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"Antideutsche": "Uneingeschränkt solidarisch" – mit dem israelischen und US-Imperialismus
Ein Grundkonsens einiger führender »Antideutschen« ist die uneingeschränkte Solidarität mit dem israelischen und US-Imperialismus. Sie schwenken Israel- und US-Fahnen, lobten Bush für den Golfkrieg, lieben Trump usw. Sie fordern die »uneingeschränkte Solidarität mit dem Staat Israel und schärfste Kritik der palästinensischen Volksbewegung und ihrer Unterstützer«1 Sie werben für die Mitarbeit in der israelischen Armee, unterstützen die israelischen Geheimdienste öffentlich, sind gegen Rechte für Palästinenser und so weiter. Auf der Website des »antideutsch« bestimmten Leipziger Kulturzentrums »Conne Island« wirbt zum Beispiel ein Bericht eines Teilnehmers am »Freiwilligendienst« für die Unterstützung der israelischen Armee: »Support Israel – in the IDF!« (»Unterstützt Israel – in den IDF«; IDF ist die Kurzbezeichnung der israelischen Armee).2
Der angeblich »linke« Teil der »Antideutschen« distanziert sich zwar wortreich von offen ultrareaktionären Sprüchen, kommt aber im Kern zum gleichen Ergebnis. So heißt es im Positionspapier der »Ökologischen Linken« um Jutta Ditfurth von Mitte 2017: »Diskutierbar ist die Art und Weise, wie die israelische Regierung und das israelische Militär dieses Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen ...«3. Es ist also »Recht auf Selbstverteidigung«, wenn palästinensische Jugendliche vom Militär angegriffen werden, wenn in Massendemonstrationen hineingeschossen wird, mit insgesamt Tausenden Toten? Es ist also »Recht auf Selbstverteidigung«, im Nahen Osten ständig völkerrechtswidrige Bombardements durchzuführen? Die – in manch anderen Fragen klar und kritisch denkende – Jutta Ditfurth bringt es sogar fertig, die offene, nur vorsichtig kritische Unterstützung einer imperialistischen Besatzungsarmee als »antinationale, antiautoritäre, emanzipatorische Position zu Israel« (Titel der Resolution) darzustellen. So weit sind die »Antiautoritären« mittlerweile gesunken, dass sie eine der aggressivsten Armeen der Welt verteidigen. Israel hatte bei den letzten bekannt gewordenen Zahlen im Jahr 2005 pro Kopf den größten Wehretat der Welt. Der Anteil der Rüstungsausgaben schwankte zwischen 7,3 des Bruttoinlandsprodukts 2005 und 9,2 Prozent im Jahr 2002. Israel dürfte über um die 170 000 aktive Soldaten und über 400 000 Reservisten verfügen und besitzt Atomwaffen. Wahrhaft »emanzipatorisch« und »antiautoritär«.
Den Massen wird suggeriert, all das wäre eine geschichtliche Lehre aus dem Hitler-Faschismus und dem Massenmord an den Juden. Natürlich ist der Schutz des jüdischen Volkes notwendig. Es war die sozialistische Sowjetunion unter Stalin, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg für einen gemeinsamen Staat von Juden und Palästinensern einsetzte. Nachdem das von den britischen Imperialisten, jüdischen Zionisten und arabischen Nationalisten sabotiert wurde, stimmte sie als Übergangslösung einer Zweistaatenlösung zu und setzte diese bei den Vereinten Nationen (UN) gegen massiven Widerstand durch. Die UdSSR war das erste Land der Welt, das Israel anerkannte.
Doch sehr schnell verwandelte sich Israel in einen Kettenhund des US-Imperialismus im Nahen Osten. Es besetzte in mehreren Kriegen einen Großteils des Landes der Palästinenser und unterdrücke das palästinensische, wie auch das israelische Volk. Heute ist Israel selbst ein imperialistisches Land. Mit der schlagkräftigsten Armee im Nahen Osten, international tätigen Übermonopolen in der Medizintechnik und Waffentechnik – und heute mit einer faschistoiden rassistischen Netanjahu-Regierung. Nicht umsonst finden immer wieder, immer öfter und immer größere Massenproteste der jüdischen Bevölkerung statt – gegen die Unterdrückung, Korruption und rassistische Politik Netanjahus. Die Kritik an der reaktionären Netanjahu-Regierung wächst bis in bürgerliche Kreise. Die in Israel geborene jüdische Schauspielerin Natalie Portman sagte ihre Teilnahme an der Verleihung des mit einer Million Dollar dotierten »jüdischen Nobelpreises« ab – aus Protest gegen die rassistische Politik der Regierung. Sie sagt, die »Misshandlung all jener, die heute unter Gräueltaten leiden müssen, entspricht einfach nicht meinen jüdischen Werten.« Sie müsse »aufstehen gegen Gewalt, Korruption, Ungleichheit und Machtmissbrauch.« 4
Genauso bedingungslos ist die Solidarität vieler »Antideutscher« mit dem US-Imperialismus. Im »Antideutschen Katechismus« (»caira«, Verlag der Initiative Sozialistisches/Forum, Institut für Sozialkritik Freiburg) werden die USA gelobt, dass sonst niemand das täte, was die USA täten: »Sich den überall aufbrechenden Faschisierungs-Tendenzen entgegenzustellen. Uns gefällt es, wenn die Amis den Golf kontrollieren …«. Dabei gibt es keinen anderen Staat der Welt, der so viele faschistische und diktatorische Regimes an die Macht brachte: den Schah in Persien, das Obristenregime in Griechenland, Uribe in Kolumbien ... Die Trump-Administration ist aktuell selbst das Musterbeispiel für Faschisierungs-Tendenzen im Rahmen einer bürgerlichen Demokratie.
Der Gipfel der pseudosozialistischen Demagogie ist, dass diese Positionen von Teilen der »Antideutschen« auch noch als »kommunistisch« motiviert ausgegeben werden. So heißt es im »Antideutschen Katechismus«: »Wenn die USA so lange das Schlimmste verhindern, gewährt uns das die dringend benötigte Zeit, unseren historischen Auftrag wieder aufzunehmen und die Klassen- und staatenlose Gesellschaft zu erkämpfen …« Der US-Imperialismus als Feind aller Völker und Hauptkriegstreiber verhindert nicht das Schlimmste, sondern führt die allgemeine Tendenz der imperialistischen Kriegsvorbereitung an. Er ermöglicht nicht den Kampf um eine klassenlosen Gesellschaft, sondern ist als institutionalisierter Antikommunist einer ihrer größten Gegner.
Man hat auch noch nie einen ernsthaften Schritt der »Antideutschen« hin zur klassenlosen Gesellschaft gesehen. Die »Antideutschen« haben längst ihren Frieden geschlossen mit dem Imperialismus. Justus Wertmüller – ein Urvater der »Antideutschen« – begründet ganz grundsätzlich, dass man für die Unterstützung der »fortgeschrittensten« imperialistischen Länder eintreten müsse, denn Kommunismus sei »die Aufhebung der kapitalistischen Welt auf ihrem höchsten Niveau«. So feiert er die US-Armee mit ihren imperialistischen Eroberungskriegen als »Befreierin«5. Der Kommunismus lehrt, dass die revolutionären Produktivkräfte, die sich in den imperialistischen Ländern herausbilden nur zur Entfaltung kommen können, wenn die Unterdrückerklasse gestürzt und der alte Staatsapparat zerschlagen wird. Ein grundlegender Unterschied zu den bürgerlichen Verrenkungen der »Antideutschen«.