Broschüre
Kapitalismus ist Krise - Wir sind der Fortschritt!
Herausforderungen in Zeiten von Digitalisierung, E-Mobilität und Wirtschaftskrise
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Eine gewagte These, denkt sich vielleicht mancher? Nun, dass der Kapitalismus nur noch krisenhaft existiert, bestreitet doch kaum noch jemand. In allen Lebensbereichen spitzen sich Krisen zu: wirtschaftlich, politisch, ideologisch – und im beschleunigten Übergang in eine globale Umweltkatastrophe. Eine neue Weltwirtschafts- und Finanzkrise hat begonnen, und Deutschland ist schon mittendrin. Viele Arbeiter, Angestellte und ihre Familien erleben eine wahre Ausbeutungsoffensive: erste Entlassungen bei Autoherstellern, Betriebsschließungen bei Autozulieferern. Angst vor dem Abbau Zigtausender Arbeitsplätze in den nächsten fünf Jahren – vor Lohnabbau und Steigerung der Ausbeutung. 53 Prozent der Kolleginnen und Kollegen in der Metallindustrie beklagen Zeitdruck und Arbeitsverdichtung.(1)
Aber gibt es eine Alternative? Und wer kann die erkämpfen, und wie?
Mit dem Titel dieser Broschüre wollen wir bewusst polarisieren – gegen den Mainstream der herrschenden Meinung. Der besagt doch: Erstens gäbe es gar keine Arbeiterklasse mehr. Zweitens entstehe der technische Fortschritt aus der kapitalistischen Konkurrenz und gehe deshalb ganz natürlich einher mit Arbeitsplatzvernichtung. Und drittens sei diese Entwicklung einfach alternativlos – die sozialistische Alternative wird mit dem zum Dogma erhobenen Antikommunismus zum Tabu erklärt.
Tatsächlich ist die internationale Arbeiterklasse, und insbesondere das internationale Industrieproletariat1, Trägerin der fortgeschrittensten Produktionsweise. Wer produziert denn in dieser internationalisierten und hocheffektiven Produktion? Wer hält die digitalen Fabriken am Laufen? Wer baut die Smartphones, Industrieroboter, stellt emissionsfreie Antriebe her? Es sind doch wohl die Arbeiter, die in der Entwicklung dieser Errungenschaften zugleich immer enger mit angestellten Ingenieuren zusammenarbeiten.
Dass es diesen technischen Fortschritt gibt, ist eigentlich gut. Doch im Kapitalismus wird dieser Fortschritt immer mehr und immer wieder in eine Destruktivkraft verwandelt – gegen die Arbeiterklasse und die Umwelt. Er dient allein der Steigerung der Maximalprofite der internationalen Monopole. Digitalisierung und E-Mobilität gehen deshalb einher mit einer massenhaften Vernichtung von Arbeitsplätzen. E-Mobilität führt mit Kohlestrom und zerstörerischen Abbaumethoden, zum Beispiel von Lithium für Batterien, zu neuen Umweltproblemen. Was der Kapitalverwertung unterliegt, wird zum Desaster. Und was gesellschaftlich nötig ist, wird nur dann angepackt, wenn es Maximalprofit verspricht.
Auf dem Niveau seines heutigen imperialistischen Stadiums2 geht der längst überholte Kapitalismus immer mehr in Fäulnis über. Mitsamt seinen Staaten, die Dienstleister der internationalen Monopole sind, und die deren Macht notfalls mit Gewalt aufrechterhalten. So wird der Kapitalismus immer mehr zu dem Hindernis für den Fortschritt der menschlichen Gesellschaft.
Wenn der Kapitalismus die Zukunft der Menschheit infrage stellt, muss die Menschheit dem Kapitalismus ein Ende setzen!
Digitalisierung durchdringt heute Produktion, Handel, Kommunikation und Gesellschaft. Schnellere Prozessoren, erhöhte Speicherkapazitäten, sprunghaft beschleunigte weltweite Datenvernetzung. Vernetzte Maschinen reagieren in Echtzeit auf erfasste Produktionszustände und Qualitätsmerkmale. Beim autonomen Fahren analysieren Rechner in Millisekunden komplexe Situationen einer (innerstädtischen) Verkehrswelt und führen Handlungsmöglichkeiten aus.
Das ist eine bedeutende materielle Vorbereitung des Sozialismus. Mit der gesteigerten Produktivität könnten Armut und Mangel überwunden und zugleich immer mehr Zeit gewonnen werden für gesellschaftliche Tätigkeiten. Dazu müsste allerdings die Arbeiterklasse die Macht haben – und nicht eine Handvoll Übermonopole.
Digitalisierung – in wessen Interesse?
Die Ideologen der sogenannten Industrie 4.0 handeln im Klasseninteresse der herrschenden Kapitalisten. Ihr Konzept ist ein Investitions- und Propagandaprogramm deutscher Monopole. Die Gründung der Plattform Industrie 4.0 verkündete der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zur Hannover Messe 2015, zusammen mit Unternehmerverbänden und Konzernchefs. Und man hatte sich von Anfang an der Klassenzusammenarbeit der IG-Metall-Führung versichert. Angeblich profitieren ja alle davon. So schreibt Dr. Constanze Kurz, Leiterin des Ressorts „Zukunft der Arbeit“ des IG-Metall-Vorstandes, 2012: „In dieser Perspektive stellen gute Arbeit, technologische Innovation und Mitbestimmung beim Projekt 4.0 keinen Widerspruch dar ... Aktive Zusammenarbeit von Betriebsräten, Gewerkschaften und Arbeitgebern sichert auch zukünftig die Pole-Position für Produkte ‚Made in Germany‘“.(2)
Wo geht es hier nun um die Arbeiter? Nein, hier geht es nicht um Arbeiterinteressen, sondern um Machtansprüche, um die „Pole-Position“ der deutschen Konzerne. Als ob deren Interessen mit denen der Arbeiter identisch wären. Ihre Weltmarktführerschaft bauen sie gerade dadurch aus, dass sie Mensch und Natur verstärkt ausbeuten.
