Kapitel A

Kapitel A

Die internationalisierte kapitalistische Produktion und die Allgemeine Krise der kapitalistischen Gesellschaft

Die internationalisierte kapitalistische Produktion und die Allgemeine Krise der kapitalistischen Gesellschaft
  1. Die Allgemeine Krise des Kapitalismus, die mit dem I. Weltkrieg und der Oktoberrevolution 1917 in Russland eingeleitet wurde, ist eine allumfassende Krise des imperialistischen Weltsystems. Sie drängt den Grundwiderspruch unserer Epoche zwischen Kapitalismus und Sozialismus zur Lösung. Heute kennzeichnen fünf hauptsächliche Widersprüche seine gewachsene Labilität:
    • der Widerspruch zwischen der Bourgeoisie mit dem allein herrschenden internationalen Finanzkapital und ihren imperialistischen Regierungen an der Spitze gegenüber der internationalen Arbeiterklasse unter Führung des international verbundenen Industrieproletariats im Bündnis mit den Unterdrückten der Welt,
    • der Widerspruch zwischen dem Imperialismus und den unterjochten Nationen,
    • der Widerspruch zwischen der kapitalistischen Produktionsweise und den natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit,
    • der Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und der zwischen den internationalen Übermonopolen sowie
    • der Widerspruch zwischen den internationalisierten Produktivkräften und den nationalstaatlichen Organisationsformen.

    Im Prozess der Zersetzung und Fäulnis der ökonomischen, politischen und ideologischen Kräfte des Kapitalismus hat sich seit der Neuorganisation der internationalen kapitalistischen Produktion in den 1990er-Jahren die allgemeine Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems universell entwickelt. Sie bildet heute seine charakteristische Daseinsweise. Die Internationalisierung der Produktivkräfte hat eine neue historische Umbruchphase vom Kapitalismus zum Sozialismus eingeleitet. Die materiellen Voraussetzungen für die vereinigten sozialistischen Staaten der Welt sind ausgereift wie nie zuvor in der Geschichte.

  2. Die internationale Arbeiterklasse ist die entscheidende gesellschaftsverändernde Kraft in der kapitalistischen Gesellschaft. An ihrer Spitze steht heute das internationale Industrieproletariat als Träger der fortgeschrittensten Produktionsweise und direkter Gegenpol zum allein herrschenden internationalen Finanzkapital. Die fortschreitende Umwälzung der ökonomischen Struktur des Kapitalismus verwandelt einen wachsenden Teil der Arbeiter vom spezialisierten Handlanger der Maschinen zu einem vielseitig ausgebildeten Überwacher und Dirigenten des komplizierten internationalisierten Produktionsprozesses. Dieser funktioniert längst nicht mehr ohne die Ausbeutung der Schöpferkraft und Initiative der Arbeiterklasse und anderer werktätiger Schichten.

    Die fortschreitende Industrialisierung des gesamten gesellschaftlichen Lebens ließ die Arbeiterklasse stark anwachsen. Sie ist inzwischen im Weltmaßstab zur Hauptkraft im Kampf für nationale und soziale Befreiung geworden.

    Doch die allseitige Befriedigung der materiellen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Arbeiterklasse und der Massen wird durch das System der kapitalistischen Ausbeutung verhindert.

  3. Der gesetzmäßige Widerspruch zwischen der schrankenlosen Ausdehnung der kapitalistischen Produktion und der beschränkten Entwicklung der Märkte wurde mit der internationalisierten Produktion chronisch. Er hat zu einer chronischen Überakkumulation des Kapitals geführt. Diese macht sich in gesetzmäßig auftretenden zyklischen Überproduktionskrisen Luft, die an Umfang und Tiefe zunehmen. Sie gehen einher mit verschiedenen Formen von Finanzkrisen wie Börsen-, Banken- oder Währungskrisen.

