfs zu erreichen, weil damit weder die eigentlichen Gegner – die Monopolkapitalisten als Klasse – getroffen werden, noch das internationale Industrieproletariat oder die breiten Massen für solche Aktivitäten gewonnen werden können oder sollten. Das ist vielmehr ein Blitzableiter, der die berechtigte Wut verpuffen lässt, statt sie in durchdachte und gemeinsame revolutionäre Aktivität umzuwandeln. Er entspringt einem kleinbürgerlichem Hass, der sehr unmittelbar, auf das Hier und Jetzt ausgerichtet ist. Wovon wir sprechen ist der proletarische Klassenhass, der Hass auf das internationale Finanzkapital und seine bürgerlichen Regierungen die für den Völkermord in Gaza, für imperialistische Kriege wie in der Ukraine, für rücksichtslosen Raubbau an Mensch und Natur, für endloses Elend, Tod und Armut verantwortlich sind. Die Hälfte der Weltbevölkerung hat kein sauberes Wasser, fast 1 Milliarde hungern, über 120 Millionen sind auf der Flucht, während eine kleine parasitäre Schicht in Saus und Braus lebt! Jean Paul Sartre sagte einmal »Um die Menschen zu lieben, muss man sehr stark hassen, was sie unterdrückt.«
Ohne dass die Massen diesen Hass bis hin zur Todesverachtung entwickeln werden sie nicht den Mut aufbringen den bis auf die Zähne bewaffneten bürgerlichen Staatsapparat entgegen zu treten. Nur so ist unserer Meinung nach aber das weitere Ausreifen der globalen Umweltkatastrophe zu verhindern.
Das ist kein blinder Hass, der sich unkontrolliert und ohne Ziel entwickeln wird. Der Klassenhass wird sich entwickeln aus der Einsicht in die Notwendigkeit, dass das Überleben der Menschheit letztlich davon abhängen wird, ob der Sozialismus erkämpft werden wird oder nicht.
Gefühle sind nie klassenneutral oder ideologiefrei, wie dein Brief nahelegt. Sie sind auch nicht per se gut oder »Gift«, wie du schreibst. Die Frage ist immer welchem Klassenstandpunkt, welchem Motiv sie folgen. Der Kapitalist kennt schließlich auch Liebe und Freude, aber diese sind auf Dinge wie persönlicher Ruhm, Profit, Macht etc. ausgerichtet.
Mit freundlichen Grüßen,
Stefan Engel