Mit Industrie 4.0 kämpfen Unternehmerverbände und Bundesregierung um einen Markt, der bis 2035 auf über 420 Milliarden Euro(3) geschätzt wird. Unter dem Titel „Weltspitze, was sonst?“ erklärt die Zeitung „Die Welt“ das Motiv für Industrie 4.0: „Damit will sich die deutsche Industrie globale Marktführerschaft sichern ...“ Und sie zitiert Hartmut Rauen, den stellvertretenden Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes VDMA: Die deutsche Industrie wolle „die Weltsprache der Produktion definieren“, und „Deutschland hat den Anspruch, Leitanbieter zu sein, wir sehen uns klar in einer Führungsposition“.(4) Maximalprofit erfordert eine marktbeherrschende Stellung. Und Marktführerschaft und Führungsposition bedeuten Maximalprofit. So entsteht im Kapitalismus aus der Digitalisierung eine neue Strukturkrise: Ganze Industriezweige werden zerschlagen, massenhaft Arbeitsplätze und Arbeitskraft entwertet und vernichtet. Nicht nur in der Produktion, auch im Einzelhandel, bei Banken, in Verwaltung und Logistik. Eine McKinsey-
Studie vom Herbst 2017 sieht weltweit 800 Millionen Arbeitsplätze bedroht.(5)
Bernd Osterloh, Betriebsratsvorsitzender bei VW, stellt zur Arbeitsplatzvernichtung im Konzern trocken fest: „Wir werden nicht 60 000 VW-Mitarbeiter in Wolfsburg zu Informatikern machen“(6) – eine Frechheit gegenüber den Kollegen! Als sei ihre Unterqualifizierung schuld an den Entlassungen. Dabei sind es doch oft gerade die Erfahrung und der Einsatz der Arbeiter, die die neuen Anlagen überhaupt erst zum Laufen bringen.
Kapitalistische Ökonomie hemmt die Digitalisierung
Wo sich Digitalisierung nicht für die Maximalprofite rechnet oder der kapitalistische Konkurrenzkampf ihrer Einführung Grenzen setzt, bleibt der Fortschritt aus: weil die dafür notwendigen riesigen Investitionsbudgets selbst von Konzernen nicht aufzubringen sind. Weil komplexe Computersteuerungen eine planmäßige, gesellschaftliche Entwicklung der Software erfordern – anstelle des kapitalistischen Konkurrenzkampfs.
Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate3
Schon Karl Marx deckte dieses Krisengesetz des Kapitalismus auf. Es zeigt, wie „die zunehmende Ersetzung lebendiger Arbeit durch Maschinen ... zu einem schlechteren Verhältnis von eingesetztem Kapital und erzieltem Profit“ (7) führt. Der notwendige Einsatz an konstantem Kapital, vor allem an technischen Anlagen, wächst mit der Digitalisierung enorm. Dieses gibt seinen Wert aber nur an das Endprodukt weiter, schafft keinen Neuwert. Das kann nur der Arbeiter, dessen Arbeitskraft mehr Wert schafft, als sie den Kapitalisten kostet. Selbst wenn die Ausbeutung jedes einzelnen Arbeiters erheblich gesteigert wird, kann das nicht die Investitionssteigerungen ausgleichen, die aber für den Konkurrenzkampf unverzichtbar sind. Die Profitrate, also das Verhältnis von Profit/Gewinn zum insgesamt eingesetzten Kapital, sinkt tendenziell. Der Automatisierungsgrad hat im Kapitalismus vor allem darin seine Grenzen, dass nur durch die lebendige Arbeitskraft der Arbeiter Mehrwert geschaffen werden kann.
Etliche mit Industrie 4.0 geplante Projekte wurden schon wieder auf Eis gelegt. VW-Kollegen berichten: „Der T7-Rohbau VW Hannover wird 2022 ... 90 Prozent Automatisierungsgrad haben ... Auf der anderen Seite werden Projekte zur Automatisierung der Fahrzeug-Endmontage … nur zaghaft angefasst, in Einzelfällen zurückgefahren. So wurden ... aufgrund verringerter Taktzeit Roboter wieder rausgenommen, um das Band nicht ‚aufzuhalten‘. Stattdessen gibt es schwerste Handarbeit.“
Der Bau des mit einer Milliarde Euro geplanten neuen Vorzeigewerks für die Smart Factory (digitalisierte Fabrik) von Daimler im ungarischen Kecskemét wurde angesichts rückläufiger Absatzzahlen gestoppt. Insgesamt sind die Investitionen der deutschen Automobilindustrie 2018 gegenüber 2017 sogar zurückgegangen, von 26,7 auf 22,4 Milliarden Euro.(12) Das schlägt auf den Maschinenbau zurück und reißt diesen mit in die Krise.
„Diese Maschinen erreichen niemals die Grenzen des menschlichen Gehirns“
Mit der Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) werde der Arbeiter angeblich überflüssig, behauptet die bürgerliche Ideologie. Diese These ist nicht neu. Willi Dickhut4 kritisierte sie schon 1988 in der Reihe Revolutionärer Weg, dem theoretischen Organ der MLPD: „Ein neuzeitliches Produkt des Denkens ist die ‚künstliche Intelligenz‘ in Form von Robotern und Computern. Diese Maschinen sind Produkt und Anwendung des menschlichen Denkens. Sie können ... wohl logische Funktionen und Berechnungen ausführen, erreichen aber niemals die Grenzen des menschlichen Gehirns, soweit es die Erschließung neuer Seiten und Zusammenhänge, das dialektische Denken betrifft.“(13) Auch Vertreter des Kapitals sind sich dessen bewusst. Die Bedeutung des internationalen Industrieproletariats als Lenker und Überwacher der digitalisierten Produktion nimmt folgerichtig zu.
Gesellschaftlicher Fortschritt muss revolutionär erkämpft werden
Die Arbeiterklasse wächst weltweit. Auch Handwerk, sogenannte Dienstleistung, Verwaltung und soziale Berufe werden industrialisiert. Das internationale Industrieproletariat, das rund 600 Millionen Menschen zählt, produziert in den weltweiten Produktionsverbünden gemeinsam und auf modernstem Niveau. Aneignung, Verteilung und Verfügung über die Werte hingegen sind stehen geblieben auf dem Niveau des kapitalistischen Privatbesitzes an Produktionsmitteln, der persönlichen Bereicherung und mörderischer Konkurrenz.
Der Kapitalismus muss revolutionär überwunden – und der Sozialismus aufgebaut werden, um dem Fortschritt für Mensch und Natur zum Durchbruch zu verhelfen.
Die IG-Metall-Führung dagegen verspricht, dass der technische Fortschritt im Kapitalismus durch Transformation „... auch sozialer Fortschritt werden“ könne.(14) Das aber gehört genauso ins Reich der Legende wie die biblische „Transformation“ von Wasser in Wein. Damit haben die Arbeiter in den letzten Jahrzehnten genügend Erfahrungen gemacht.
Wir brauchen Massenkämpfe und Massenstreiks für unsere ökonomischen, politischen und ökologischen Anliegen, wie es 2018 und 2019 Millionen Kolleginnen und Kollegen gemacht haben. Natürlich, mancher Reformist zuckt da zusammen. Schließlich behandelt er in der behaglichen deutschen Betriebsfrieden-Romanze den Streik höchstens als „letztes Mittel“. Das am besten vermieden wird. Wollen wir Arbeiter in die Offensive kommen, müssen wir uns von dieser Romanze verabschieden.