    Seit den 1970er-Jahren sind zudem bei jedem Schritt vorwärts in der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise gewaltige Strukturkrisen im Reproduktionsprozess des Kapitals aufgetreten, wobei permanent Produktivkräfte und Kapital vernichtet wurden. Im Unterschied zu zyklischen Überproduktionskrisen wird in der chronischen internationalen Strukturkrise das Kapital relativ kontrolliert vernichtet. Die Hauptfolgen sind die Herausbildung einer wachsenden Massenarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung als Dauererscheinung, allgemeiner Lohnabbau, Steigerung der Arbeitshetze, Überausbeutung eines wachsenden Teils der Lohnabhängigen sowie Abbau sozialer Errungenschaften bei gleichzeitiger Steigerung der Massensteuern. Die Strukturkrise auf der Basis der Neuorganisation der internationalen Produktion wurde zum mächtigsten Schrittmacher der Wirtschaftskrisen.

    Die herrschenden internationalen Übermonopole wälzen die zunehmenden Krisenlasten auch auf die nicht monopolistische Bourgeoisie und diejenigen Teile des Monopolkapitals ab, die nicht zum allein herrschenden internationalen Finanzkapital gehören. Als Folge werden Jahr für Jahr Hunderttausende Kleinproduzenten ruiniert, während die Konzentration und Zentralisation der großen Konzernunternehmen eine weltumspannende Dimension angenommen hat.

  4. Mit dem Zusammenbruch der sozialimperialistischen Sowjetunion und ihres Herrschaftsbereichs Anfang der 1990er-Jahre entstand ein einheitlicher Weltmarkt. Dieser bildete die Grundlage für einen zeitweiligen wirtschaftlichen Aufschwung einiger führender imperialistischer Länder und einen länderübergreifenden Prozess der Konzentration und Zentralisation des internationalen Finanzkapitals.

    Die Weltwirtschafts- und Finanzkrise 2008 bis 2014 war die bisher tiefste, längste und umfassendste seit Bestehen des Kapitalismus. Ein bisher einmaliges internationales Krisenmanagement richtete sich hauptsächlich gegen die mögliche Revolutionierung der Arbeiterklasse und der breiten Massen.

    Darüber hinaus überträgt es die allgemeine Krisenhaftigkeit der imperialistischen Weltwirtschaft auf die Staatshaushalte. Die galoppierende Staatsverschuldung erzeugt die dauerhafte Gefahr eines allgemeinen Staatsbankrotts und zieht den schrittweisen Abbau des staatlichen Sozialwesens nach sich. Der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank und die Europäische Zentralbank (EZB) bürden den Massen immer neue Lasten auf durch Beschneidung von Renten, Löhnen und sozialen Errungenschaften oder Entwertung von Ersparnissen. Das ruft unvermeidlich den Widerstand der Arbeiterklasse und der breiten Massen hervor und ist eine materielle Grundlage für einen erneuten Aufschwung des Kampfs um nationale und soziale Befreiung und die Herausbildung einer revolutionären Weltkrise.

  5. Begünstigt durch einen gewaltigen Kapitalexport der imperialistischen Länder Anfang des neuen Jahrtausends entwickelten sich eine Reihe ehemals neokolonial abhängiger Länder von hauptsächlichen Agrarländern zu kapitalistischen Industrieländern. Durch die Herausbildung von Monopolkapital und staatsmonopolistischen Strukturen entstanden neuimperialistische Länder wie Indien, Brasilien, Südkorea, Südafrika, Saudi-Arabien oder die Türkei. Das sozialimperialistische China stieg zu einer führenden Wirtschaftsmacht auf, die mit den USA, Japan oder der EU um die Vorherrschaft ringt. In der heute multipolar geprägten Welt verschärfen sich die zwischenimperialistischen Widersprüche im Konkurrenzkampf um Macht- und Einflusssphären.
  6. Der Krisenzyklus der imperialistischen Weltwirtschaft veränderte sich. Die schwankende Stagnation, die im Krisenzyklus an die Stelle des Aufschwungs getreten und der nächsten Überproduktionskrise vorgelagert ist, wurde zur internationalen Erscheinung. Politische, finanzpolitische, wirtschaftliche und ökologische Erschütterungen beeinflussen heute viel unmittelbarer die Wirtschaftsentwicklung und bergen die ständige Gefahr, eine neue Weltwirtschafts- und Finanzkrise auszulösen.

