Erste Einschätzungen zu den Wahlen in Bremen
Erfolgreicher Wahlkampf der Internationalistischen Liste / MLPD
Während die Auszählung der Bremer Bürgerschaftswahl aufgrund des komplizierten Wahlsystems im Stadtstaat noch läuft, zeigen die Hochrechnungen: Die SPD hat die Wahl gewonnen. Sie konnte sich mit 30,1 Prozent (+5,2 Prozentpunkte) gegenüber ihrem historisch schlechten Ergebnis von 2019 (24,9 Prozent) leicht stabilisieren.¹ Dennoch fährt sie damit ihr zweitschlechtestes Ergebnis bei einer Bürgerschaftswahl ein.
Dazu kommt, dass das Bremer Ergebnis in gewisser Weise auch eine Personenwahl war: Spitzenkandidat Andreas Bovenschulte hat relativ gute Sympathiewerte in der Stadt und ist für das Ergebnis mitverantwortlich.
Bei einer Umfrage von Infratest dimap, die auf www.tageschau.de veröffentlicht worden ist, zeigt sich, dass die Massen in Bremen und Bremerhaven der "Volkspartei" SPD nicht unbedingt viel Kompetenz zutrauen: In keinem Bereich kommt die Partei über 35 Prozent. In ihren angeblichen Kernbereichen, "Soziale Gerechtigkeit", "Arbeitsplätze" und "Bezahlbarer Wohnraum", rangiert sie bei 33, 32 und 30 Prozent. In allen anderen Bereichen rutscht sie unter 30 Prozent ab. Die latente Krise der SPD macht auch vor dem Parlament in Bremen nicht halt.
Die CDU pendelte sich bei 25 Prozent ein (-1,7 Prozentpunkte) und konnten von der Oppositionsrolle im Bund offensichtlich nicht profitieren. Die Grünen haben stark verloren. Sie landen auf 12 Prozent (-5,4 Prozentpunkte). Das ist nicht nur ein Ergebnis der Monopolpolitik, die sie in der Ampel-Koalition auf Bundesebene machen, sondern hat auch seine Gründe darin, dass sie in Bremen zum Beispiel der Abholzung der - für den Hochwasserschutz wichtigen - Platanen an der Weser zugestimmt haben. Für all das haben sie jetzt bei der Wahl die Quittung bekommen. Besonders ihre Politik der Umverteilung der Lasten auf die Bevölkerung nehmen ihnen die Menschen übel. Reaktionäre Stimmungsmache gegen Umweltschutz, die auch zu Stimmenverlusten für die Grünen führten, sind aber abzulehnen. Als Konsequenz hat Spitzenkandidatin Maike Schaefer ihren Rücktritt vom Amt der Senatorin für Mobilität und Klimaschutz angekündigt. Die Linkspartei konnte mit 11,1 Prozent (minus 1,8 Prozentpunkte) ein relativ gutes Ergebnis einfahren. Im Gegensatz zur katastrophalen Entwicklung auf Bundesebene hat sie in Bremen kaum verloren.
Die ultrareaktionären und faschistoiden „Bürger in Wut“ wurden ganz bewusst von den Medien gehypt - mit Großanzeigen in Weserkurier und Weserreport. (Mehr dazu hier.) Diese Partei ist aus dem Landesverband Bremen der ehemaligen Schill-Partei entstanden (www.t-online.de, 15.5.2023). Ihr Auftrag ist, die Unzufriedenheit einer Mehrheit der Bremer Bevölkerung auf die Politik, in rechte Bahnen zu lenken. Bremen hat mit 33 Prozent die höchste Kinderarmut in Deutschland und in Bremerhaven, ist die Arbeitslosigkeit bei 14 Prozent. Dort haben sie 22,2 Prozent der Stimmen erhalten. Insgesamt kamen sie auf 9,5 Prozent. Das ist ein Zuwachs von +7,1 Prozentpunkten. Sie profitierten allerdings deutlich davon, dass die AfD in Bremen nicht antreten konnte. Ihr Ergebnis zeigt, dass Aufklärung über rechte Propaganda und Denkmuster verstärkt werden muss.
Zum Wahlkampf der Internationalistischen Liste / MLPD schreibt die Landesleitung Nord der MLPD:
Die Internationalistische Liste / MLPD trat mit der Losung: "Kapitalismus zerstört die Existenzgrundlagen der Menschheit. Perspektive: Echter Sozialismus!" an. Das zog sich als "roter Faden" durch den ganzen Wahlkampf. Es zeigte sich eine wachsende Aufgeschlossenheit dafür. Hier geht es zur Wahlzeitung der Internationalistischen Liste / MLPD zur Bürgerschaftswahl.