Um unser Klassenbewusstsein zu zersetzen, wird erzählt, wir müssten „gemeinsam durch die Krise“. Als wenn das Opfer des Verbrechens unter Aufsicht des Täters dessen Sozialstunden abarbeiten würde. Ins gleiche sozialchauvinistische5 Horn stoßen die Bundes- und die Landesregierungen, die alle nach rechts gerückt sind, und die bürgerlichen Parteien bis hin zu faschistoiden6 Kräften: Sie fordern Burgfrieden im Land – gegen die „ausländische Gefahr“. Doch damit lenken sie ab vom eigentlichen „Konflikt“, dem Kampf nämlich zwischen der ausgebeuteten und der ausbeutenden Klasse in jedem Land. Auch einzelne Gewerkschaftsfunktionäre beteiligen sich an antikommunistischen Hass-Angriffen auf die MLPD oder deren vermeintliche Mitglieder. Dieses Liquidatorentum7 geht aus von den Monopolen, in Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst „Verfassungsschutz“, und es zielt auf die Schwächung und Spaltung jeder klassenkämpferischen und revolutionären Bewegung.
Die weltweite Vernichtungsschlacht der Imperialisten hat die Menschheit so nah an einen Dritten Weltkrieg gebracht wie selten zuvor. Umso mehr brauchen wir ein neues Selbstbewusstsein als Arbeiterklasse – über Konzerngrenzen und Nationalitäten hinweg.
Strukturkrisen im Kapitalismus
Eine Strukturkrise ist eine tiefgehende, krisenhafte Umgestaltung einer Volkswirtschaft. Ursache kann sein: eine Veränderung in der Rohstoff- oder Energieversorgung, in der Technik oder Organisation der Produktion. Sie kann zum Schrittmacher einer Überproduktionskrise und mit ihr identisch werden. Es werden weit mehr Arbeitsplätze vernichtet als neue geschaffen. Zudem lassen sich die Konzerne Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen aus Steuergeldern bezahlen. Auch, um damit eine Überproduktionskrise hinauszuzögern. Der Umsatz pro Beschäftigtem in den deutschen Automobilkonzernen stieg von 1997 bis 2017 von 220 000 auf 570 000 Euro, also um 160 Prozent. Die Produktion von Fahrzeugen – und vor allem die Ausbeutung der Arbeiterinnen und Arbeiter und der Natur – wurden erheblich gesteigert. Die Märkte wachsen jedoch nicht so schnell, und sie sind von Konkurrenten umkämpft. Die in Deutschland ansässigen Automonopole gerieten bei der Digitalisierung und Umstellung auf E-Mobilität ins Hintertreffen. Die Strukturkrisen durch die Digitalisierung, die Einführung von E-Mobilität und die Neuorganisation der internationalen Produktion werden so zu Schrittmachern der aktuellen Überproduktionskrise.
Die Frage der Arbeitszeit
2018 arbeiteten über 50 Prozent der Beschäftigten in Deutschland auch am Wochenende(8), und in Baden-Württemberg wurden 145,5 Millionen Überstunden geleistet. Das entspricht 88 000 Vollzeitstellen.(9) In der deutschen Automobilindustrie gibt es derzeit rund 834 000 Stammarbeitsplätze mit einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden. Bezogen darauf würde die Einführung der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich rechnerisch rund 140 000 Arbeitsplätze schaffen. Sie muss auf Kosten der Monopolprofite erkämpft werden.
Jack Ma, Chef des chinesischen Online-Monopols Alibaba, vergleichbar mit Amazon, lässt das Modell „996“ praktizieren: Arbeitszeit von 9 bis 21 Uhr an
6 Tagen – eine 72-Stunden-Woche! In China entwickelt sich der Widerstand unter dem Motto: „Kein Schlaf, kein Sex, kein Leben“.(10) Laut Arbeitgeberverband BDA fordert dessen Präsident, Ingo Kramer, ebenfalls Änderungen des Arbeitszeitrechts, nämlich, es „von einer Tageshöchstarbeit auf eine Wochenarbeitszeit umzustellen“.(11) Im Kampf um die Arbeitszeit stellt sich die Frage, wem der Produktivitätsfortschritt eigentlich nutzt. Im Sozialismus würden die Arbeiter als Klasse darüber entscheiden, in welchem Maß er der Gesellschaft in Form von mehr Zeit zugutekommt.
Opel/Peugeot-Konzernchef Carlos Tavares belehrt uns im Februar 2019, „Bürger“ könnten „nicht am Sonntag für Umweltschutz stimmen ... und sich am Montag dann wundern, dass sich das auf ihren Alltag oder Arbeitsplatz auswirkt“.(15) Doch, Herr Tavares, man kann für Arbeitsplätze und Umweltschutz sein – jedenfalls jenseits Ihrer Profitlogik. Und das von Montag bis Sonntag!
Der größte Industrieskandal der Nachkriegsgeschichte entbrannte am kriminellen Dieselbetrug: zum Schaden der Umwelt und der Gesundheit, der Arbeiter und der Kunden. Bis heute wurde kaum ein Umweltverbrecher aus den Konzernen mit seinem Vermögen bestraft. Angemessener Schadenersatz oder effektive Nachrüstung? Fehlanzeige.
Massiv ließ die VW-Geschäftsführung verbreiten, die Diesel-Kritiker seien schuld an der Arbeitsplatzvernichtung. Nach ihrem tiefen Vertrauensverlust sind Regierung und Konzerne nun scheinbar umgeschwenkt. VW erklärt auf seiner Webseite, sie wollten Vorbild sein in Sachen Umwelt. Auch Angela Merkel und selbst der CSU-Vorsitzende Markus Söder gerieren sich als Naturliebhaber. Uns wollen sie spalten: Wir müssten uns entscheiden – für Umwelt oder Arbeitsplätze. Sie wiederum opfern dann Umweltschutz und Arbeitsplätze auf dem Altar der Profite.
Gegen Mobbing und Unterdrückung von Kritikern!
In vielen Werken stehen Arbeiter, vornedran auch Mitglieder der MLPD, mutig und direkt den Konzernbossen gegenüber. Immer öfter gewinnen sie damit die Meinungsführerschaft, neue Positionen, Sympathien und viel Kampferfahrung. Gerade deshalb werden sie mit zermürbendem antikommunistischem Mobbing, Abmahnungen und Kündigungen überzogen. Doch die Solidarität ist stärker: Siegmar Herrlinger prangerte als Porsche-Beschäftigter die Verbrechen der Porsche-Spitze an. Er gewann alle Prozesse gegen seine politisch motivierten Kündigungen. Und dann wurden beim vorgeblichen Saubermann Porsche in einer Großrazzia alle Büros und Privaträume der führenden Manager durchsucht. Der Betriebsrats- und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Uwe Hück machte schon mal vorzeitig den Abgang.