    Die Aufblähung des spekulativen Kapitals wurde zur markantesten Erscheinung der Weltwirtschaft und dominiert mehr und mehr das wirtschaftliche und politische Geschehen.

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  7. Die Internationalisierung der kapitalistischen Produktionsweise macht die nationalstaatliche Regulierung immer aufwendiger, teurer und zugleich wirkungsloser. Der Widerspruch zwischen der nationalstaatlich organisierten Herrschaft der Monopole eines Landes und der ausgereiften Internationalisierung der kapitalistischen Produktionsweise spitzt sich aufs Äußerste zu.
  8. Der internationale Konkurrenzkampf verschärft sich bis zur gegenseitigen Vernichtung. Angesichts stagnierender Märkte verstärkt sich der Drang zur Ausweitung bestehender und Bildung neuer Wirtschaftsblöcke und -abkommen sowie konkurrierender internationaler Banken.

    In Verbindung damit steht eine gewaltige Steigerung der Ausbeutung der Lohn- und Gehaltsabhängigen: Zunehmende Flexibilisierung der Arbeitszeit, Steigerung von Arbeitsintensität und -dauer, vermehrte Schicht-, Nacht- und Wochenendarbeit, Absenkung der Entgelte, Einführung von Niedrig- bzw. Niedrigstlöhnen, der Verlust sozialer Rechte, steigende Zahl von Beschäftigten mit befristeten Verträgen sowie in Leih- und Teilzeitarbeit oder bei Firmen mit Werkverträgen. Vor allem betrifft das Frauen und Jugendliche. Diese Entwicklung fördert die Spaltung der Arbeiterklasse in ihrem Kampf für bessere Lohn-, Arbeits- und Lebensbedingungen und für ihre soziale Befreiung, erzeugt aber auch Solidarität und Widerstand.

  9. Mit der Neuorganisation der internationalen Produktion und der Herrschaft des internationalen Finanzkapitals funktioniert die kapitalistische Produktion und Konsumtion nur noch auf der Grundlage chronisch krisenhafter Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit. Durch die Beherrschung des Weltagrarmarkts und den Einsatz von Gen- und Biotechnik vertieft sich die chronische Agrarkrise. Die massenhafte Vernichtung von Hunderten von Millionen Existenzen der Klein- und Mittelbauern und die Zerstörung von immer mehr landwirtschaftlichen Flächen ist der Preis der kapitalistischen Industrialisierung vieler neokolonial abhängiger Länder. Sie hat Hunger und Unterernährung, massenhafte Landflucht und ein wachsendes Heer von Wanderarbeitern zur Folge.
  10. Die bürgerliche Staats- und Familienordnung soll die Produktion und Reproduktion des menschlichen Lebens in der kapitalistischen Gesellschaft gewährleisten. Sie dient als Ordnungsfaktor der herrschenden Monopole gegenüber dem Leben der Massen. Sie ist mit der Neuorganisation der internationalen Produktion auch international in eine chronische Krise geraten. Das stellt die Funktionsfähigkeit des kapitalistischen Systems infrage und bildet die gesellschaftliche Basis für einen neuen Aufschwung des Kampfs für die Befreiung der Frau.
  11. Im Konkurrenzkampf um Märkte, billige Arbeitskräfte, Rohstoffgebiete und Einflusssphären greifen die Imperialisten zu immer schärferer Ausbeutung und Unterdrückung der neokolonialen Länder. Das gesetzmäßige Ergebnis ist die Krise des Neokolonialismus. Sie geht einher mit einer chronischen Verschuldungskrise und führt bis zur wirtschaftlichen und politischen Zerrüttung von immer mehr Staaten.
  12. Die weltweit wachsenden Flüchtlingsströme sind Ausdruck davon, dass eine wachsende Masse der Weltbevölkerung nicht mehr in der alten Weise leben kann und will. Mit der Migration wächst die materielle Grundlage für den Zusammenschluss des internationalen Proletariats mit allen Ausgebeuteten und Unterdrückten.
  13. Das politische Wesen des Imperialismus ist das Streben nach Weltherrschaft. Die schrankenlose Machtpolitik des Imperialismus erfordert die Militarisierung von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft.