Stand jetzt haben nach Auszählung von 146 von 499 Auszählungsstellen 594 Wählerinnen und Wähler für die Internationalistische Liste / MLPD und ihre Kandidatinnen und Kandidaten gestimmt (wobei jeder Wähler fünf Stimmen hatte). Davon entfielen bisher 420 Stimmen auf die Internationalistische Liste / MLPD und 174 auf die Kandidatinnen und Kandidaten. Die MLPD liegt momentan bei 0,2 Prozent. Bei der letzten Bundestagswahl hatte die MLPD in der Stadt Bremen nur 134 Zweitstimmen erhalten (0,05 Prozent). In Bezirken, in denen die MLPD seit Jahren Kleinarbeit macht, wurden mehr Stimmen in den betreffenden Wahllokalen erreicht. Hier erhielt zum Beispiel Harald Braun zwischen 17 und 19 Stimmen. Im Wahlkreis Gete 03 wurden 25 Stimmen erreicht. Wenn das amtliche Endergebnis feststeht, wird die Rote Fahne Redaktion weiter berichten.
Deutlich spürbar konnte die MLPD ihren gesamtgesellschaftlichen Einfluss ausbauen und sich mit neuen Mitgliedern und Interessenten stärken. Wir haben Hunderte Menschen kennengelernt. Über 130 Menschen trugen sich dafür ein, dass sie in Kontakt mit uns bleiben wollen oder auch aktiv werden wollen. Die Internationalistische Liste / MLPD war die einzige Partei, die sich konsequent gegen den Krieg in der Ukraine als von beiden Seiten ungerechter imperialistischer Krieg positionierte. Sie war ebenfalls die einzige Partei, die die Analyse der begonnenen globalen Umweltkatastrophe begründet vertrat. Das fand unter den Menschen viel Zuspruch und traf auf eine gewachsene Offenheit. Dass sich das unter dem Eindruck der Wahlmanipulation und des Antikommunismus kaum in den Stimmenergebnissen der MLPD ausdrückte, zeigt, dass Wahlen nur noch sehr relative Gradmesser für das Bewusstsein der Massen sind.
Es gab im Wahlkampf ein Feuerwerk von Aktivitäten, besonders für die Jugend, in die systematisch immer mehr Menschen einbezogen wurden. Es wurden 15.500 Wahlzeitungen übergeben und gesteckt, 1600 Plakate aufgehängt. Es gab Stände in Stadtteilen, verbunden mit insgesamt acht Werbeumzügen; Einsätzen vor den Schulen; ein breites Auftreten an den Toren vor Daimler, Mercedes, Airbus und vor Stahlwerken; eine Veranstaltung zum Buch „Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaften“; ein Jugendkonzert für den Weltfrieden sowie die Aktivitäten zum 1. Mai. Als Höhepunkt gab es eine Kundgebung mit Gabi Fechtner, der Parteivorsitzenden der MLPD, in der Innenstadt von Bremen.
Im Vergleich zum Bundestagswahlkampf 2021 wurde in der regionalen Presse deutlich sachlicher berichtet, verschiedene Vereine, wie der Bremer Jugendring, haben sich an die Kandidaten gewandt. Das ist ein Erfolg gegen die Medienzensur, aber verschwindend wenig gegenüber den Medienauftritten der etablierten bürgerlichen Parteien und den „Bürgern in Wut“ – von Chancengleichheit also keine Spur!
Unsere Forderungen griffen lokale Anliegen auf, wie den Stopp der Umverteilung von Geflüchteten, die Festanstellung der Leiharbeiter bei Daimler, Hochwasserschutz mit dem Erhalt der Platanen an der Weser. Wir leisteten antifaschistische Aufklärungsarbeit gegen reaktionäre Stimmungsmache der „Bürger in Wut“. Der Wahlkampf wurde im antikommunistischem Gegenwind erkämpft. Am 1. Mai wurde der MLPD der Infostand vom DGB verweigert! Selbstverständlich akzeptierten wir das nicht, schrieben einen Offenen Brief und führten am 1. Mai in bester Lage etwas abseits vom DGB-Dorf einen anziehenden Infostand durch! Die gewachsene Offenheit gegenüber der MLPD und der sozialistischen Perspektive zeigte sich in begeisternden Rückmeldungen zu unseren Kandidaten und für unsere Plakate sowie in vielen tiefgehenden Gesprächen über den Sozialismus. Das zeigt: Der Sozialismus ist in gewisser Breite bereits zum Thema geworden – und das in einer früheren Hochburg des SPD-Reformismus.
Spitzenkandidatin Lena Salomon:
„Obwohl wir das konkrete Wahlergebnis noch nicht kennen, weil die Auszählung noch in vollem Gange ist, können wir stolz sagen: Die Anstrengungen haben sich gelohnt! Wir konnten unsere Kräfte stärken. Viele Leute haben die MLPD und ihren Jugendverband REBELL kennengelernt! Und ganz viele Leute interessieren sich für eine grundsätzliche Alternative. Unsere Losung: 'Kapitalismus zerstört die Existenzgrundlagen der Menschheit. Perspektive: Echter Sozialismus' war goldrichtig,“ so Lena Salomon, Spitzenkandidatin der Internationalistischen Liste / MLPD auf der Wahlfete am Sonntag.