„VW-Komitees“ wirken in den Betrieben und Gewerkschaften; bei Aktionen vor der Hauptversammlung forderten sie „Knast statt Boni“ für das Management. Im Ruhrpott deckten Bergarbeiter Giftmüll unter Tage auf und die Gefahren durch die Flutung der Zechen. All diese Kollegen sind Vorreiter im Umweltkampf – das muss Massencharakter bekommen! Null Toleranz für Mobbing gegen kämpferische Kollegen!
Diesel oder Benziner – keine Alternative
Die Entwicklung des Verbrennungsmotors gehört zur internationalen Erfolgsgeschichte deutscher Technik. Zu Recht sind die Autobauer darauf stolz. Seit der Erfindung des Otto-Motors und des ersten Diesel-Pkw 1937 wurden Leistung, Verbrauch wie auch Partikel- und Abgasreinigung stetig verbessert. Aber dennoch: Das Ende des Verbrennungsmotors und die Einführung von emissionsfreien Verkehrssystemen sind dringend angesagt. Nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) tötet Luftverschmutzung sieben Millionen Menschen pro Jahr, 600 000 davon sind Kinder unter 15 Jahren. (16) Dieselmotoren stoßen Stickoxide (NOx) aus, die mit Feinstäuben Hauptfaktoren der Luftverschmutzung sind. Sie fördern Lungen-, Herz-Kreislauf- sowie Diabetes-Erkrankungen und sind laut WHO „für Menschen krebserregend“. Das Umweltbundesamt ermittelte für 2017, dass in Deutschland 6000 Menschen wegen überschrittener Grenzwerte vorzeitig verstarben. (17) Gegen diese wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden und werden – nicht selten von der Autoindustrie finanziert – breite Kampagnen inszeniert.
SCR-Katalysatoren8, geeignet für eine effektive Umrüstung der Dieselmotoren, sind erfolgreich entwickelt. Doch nach wie vor verweigern die Konzerne die Haftung. Allein 2016 machte die deutsche Autoindustrie 36 Milliarden Euro an Gewinnen. Die kostenlose Fahrzeug-Nachrüstung für 470 000 Käufer von VW, Audi,
Seat und Škoda wäre ein Klacks.(18)
In vielen Städten wurden inzwischen Dieselfahrverbote eingeklagt. Solche Fahrverbote sind als Notmaßnahme nicht generell abzulehnen. Aber: Das müsste einhergehen mit dem Ausbau eines kostenlosen Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und mit Entschädigungszahlungen für die betroffenen Fahrzeughalter. Stattdessen werden alle Folgen des Diesel-Skandals rücksichtslos abgeschoben – auf die Arbeiter, die Käufer, die Anwohner. Fahrverbote lösen das Problem deshalb nicht.
Nicht richtig ist allerdings, seine Wut über Fahrverbote gegen die Deutsche Umwelthilfe9 oder die Umweltbewegung zu richten. Regierung und Autokonzerne nutzen dies als inszeniertes Ablenkungsmanöver von ihren eigenen Verbrechen. Die Autoindustrie müsse Teil der Lösung der Klimaprobleme sein, meint Luisa Neubauer von Fridays for Future. Problem sei aber, dass viele Manager „dies nicht begriffen“(19) hätten. Das müsste wahrlich eine gewaltige Begriffsstutzigkeit sein! Nein – für den Profit gehen diese Manager in vollem Wissen und mutwillig über Leichen. Protest muss sich deshalb gegen die Verursacher der Probleme richten, nicht gegen die, die sie aufdecken.
Mit der Entscheidung für einen Benziner wird zwar der NOx-Ausstoß vermieden, doch die CO2-Werte sind dafür meist deutlich höher.
Falsche Freunde
Schärfste Verteidigerin der Autokonzerne und deren kriminellem Diesel-Betrug ist die AfD. Mit ihrer Kampagne „Pro Diesel“ hat sie neben Flüchtlingen, Gewerkschaften und Kommunisten die Umweltbewegung als Feindbild entdeckt. Im Film „Dieselmord im Ökowahn“ leugnet sie, in einer Reihe mit US-Präsident Donald Trump, die Klimakatastrophe und macht Absatzwerbung für den „sauberen Diesel“. Das freilich allen wissenschaftlichen Beweisen zum Trotz.(20) Sie stößt damit ins gleiche Horn wie Oliver Hilburger, der Vertreter der faschistoiden Betriebsratsgruppe „Zentrum Automobil“ bei Daimler Untertürkheim. Unter dem Beifall des Managements posaunte dieser ehemalige Nazi-Rock-Musiker heraus, die „Automobilindustrie (werde) von der Umweltbewegung kaputt gemacht“. Dass die AfD nirgends zu sehen war, als VW infolge des Abgasbetrugs 3000 Leiharbeiter entließ, ist kein Zufall. Deren vorgetäuschte Sorge um die Arbeitsplätze dient nur ihrer verlogenen Propaganda, gegen „die da oben“ zu sein.
Wer glaubt, mit der AfD den Regierungsparteien eins auszuwischen, stärkt damit nur den rechten, aggressivsten Teil der Herrschenden. Die wollen die organisierte Arbeiterbewegung zerschlagen und Terror verbreiten. Wer die AfD unterstützt, unterstützt eine Wegbereiterin des Faschismus, und fördert auch ihren offen faschistischen „Flügel“. Die AfD steht für die Spaltung der Arbeiterklasse durch rassistische Vorbehalte, während sie sich mit sozialer Demagogie als ihr Anwalt ausgibt.
Auch wenn sich faschistoide Kräfte als Protest inszenieren: Sie sind die aggressivsten Verteidiger der Herrschaft des Kapitals. Wirklichen Protest kann es nur von links geben!
Arbeitersolidarität in und mit den Betriebsgruppen der MLPD
In den Autokonzernen nimmt der Kampf um den Erhalt der Ausbildungsplätze einen Aufschwung. Die Betriebsgruppen der MLPD sind mit ihrem Know-how ein zunehmend wichtiger Ansprechpartner. Gegen die reformistische Politik der Arbeitsplatzvernichtung über Abfindungen und Vorruhestand vertreten sie konsequent den Klassenstandpunkt: Kampf um jeden Arbeitsplatz! Bei Opel in Rüsselsheim wurde mit 5000 Unterschriften die Übernahme der Azubis durchgesetzt. Kollegen von Daimler, Audi, PSA/Opel, VW und Ford wehrten sich gegen die Spaltung, die mit der Entlassung von Leiharbeitern und Auslernern erreicht werden sollte. Mit der Forderung nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und für den Kampf um Arbeitsplätze und Umweltschutz stärkt die MLPD die kämpferische Richtung, und sie tritt ein für Gewerkschaften als Kampforganisationen. Sie fördert den selbständigen Kampf – auch konzernweit.