    Obwohl ihre unumschränkte wirtschaftliche Vorherrschaft zusehends schwindet, maßen sich die USA als derzeit einzige imperialistische Supermacht die Rolle eines Weltpolizisten gegen die nationale und soziale Befreiung der unterdrückten Völker und Klassen an. Ihr aggressiver Alleinherrschaftsanspruch sieht sich mit machtpolitischen Ansprüchen neu aufkommender imperialistischer Mächte wie China oder Russland konfrontiert. Das Ringen um imperialistische Ziele führt unweigerlich zu vermehrten kriegerischen Auseinandersetzungen und beschwört die Gefahr eines III. Weltkriegs mit dem Einsatz von ABC-Waffen herauf. Diesen können nur die Völker unter Führung des internationalen Proletariats verhindern. Kriege und Kriegsgefahr wird es geben, solange der Imperialismus besteht.

  14. Der deutsche Imperialismus gründet seinen weltweiten politischen Einfluss heute in erster Linie auf eine geschickte ökonomische Durchdringung des Finanzkapitals mit den internationalen Märkten und nationalen Volkswirtschaften.

    Politisch und militärisch hat der deutsche Imperialismus seinen Einfluss als Bündnispartner der USA und im Rahmen der NATO ausgeweitet und gerät als stärkste wirtschaftliche Kraft der EU dabei immer mehr in Konkurrenz mit seinen imperialistischen Verbündeten. Er unterstreicht seine machtpolitischen Interessen nicht nur durch Beteiligung an internationalen Militäraktionen unter der heuchlerischen Fahne humanitärer Hilfsaktionen der UNO, sondern beteiligt sich inzwischen auch an Angriffskriegen.

  15. Das allein herrschende internationale Finanzkapital ist eine verschwindend kleine Schicht der Bourgeoisie, die sich aus Gruppierungen internationaler Übermonopole mit unterschiedlichen nationalstaatlichen Grundlagen und Bindungen zusammensetzt. Seine strategische Schwäche gegenüber dem vereinigten internationalen Industrieproletariat besteht darin, dass es über keinen gemeinsamen Machtapparat verfügt. Zur Aufrechterhaltung seiner Herrschaft und zur Niederhaltung der ausgebeuteten Massen muss es sich auf die Machtorgane der einzelnen imperialistischen Länder stützen. Versuche, internationale Machtstrukturen aufzubauen, scheitern letztlich an der nationalstaatlichen Machtbasis der internationalen Monopole und den widerstreitenden Interessen der Monopolgruppen.

    Mit den modernen Massenmedien und der bürgerlichen Massenkultur manipuliert das internationale Finanzkapital die öffentliche Meinung. Es benutzt den bürgerlichen Parlamentarismus, um seine Alleinherrschaft zu verschleiern. Mit den bürgerlichen Parteien als seinen sozialen Hauptstützen und mit ihrem Betrugsapparat versucht es, die Massen an das kapitalistische System zu binden. Die bürgerliche Demokratie bedeutet für die Massen in erster Linie Betrug, aber auch Unterdrückung und Terror, wie sich an der zunehmenden Faschisierung der Staatsapparate zeigt.