Tarif aktuell 3
Gesamtmetall knickt vor der Kampfbereitschaft der Metallerinnen und Metaller ein - Verhandlungsergebnis ist fauler Kompromiss
Mit seiner Provokation, jegliche tabellenwirksame Lohnerhöhung zu verhindern, ist Gesamtmetall nicht durchgekommen.
Ab dem 1. Juni 2023 soll es eine tabellenwirksame Lohnerhöhung geben von 5,2 Prozent und ab dem 1. Mai 2024 um weitere 3,3 Prozent. Wer behauptet, daraus werden 8,5 Prozent, der muss zurück in die Schule zum Rechnen lernen. Auf die Laufzeit bezogen ergeben sich 4,2 Prozent. Der Tarifvertrag soll nämlich 24 Monate laufen. Jeweils zum 1. März 2023 und 2024 soll es eine „Inflationsausgleichsprämie“ von 1500 Euro geben, sofern der Auszahlungszeitpunkt nicht durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung geregelt ist. Auf den Monat umgerechnet bedeuten die „Infaltionsausgleichsprämien“ 125 Euro mehr, was steuer- und sozialabgabefrei sein soll.
Zugleich ist das Verhandlungsergebnis von Baden-Württemberg ein fauler Kompromiss. Bis zum 31. Mai 2023 gibt es keine tabellenwirksame Lohnerhöhung. Während die galoppierende Inflation von Monat zu Monat immer neue Rekorde bricht, sollen wir noch monatelang in die Röhre gucken? Das bedeutet, dass bis Mitte 2023 fünf Jahre vergangen sein werden, seit es in der Metall- und Elektroindustrie die letzte tabellenwirksame Lohnerhöhung gegeben hat. Dieses Ergebnis muss abgelehnt und für die volle Durchsetzung der 8 Prozent Lohnerhöhung bei einer Laufzeit von 12 Monaten eingetreten werden. Gleichzeitig bleibt der Kampf um Lohnnachschlag auf der Tagesordnung.
900 000 Kolleginnen und Kollegen der Metall- und Elektroindustrie haben mit ihrer Beteiligung an Warnstreiks klar gemacht: „8 Prozent bei einer Laufzeit von 12 Monaten sind das Mindeste!“ Mit dem Verhandlungsergebnis soll die Kampfbereitschaft abgewürgt werden. So beschwört Verhandlungsführer Harald Marquardt vom Monopolverband Südwestmetall: „Mit einem Streik ist in der jetzigen Situation niemand geholfen.“ [1] Mit „niemand“ kann er nur die Konzerne und ihre Regierung gemeint haben. Denen sitzt die Angst im Nacken, ein offensiv geführter gewerkschaftlicher Streik von fast vier Millionen Beschäftigten wäre eine Kampfansage an die Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten durch Regierung und Monopole.
Gesamtmetall fürchtet, dass die Belegschaften mehr Kampferfahrungen sammeln, wie eine Urabstimmung durchgeführt, Demonstrationen vor das Tor und Streiks organisiert werden. Denn das könnte die Arbeiterinnen und Arbeiter ermutigen, noch weitere offene Rechnungen mit den Monopolen und ihrer Regierung zu begleichen: Gegen die akute Weltkriegsgefahr, die drohende globale Umweltkatastrophe, angekündigte Vernichtung von Arbeitsplätzen usw.
Ihr Chef, Stefan Wolf, versucht sich bei den Belegschaften einzuschleimen und behauptet dreist: "Wir haben immer herausgestellt, dass die Beschäftigten beteiligt werden, wenn es Wachstum gibt“ [2]. Sag' mal hast du Tomaten auf den Augen oder willst du uns für dumm verkaufen? Die Dax-Konzerne haben im dritten Quartal ihren operativen Gewinn gegenüber dem Vorjahr um 28 Prozent auf zusammengerechnet rund 44,7 Milliarden Euro gesteigert. Spitzenreiter sind Mercedes-Benz mit 5,2 Mrd. Euro, VW mit 4,3 Mrd. Euro und Siemens mit 3,9 Mrd. Euro. Dieses Wachstum der Profite ist natürlich nicht für die kleinen Leute gedacht. Den Kalenderspruch ‚Zusammen nach vorn!‘ von Gesamtmetall können sie sich selbst über ihr Bett hängen. Die einzige Sprache, die sie verstehen, ist die Kampfentschlossenheit der Arbeiterinnen und Arbeiter.
Aber offensichtlich finden sich dafür in der reformistischen Gewerkschaftsführung wieder einmal willfährige Wasserträger. Bereits 1995 stellte die MLPD fest: „Kam der reformistische Charakter der Gewerkschaften bisher darin zum Ausdruck, Auseinandersetzungen über das Auf und Ab der Lohn- und Arbeitsbedingungen möglichst gedämpft zu führen, ohne das Lohnsystem als solches in Frage zu stellen, so will die reformistische Gewerkschaftsbürokratie jetzt als der »vernünftigere« Co-Manager aktiv in die Gestaltung der kapitalistischen Produktionsweise eingreifen“ [3].
Noch handelt es sich um ein Verhandlungsergebnis, dem die jeweiligen bezirklichen Tarifkommissionen zustimmen müssen. Bevor die Tarifkommissionen abstimmen, muss ausreichend Zeit und Gelegenheit sein, das Ergebnis an der Basis in den Betrieben zu diskutieren und zu Beschlüssen zu kommen. Dazu brauchen die Kolleginnen und Kollegen volle Publizität, auch über das „Kleingedruckte“. Der Zusatzbeitrag T-ZUG muss nur in Teilen oder gar nicht ausgezahlt bzw. kann verschoben werden, wenn die Nettoumsatzrendite des jeweiligen Betriebs unter 2,3 Prozent liegt. Alle Vereinbarungen stehen unter dem Vorbehalt einer sogenannten „Energienotfallklausel“. Das heiß, jeder einzelne Betrieb kann Verhandlungen zum Abweichen von den Flächentarifverträgen fordern, wenn die jeweilige Konzernleitung einen „Energienotfall“ ausmacht. Für uns Arbeiterinnen und Arbeiter ist jetzt schon der „Energienotfall“ eingetreten.
Falsch wäre jetzt, sich verärgert mit dem Verhandlungsergebnis abzufinden, vielleicht sogar aus der Gewerkschaft auszutreten. Um die Gewerkschaften zu Kampforganisationen zu machen, müssen die Kolleginnen und Kollegen selbst aktiv werden, selbst mit dem Einfluss der kleinbürgerlich-reformistischen Denkweise fertig werden und ggf. mit selbständigen Streiks den gewerkschaftlichen Rahmen durchbrechen. Das Einknicken von Gesamtmetall macht deutlich, was drin ist, wenn die volle Kampfkraft entfaltet wird.
- Die Forderung bleibt – Urabstimmung und Streik für die volle Durchsetzung der 8 Prozent auf zwölf Monate.
- Selbständige Kämpfe für einen tabellenwirksamen Lohnnachschlag von 20 Prozent!
- Für ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht!
- Aktiver Widerstand gegen einen Dritten Weltkrieg!
- Rettung der Umwelt vor der Profitwirtschaft!
- Für die Perspektive des echten Sozialismus als Ausweg aus kapitalistischem Krisenchaos!