Die Fackel des länderübergreifenden Kampfs weitertragen, verbunden mit selbständigem Streik, Werksblockade und Werksbesetzung – wie bei Opel 2004, das bedeutet: Sich aktiv auf die Seite des gemeinsamen Kampfes und der internationalen Arbeitersolidarität zu stellen – statt auf die Seite des „eigenen“ Konzerns. Für diesen Weg stehen die Streiks 2019 bei Audi in Ungarn und PSA in Frankreich; 2018 bei Vauxhall in Großbritannien und PSA/Opel in Spanien; 2017 bei Kia und VW in der Slowakei,
Fiat Chrysler in Serbien und Ford in Rumänien – und bei GM die Kämpfe für Tarifforderungen und gegen Werksschließungen.
„One solution – Revolution!“10 Die Menschheit darf die Welt nicht den Herrschenden und ihrem Gesellschaftssystem überlassen. Erst in einer sozialistischen Gesellschaft – ohne Ausbeutung des Menschen durch den Menschen – bilden Mensch und Natur wieder eine fruchtbringende Einheit.
Für E-Mobilität und Brennstoffzelle mit Wasserstoff – unter wirkungsvollen Umweltbedingungen!
Technisch sind Alternativen zum Verbrennungsmotor schon lange möglich. E-Autos gibt es seit Beginn des motorisierten Individualverkehrs. Doch die Aussicht auf Maximalprofite durch Verbrennungsmotoren und die enge Partnerschaft der Auto- mit den Ölmonopolen verhindern ihre Einführung seit Jahrzehnten. Der Anteil der Elektro- und Hybridfahrzeuge11 betrug im ersten Halbjahr 2019 erst 2,6 Prozent der Neuzulassungen.
Elektromotoren benötigen nur 200 Bauteile, Verbrennungsmotoren 1400. Das ist ein riesiger Produktivitätssprung. Den wollen die Konzerne voll für ihre Profite nutzen. Was in Deutschland laut IG Metall weit mehr als 150 000 Arbeitsplätze kosten soll.(21) Im Kapitalismus bedeutet die Einführung der E-Mobilität eine internationale Strukturkrise.
E-Mobilität mit Lithium-Ionen-Batterien im Massenumfang ist allerdings auch keine Lösung. Die in Kongo konzentrierten Kobaltlagerstätten werden oft mittels krimineller Kinderarbeit geplündert. Das Lithium wird großräumig im Raubbau, der die Umwelt schädigt, in Chile, Bolivien und Argentinien gewonnen. Mit einem Joint Venture in Bolivien wähnte sich die ACI Systems (Deutschland) im Besitz der Rechte auf 40 000 Tonnen Lithiumhydroxid am Salzsee Salar de Uyuni – jährlich, und für 70 Jahre. Aufgrund anhaltender Hungerstreiks, Märsche und Blockaden einiger Hauptverkehrsstraßen durch die Bevölkerung, musste die Regierung das Projekt stoppen. Nur drei Prozent der Gewinne sollten an die Provinz Potosí gehen. Wasser- und Luftverschmutzung durch chemische Aufbereitung, Fehlbildungen bei Tieren und der massive Wasserverbrauch in der extrem wasserarmen Hochregion würden die Lebensgrundlage der Bevölkerung vernichten, die zu 46 Prozent in der Landwirtschaft und Viehzucht tätig ist.(22)
Eine technische Alternative ist der Einsatz von Brennstoffzellen: Aus Wasserstoff und Sauerstoff wird Wasser und elektrische Energie. Der Wirkungsgrad der Brennstoffzelle beträgt 65 Prozent (Diesel max. 30 Prozent). Wasserstofftanks sind in circa drei Minuten aufgefüllt. Die Produktion von Wasserstoff erfordert zwar insgesamt mehr Energie, als für Elektroantriebe notwendig ist. Sie belastet die Stromnetze aber weniger und kann gut durch erneuerbare Energieträger erfolgen. Die Stadtwerke Mainz betreiben erfolgreich eine Pilotanlage (Power-to-Gas): Elektromotoren werden durch eine Brennstoffzelle angetrieben, der Wasserstoff dafür wird mittels Windkraft erzeugt.(23) Auch Autos mit Brennstoffzellen gibt es längst. Sie werden aber nicht serienmäßig gefördert, weil E-Autos mit Batterien in Massenfertigung eine schnellere Realisierung von Maximalprofiten versprechen.
Die Brennstoffzellentechnologie ist überlegen, wenn „grüner Wasserstoff“ mit Solar- und Windstrom erzeugt wird. Vorsicht aber vor sogenanntem „blauen Wasserstoff“: mit Erdgas erzeugt, wird neben der klimaschädlichen Gasförderung auch noch Kohlendioxid abgeschieden, das risikoreich deponiert werden muss.(24) Es ist ein Hohn, dass Erdgasmonopole dies auch noch mit einer Umweltplakette schmücken.
Die Umweltprobleme mit der E-Mobilität dienen als Vorwand, um an der Verbrennungstechnik festzuhalten. In der gesamten Klimabilanz (einschließlich der Akkus beim Vergleich von Autos vergleichbarer Größe) sind die Emissionen von E-Autos12 in der gesamten Lebensdauer um 24 Prozent geringer als die von Benzinern und um 16 Prozent gegenüber dem Diesel (Ergebnis von 24 unterschiedlichen Untersuchungen).(25)
Die Arbeiterklasse muss entschieden eintreten für die Umstellung auf emissionsfreie Mobilität – auf Kosten der Profite. Entscheidend ist dabei der Ausbau eines umweltverträglichen öffentlichen Verkehrssystems. Individualverkehr ist absehbar eine Sackgasse. Aber es bringt den Konzernen mehr Profit, wenn jeder sein eigenes Auto kauft, die Familie vielleicht sogar zwei und mehr Autos. Der gesetzmäßige Drang des Kapitalismus, die Produktion ständig auszuweiten, hat längst zum Kollaps in täglichen Staukolonnen geführt. Nur mit einem kostenlosen, gut ausgebauten Nahverkehr können die wachsenden Pendlerströme bewältigt werden. Und das wäre verbunden mit dem Schutz der Umwelt und der Schaffung von Arbeitsplätzen.
