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„Kitastrophe“ – was sind unsere Kinder wert?
„Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen.“ Dieses Sprichwort stammt aus Afrika und gilt überall: Kindererziehung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die kollektiv wahrgenommen werden muss. Dagegen schieben die heutigen kapitalistischen Gesellschaften die Verantwortung den Familien und darin weiterhin vor allem den Frauen zu, die damit alleine bei bestem Willen überfordert sind. Zumal die gesellschaftlichen Herausforderungen diesbezüglich erheblich komplizierter werden. Die AfD spricht sich offen gegen die gesellschaftliche Wahrnehmung der Verantwortung für Kinder aus. Das Beste für die Kinder sei, wenn sie zuhause bei der Mutter bleiben würden. Also bräuchte man so gut wie keine Kitaplätze für die Kleinen. Sie lehnt auch Kinderrechte in der Verfassung strikt ab. Auch die anderen bürgerlichen Parteien stellen keine Lösung in Aussicht.
Gabi Fechtner, MLPD-Vorsitzende: „Wir haben tolle Gesetze, dass jedem Kind ab dem ersten Geburtstag ein Kita-Platz zur Verfügung stehen muss. Dennoch fehlen 430.000 Kita-Plätze. Die bürgerliche Staats- und Familienordnung lädt weiter auf den Frauen ab, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu managen. Das wird im Kapitalismus ständig erschwert. Im Sozialismus werden gesellschaftliche Aufgaben auch gesellschaftlich gelöst, statt sie auf die Familien und vor allem Frauen abzuwälzen.“ (Rote Fahne, 24/2024)
Warum bekommen Erzieherinnen und Erzieher einen Tausender im Monat weniger als Grundschullehrerinnen und -lehrer? Warum ist die Ausbildung zur Erzieherin immer noch die ersten Ausbildungsjahre meistens unbezahlt? Weil ihre Arbeit zu Unrecht einen niedrigen Stellenwert in der heutigen Gesellschaft hat. Den Kapitalismus interessiert an KiTas vor allem, dass die Eltern arbeiten gehen können. Gegen den Fachkräftemangel muss die Bezahlung verbessert und die Anerkennung von Berufsabschlüssen aus anderen Ländern vereinfacht werden. Für die Einbeziehung von Lehramtsstudierenden in Betreuung und Unterricht.
Völlig zu Recht hat sich eine Bewegung von Eltern, Erzieherinnen und auch Kindern gegen diese „Kitastrophe“ entwickelt, die von der MLPD aus ganzem Herzen unterstützt wird. Wir fordern:
- Kostenloses, einheitliches und qualifiziertes Bildungssystem von der Krippe bis zur Hochschule!
- Bessere Bezahlung, verstärkte Ausbildung und kürzere Arbeitszeiten von Fachkräften für die Kindererziehung!
- Bessere Betreuungsschlüssel statt Schließung von KiTas, wenn die Kinderzahl zurück geht!
- Vollständige Umstellung auf die „Praxisintegrierte Ausbildung“ von Erzieherinnen und Erziehern bei Bezahlung ab dem ersten Lehrjahr!
Die MLPD kritisiert die Erziehung der Kinder nach der Laissez-faire-Pädagogik. Sie folgt dem antiautoritären Dogma, die Kinder zu ihrer Selbstentfaltung „machen zu lassen“. Im Buch „Die Krise der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaften, der Religion und Kultur“ kritisiert Stefan Engel, welche Blüten das heute im Erziehungsalltag treibt: „Schon Kleinkinder sollten mit ihren Eltern »in ihrer Meinung gleichberechtigt«1 sein. Kinder unter sechs Jahren bräuchten keine Erziehung, sondern nur »empathische Begleitung«.2 Im Kindergarten soll das kindliche »Streben nach Autonomie« die »Basis der gesamten pädagogischen Arbeit« bilden.3
Das deutschlandweite Kindertagesstätten-Informationsportal KiTa.de stellt nach Jahren praktizierter Laissez-faire-Pädagogik alarmiert nachhaltige psychische und physische Entwicklungsstörungen fest.
Vor dem Hintergrund der massiven Kürzungen in allen sozialen Bereichen hat diese Art der Erziehung mit zu einer Krise der bürgerlichen Sozialpädagogik beigetragen. Das Gegenteil von Laissez-faire ist nicht etwa Drill und blinde Disziplin. Vielmehr ist Grundlage für Selbständigkeit die Fähigkeit zur Bewältigung des Lebensalltags und Auseinandersetzung, Übernahme von Verantwortung für sich und die Gesellschaft eine Erziehung, die soziale und ökologische Orientierung, Prägung und Prinzipien vermittelt.
Im echten Sozialismus verändert sich die Rolle der Familie. Diesen Prozess beschreibt das Buch „Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau“:
„Erst in einer sozialistischen Gesellschaftsordnung können die Ausbeutung der Lohnarbeit und der damit verbundene Zwang zur privaten Lebensführung in Einzelfamilien überwunden werden. Eine höhere Form der Familie und des Verhältnisses der Geschlechter erwächst aus der neuen ökonomischen Grundlage der sozialistischen Gesellschaft. Nach Marx und Engels ist diese durch folgende Hauptmerkmale charakterisiert:
erstens eine gesellschaftliche Produktion, die vollständig auf die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen aus gerichtet ist;
zweitens die gleichberechtigte Beteiligung aller Familienmitglieder – je nach ihren Möglichkeiten – an der gesellschaftlichen Produktion;
drittens wird das Verhältnis ökonomischer Abhängigkeit zwischen den Familienmitgliedern beseitigt;
viertens hört die Familie auf, die grundlegende Wirtschaftseinheit zu sein, auf der jedes persönliche Leben beruht, und
fünftens werden Hausarbeit und Kindererziehung öffentliche Aufgaben der Gesellschaft.“ (S. 215/216)