Hauen und Stechen um die Weltmarktführung
2020 setzen nun auch deutsche Konzerne zunehmend auf E-Mobilität – eine Reaktion auf das gewachsene Umweltbewusstsein. Und zugleich Mittel im Kampf um Weltmarktanteile. Mit der Herausbildung von 14 neuimperialistischen Ländern13 hat sich die Vernichtungsschlacht um den Weltmarkt massiv verschärft. China, ein neuimperialistisches Land und größter Automarkt der Welt, verbietet Verbrennungsmotoren ab 2030. Asiatische Konzerne haben die Weltmarktführung in der Batteriezellenproduktion. Mit den Engpässen in der Rohstoffbeschaffung für Batterien wird der imperialistische Konkurrenzkampf um Länder wie Kongo gerechtfertigt. Das ist der menschenverachtende Gehalt der angeblichen „Entwicklungshilfe“. Die „Förderung der Zusammenarbeit internationaler Bergbaufirmen mit kongolesischen Kleinunternehmen“(26) mit Krediten seines Ministeriums preist CSU-„Entwicklungshilfe“-Minister Gerd Müller hingegen als humanitär. Dabei wird in diesen Betrieben unter unmenschlichen Bedingungen gearbeitet.
Massenhafte Vernichtung von Arbeitsplätzen – aber möglichst ohne Kämpfe! Sie wird daher verbunden mit Dämpfungsmaßnahmen, vorzugsweise mit hohen Abfindungen – das ist der Kerngehalt der oft gleichlautenden sogenannten „Zukunfts“Erpressungsverträge bei Daimler, Opel oder VW. Dies durchdringt sich mit einer neuen Runde einer weltweiten Vernichtungsschlacht. Autokonzerne, selber in Konkurrenz zueinander, bilden Kooperationen und schließen sich mit IT-Konzernen zusammen. Die Aufspaltungspläne verschiedener Konzerne durch Holding-Strukturen14, wie bei Daimler und Siemens, sind nur eine andere Seite der Medaille. Die Konzerne konzentrieren sich auf die Bereiche mit Weltmarktführerschaft und versuchen, die Belegschaften zu spalten.
Wie grün sind die Grünen?
Der erste grüne Ministerpräsident, Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg, steht an der Spitze der „Optimierung der Verbrennungsmotoren“ und des Diesel, um damit angeblich „sowohl etwas für die Rettung des Planeten wie die Prosperität und die Arbeitsplätze zu tun“.(27) Als ob beides vereinbar wäre. Anklagen gegen Autohersteller oder Initiativen zur Nachrüstung älterer Diesel auf Kosten der Hersteller? Null. Stattdessen gründete er mit Markus Söder (CSU) aus Bayern und Stephan Weil (SPD) aus Niedersachsen die „Autoschiene“ – und fordert neue Subventionen für die Konzerne. Eine wahrhaft große Koalition für Monopolinteressen!
Kampf der Rechtsentwicklung!
Die Regierungen aller imperialistischen Länder dienen nicht „dem Volk“ oder ihren Wählern. Sie dienen dem allein herrschenden internationalen Finanzkapital15. Konkret vor allem den Übermonopolen, die im jeweiligen Land ansässig sind. Die Regierung Trump symbolisiert eine weltweite Entwicklungsrichtung der Herrschenden – ob Erdoğan, Bolsonaro, Putin oder Xi Jinping: Demokratische Rechte werden eingeschränkt, faschistische Methoden eingeführt. Auch die moderat auftretende EU unter Merkel und Macron ist Teil dieser Rechtsentwicklung. Ob Freihandel oder Strafzölle, ob mit oder ohne grünes Label – immer geht es um die Interessen der Monopolkonzerne. Deren Konkurrenz führt weltweit zu wachsenden Fluchtwellen, (Stellvertreter-)Kriegen und Kriegsgefahr – vom Südchinesischen Meer bis zur Karibik. Deshalb meint die MLPD: Eine Einheitsfront aller Gegner von Faschismus und Krieg ist dringend notwendig. In Deutschland arbeitet sie mit im Internationalistischen Bündnis16. Weltweit rufen die Internationale Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen (ICOR) und der Internationale Kampfbund der Völker (ILPS) zu einer antiimperialistischen und
antifaschistischen Einheitsfront auf.
Es gibt eine realistische Alternative! Die Produktivkräfte sind heute so weit entwickelt, dass sie global menschenwürdige Lebensbedingungen ermöglichen. In einer sozialistischen Gesellschaft werden Ausbeutung und Unterdrückung der Werktätigen abgeschafft, Wirtschaftskrisen und Kriege überwunden. Die Wiederherstellung, Festigung und Höherentwicklung der Einheit von Mensch und Natur werden zur gesamtgesellschaftlichen Leitlinie.
Nach aller geschichtlichen Erfahrung werden die Kapitalisten jedoch versuchen, ihre Macht mit aller Gewalt zu verteidigen oder zurückzuerobern. Deshalb muss der Kapitalismus auf revolutionärem Weg überwunden werden. Im Sozialismus ergreift die Arbeiterklasse die Macht. Solange es nötig ist, hindert sie Ausbeuter, Unterdrücker und Umweltzerstörer daran, diese Arbeitermacht zu zerstören. Genau das ist das Schreckgespenst aller Ausbeuter: die Diktatur des Proletariats18. Sie ist zugleich die breiteste Demokratie für die große Mehrheit der Bevölkerung.
Gegen diese Erkenntnis entwerfen die Anbeter und Verfechter des Kapitalismus eine Vielfalt ideologischer Gedankengebäude über seine friedliche, soziale, ökologische Verwandlung ... bloß ohne Revolution. Immer öfter aber besteht das Schönreden der Veränderungsmöglichkeiten des Kapitalismus nur noch darin, dem zerstörerischen Treiben der Profitwirtschaft neue Namen zu verpassen: Die Enteignung der Arbeitslosen und Schaffung eines riesigen Niedriglohnsektors (Hartz-Gesetze) beispielsweise, beschlossen von der SPD und den Grünen, wird zur „Sozialleistung“; Müllverbrennungsanlagen werden zur „Regel-Abfall-Behandlung“; die menschheitsbedrohende Atomenergie verliert ihren Schrecken, wenn man sie „Brückentechnologie“ nennt. Innovativ ist dabei höchstens die Wortkosmetik.
Mit dem Mittel des modernen Antikommunismus17 versuchen die Herrschenden heute, wirklich jede sachliche Diskussion über die sozialistische Alternative verhindern. Vor allem unsere Gefühle suchen sie damit zu manipulieren, indem sie „Sozialismus“ stets und systematisch mit Angst, Terror und Gewalt verknüpfen und ihre bürgerlich-demagogischen Kampfbegriffe wie „Stalinismus“ oder „Maoismus“ in den Raum werfen. Ihre eigene, krisenhafte Entwicklung nennen sie „Transformation“ – es läuft doch alles ganz gesittet.
In der Konsequenz kann das mörderische System des Kapitalismus also weitermachen wie bisher. Kinder verhungern, weil mit Lebensmitteln spekuliert wird; Tausende Menschen ertrinken in den Weltmeeren, während Riesencontainerschiffe Billigstprodukte um den Erdball fahren. Die Diktatur einer Handvoll Monopolkapitalisten über die große Masse der Bevölkerung ist ein Widersinn. Eine Diktatur des Proletariats über diese verschwindend kleine, unterdrückende Minderheit ist mehr als angebracht.
Beim Aufbau des Sozialismus waren die Sowjetunion und China jahrzehntelang leuchtende Vorbilder, in der DDR wurden hoffnungsvolle Ansätze gemacht. Überall aber wurde der Sozialismus verraten und der Kapitalismus durch neue Bürokraten wieder eingeführt. Die MLPD ist die Letzte, die diese Probleme vertuschen will. Im Gegenteil – sie hat aus der gründlichen Aufarbeitung Lehren gezogen als revolutionäre Arbeiterpartei neuen Typs: Prinzipielle Ablehnung jeglicher Privilegien für Funktionäre, enge Verbindung der Funktionäre zur Basis, Rechenschaftspflicht jeder Leitung und mehr. Jeder kann das überprüfen anhand des Programms der MLPD und ihrer Praxis.
Mit der heutigen materiellen Vorbereitung des Sozialismus haben wir viel bessere Voraussetzungen, um den Sozialismus durch den revolutionären Kampf zur Realität werden zu lassen. Entscheidend wird sein, dass die Arbeiterklasse sich ihrer gesellschaftlichen Rolle bewusst wird, und sich von nichts aufhalten lässt, diese Rolle wahrzunehmen.
Mit unserem Zukunftsprogramm sind die wichtigsten Forderungen zusammengefasst. Sie sind keine Utopie, sondern realistisch. Aber in ihrer Gesamtheit nur im Sozialismus zu verwirklichen! Heute können und müssen einzelne Reformforderungen durchgekämpft werden. Diese Kämpfe müssen eine Schule des Klassenkampfs werden. Das heißt: Reformkämpfe nicht für die Illusion, dass der Kapitalismus sozial ausgestaltet werden könnte. Dieses so oft gescheiterte Märchen, ob von SPD, Grünen oder sonst wem verbreitet, verlängert nur die Lebensdauer dieses zerstörerischen Systems.
Produktionsende der Verbrennungsmotoren spätestens in zehn Jahren. Kampf um seine Ersetzung durch E-Mobilität und Brennstoffzelle mit erneuerbaren Energien! Wasserstofferzeugung aus Solar- und Windstrom!
- Einschränkung des Individualverkehrs. Einführung und Ausbau des kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs! Ersetzung aller fossil betriebenen Nahverkehrsmittel durch Elektro-, Wasserstoff-, Oberleitungs- und Schienenfahrzeuge!
- Kürzere Taktzeiten und mehr direkte Linienverbindungen, Werksbusse zu den Großbetrieben. Massive Einschränkung des Güterverkehrs auf der Straße und Verlegung auf die Schiene und auf Wasserwege! Bau sicherer Radwege!
- Schaffung von Arbeitsplätzen im Umweltschutz: Aufgabe der Braunkohleproduktion binnen drei Jahren und Schaffung gleichwertiger Ersatzarbeitsplätze für die Arbeiter und Angestellten, zum Beispiel in der Renaturierung der Tagebaue, für mindestens 25 Jahre! Schaffung weiterer Arbeitsplätze für die Entsorgung des Giftmülls unter Tage und hochwertige Wiederaufforstung der Wälder!
- Einführung von Kryo-Recycling in allen großen Gemeinden und Städten als grundlegendes Element der Wiederverwertung von Rohstoffen, zunächst durch das Recyceln von Plastik-, Gummi- und Elektroschrott!
- Strafrechtliche Verfolgung der Umweltverbrecher, Abschaffung der Kronzeugen/Bonusregelung, Umweltverbrechen dürfen nicht verjähren!
- Entschädigungszahlungen und Nachrüstung der Dieselfahrzeuge durch Einbau von SCR-Katalysatoren auf Kosten der Autokonzerne! Unbegrenzte Produkthaftung für Autos mit Fahrverbot durch die Hersteller! Fahrverbote nur in Verbindung mit kostenlosem Nahverkehr – in den entsprechenden Zonen! Ausnahmeregelungen für Schichtarbeiter!
- Kampf um schrittweises und bis 2030 vollständiges Ersetzen fossiler Brennstoffe durch regenerative Energien aus Wasser, Wind, Sonne und Bioabfällen! Massive Förderung des dezentralen Solarausbaus und dezentraler Biogasanlagen zur Verwertung von Fäkalien und allerlei Grünabfällen!
- Umweltsofortmaßnahmen auf Kosten der Monopole! Gegen die Abwälzung auf die Massen durch Emissionsabgaben! Komplette Abschaffung der CO2-Steuern!
Es gibt keine Arbeiter erster, zweiter und dritter Klasse – Kampf der Flexibilisierung der Arbeitszeit und der Spaltung durch unterschiedliche Arbeits- und Tarifverträge!
- 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich – feste Regelarbeitszeit von 6 Stunden täglich von Montag bis Freitag zur Schaffung von Millionen Arbeitsplätzen! Kampf der Flexibilisierung der Arbeitszeit!
- Mindestens 10 Prozent Ausbildungsquote in Großbetrieben! Unbefristete Übernahme aller Azubis entsprechend ihrer Ausbildung!
- Gegen Auflösung der Tarifbindung – Für Flächentarifverträge! Angleichung von Arbeitszeiten, Löhnen und Renten in Ostdeutschland – JETZT! Kündigung der Niedriglohntarifverträge für Leiharbeiter durch die Gewerkschaften!
- Kampf der Aufspaltung einzelner Konzernbereiche, der Spaltung in „Fremdfirmen“ und Leiharbeit! Ein Betrieb – eine Belegschaft – ein Kampf!
Arbeiter gleich welcher Nationalität – eine Klasse, ein Gegner, ein Kampf weltweit! Internationale Arbeitereinheit statt Spaltung – Kampf dem Sozialchauvinismus!
- Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Arbeiter, ihre Familien, die Kommunen und die Arbeitslosen!
- Statt Ausweitung des öffentlich finanzierten Kurzarbeitergeldes – Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich auf Kosten der Monopole!
- Herabsetzung des Rentenalters bei vollem Rentenausgleich auf 60 Jahre, für Frauen und Schicht- und Schwerarbeiter auf 55 Jahre! Erhöhung des Rentenniveaus!
- Verteidigung und Erweiterung demokratischer Rechte und Freiheiten! Für ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht! Für freie gewerkschaftliche und politische Betätigung im Betrieb! Null Toleranz gegenüber Mobbing – Solidarität mit den Opfern! Für ein fortschrittliches Betriebsverfassungsgesetz!
- Verbot aller faschistischen Organisationen und ihrer Propaganda! Null Toleranz für rassistische und faschistische Hetze im Betrieb!
Die Kraft der Arbeiterklasse besteht in ihrer Zahl. Diese Kraft kann nur durch organisiertes Handeln entfaltet werden. Nur organisiert werden wir eine dem Finanzkapital überlegene Kraft:
- Schließt euch zusammen und verstärkt in härteren Zeiten die Solidarität und den Zusammenhalt – gegen die Geschäftsleitung und Regierung – im Betrieb, in der Gewerkschaft, über Konzern- und Ländergrenzen hinweg!
- Schließt euch eng mit den Kämpfen der breiten Massen zusammen: mit der Umwelt-, der antifaschistischen, sozialen, Friedens- und der internationalen Solidaritäts- und Flüchtlingsbewegung, mit den Klein- und Mittelbauern!
- Stärkt die Gewerkschaften und macht sie zu Kampforganisationen! Für eine starke Einheitsgewerkschaft! Stärkung der innergewerkschaftlichen Demokratie – Weg mit den Unvereinbarkeitsbeschlüssen gegen Marxisten-Leninisten in der IG Metall!
- Werdet aktiv in weiteren Selbstorganisationen der Massen und stärkt die internationale Koordination der Arbeiter – in der Internationalen Automobilarbeiter Koordination (IAC) und der Internationalen Bergarbeiterkoordination (IMC)!
- Stärkt die MLPD als revolutionäre Arbeiterpartei!
Führen wir alle unsere Kämpfe als Schule des Klassenkampfs und der Vorbereitung der internationalen Revolution. Entwickeln wir unser Klassenbewusstsein und werden wir dabei fertig mit der kleinbürgerlich-antikommunistischen Denkweise! Vorwärts zur Arbeiteroffensive, zum Klassenkampf im eigentlichen Sinn und zur strategischen Offensive der Arbeiterklasse – Vorwärts zum echten Sozialismus!
1 Internationales Industrieproletariat: die in den Produktionsverbünden der internationalen Monopole beschäftigten Arbeiter.
2 Imperialismus: die monopolistische Entwicklungsstufe des Kapitalismus seit Beginn des 20. Jahrhunderts.
3 Profitrate: Verhältnis vom Profit zum eingesetzten Kapital, in den Konzernbilanzen oft als ROCE bezeichnet.
4 Willi Dickhut: Vordenker und Mitbegründer der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD)
5 Sozialchauvinismus: Chauvinismus ist eroberungssüchtiger Nationalismus. Sozialchauvinismus behauptet, die Unterstützung der eigenen imperialistischen Bourgeoisie sei im Interesse der Arbeiterklasse.
6 Faschistoid: dem Faschismus ähnlich, Übergang zum Faschismus.
7 Liquidatorentum: Spalterische und zerstörerische Tätigkeit in der Arbeiterbewegung.
8 SCR-Katalysatoren: Der Einbau kann den NOx-Ausstoß bis zu 90 Prozent senken. Die Nachrüstung kostet zwischen 1400 und 3300 Euro.
9 Deutsche Umwelthilfe e. V.: Gemeinnützige Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation mit dem Recht zur Verbandsklage.
10 Einzige Lösung – Revolution!
11 Hybrid-Fahrzeug: Kombinierter Antrieb, der nach 30 bis 50 Kilometern von Elektro- auf Benzinmotor umschaltet.
12 bei gemischtem Fahrprofil nach einer Fahrstrecke von 150 000 Kilometern.
13 Neuimperialistische Länder: In diesen 14 Ländern lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung: Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika (BRICS), Mexiko, Indonesien, Südkorea, Türkei (MIST), Argentinien, Saudi-Arabien, Katar, Vereinigte Arabische Emirate, Iran.
14
Holding-Struktur: Dachgesellschaft mit selbständig operierenden Sparten.
15
Internationales Finanzkapital: Das allein herrschende internationale Finanzkapital besteht aus den etwa 500 größten Übermonopolen in Banken, Industrie, Handel und Agrarwirtschaft.
16 Internationalistisches Bündnis: Zusammenschluss von bisher über 35 000 Einzelpersonen und 40 Organisationen gegen die Rechtsentwicklung von Regierungen und bürgerlichen Parteien.
17 Diktatur des Proletariats: wissenschaftlicher Begriff für Herrschaft der Arbeiterklasse in der sozialistischen Gesellschaft. Er bedeutet Niederhaltung der Bourgeoisie und Demokratie für die Werktätigen. Die Anerkennung der Diktatur des Proletariats ist der Prüfstein des Marxismus-Leninismus.
18 Moderner Antikommunismus: antikommunistische Hetze von einem pseudokritischen Standpunkt gegenüber dem Kapitalismus aus. Im Unterschied zum offen reaktionären Antikommunismus, der in der Regel mit militaristischen, faschistischen Inhalten und der Rechtfertigung jeder Form der Gewalt und staatlicher Unterdrückung vor allem gegenüber der MLPD einhergeht
(1) igmetall.de vom 06.12.2019
(2) Fachzeitschrift für Information, Management und Consulting, Heft 03/2012, S. 56 ff.
(3) rolandberger.com vom 25.04.2016
(4) welt.de vom 01.04.2019
(5) heise.de vom 30.11.2017
(6) Neue Presse Hannover vom 03.04.2019
(7) Stefan Engel, „Götterdämmerung über der ‚neuen Weltordnung‘“, 2003, S. 416
(8) spiegel.online vom 24.12.2019
(9) badische-zeitung.de vom 20.12.2014
(10) zeit.de 16.10.2019
(11) arbeitgeber.de vom 30.03.2016
(12) Analyse zu Investitionen der Automobilindustrie, Ernst&Young, April 2019
(13) Willi Dickhut, „Die dialektische Einheit von Theorie und Praxis“, 1988, S. 12/13
(14) igmetall.de vom 30.10.2018
(15) berlinertageszeitung.de vom 28.02.2019
(16) tagesschau.de vom 29.10.2018
(17) swr.de vom 21.10.2019
(18) zeit.de vom 30.09.2019, Gewinne 2016 eigene Berechnung
(19) Die Welt vom 17.01.2020
(20) deutschlandfunkkultur.de vom 29.03.2019; Bundestag Drucksache 19/15538, 27.11.2019
(21) igmetall.de vom 04.06.2019
(22) Deutscher Bundestag WD 8 – 3000 – 135/18
(23) Bine.info vom 27.10.2019
(24) pv-magazine.de vom 18.10.2019
(25) autozeitung.de vom 18.09.2019; agora-verkehrswende.de vom Mai 2019
(26) bmz.de/de/laender_regionen/subsahara/demokratische_republik_kongo/index.jsp
(27) gruene-bw.de vom 02.03.2017; welt.de vom 23.06.2017