Netzpolitik
Telegram: Die große Freiheit?
Kein anderes Programm missbraucht derart den Freiheitsbegriff wie Telegram. Warum eigentlich? Wer steckt dahinter und wie geht man damit um?
Bei Telegram handelt es sich um einen sogenannten Instant-Messaging-Dienst, der auf Smartphones, Tablets, Smartwatches und PCs, genutzt wird.
Wem gehört Telegram?
Telegram wurde 2013 von den Brüdern Nikolai und Pawel Durow gegründet, die bereits das meistgenutzte russische soziale Netzwerk Vk.com gegründet hatten. Der russische Milliardär Pawel Durow hat ein geschätztes Vermögen von 17 Milliarden US-Dollar¹. Er gilt als einer der einflussreichsten Internetunternehmer der Welt.
Firmensitz von Telegram ist derzeit Dubai. Ein Land das mit Freiheit relativ wenig zu tun hat, aber dafür sorgt, dass Milliardäre wie Pawel Durow hier ein steuerfreies Luxusleben führen können.
Warum Telegram bei "Querdenkern" und Faschisten so beliebt ist
Die großen sozialen Medien wie Facebook/Instagram oder Google/YouTube nutzen bei weitem nicht ihre technischen Möglichkeiten. (Mehr Infos: Was tun gegen reaktionäre Hetze im Netz)². Doch durch den großen öffentlichen Druck wird es Faschisten zumindest etwas erschwert, ihre Lügen im Netz zu verbreiten.
Bei Telegram haben sie leichtes Spiel. Hier wird so gut wie gar nichts gelöscht. Das gehört zum Freiheitsmythos der Plattform, der behauptet, weder Daten an Regierungen herauszugeben, noch irgendwie regulierend in die Kommunikation einzugreifen. Teilweise durchaus ein Problem für Regierungen, die gerne kontrollieren wollen, was in den sozialen Medien diskutiert wird. Deshalb wird zum Beispiel gedroht Telegram aus den Onlineshops (App-Stores) zu verbannen, um die Macher um die Durow-Brüder dazu zu bewegen, Inhalte zu sperren. In der Praxis führt das dazu, dass Telegram zwar einzelne wenige Inhalte z. B. aus der "Querdenker"-Szene sperrt, aber nur für die Benutzer, die die App über die Shops von Google oder Apple installiert haben (mehr Infos: Artikel bei netzpolitik.org)³.
Zudem ist Telegram viel mehr als nur ein Messenger. Während z.B. bei Whatsapp-Gruppen maximal 256 Teilnehmer haben können, sind es bei Telegram 200.000 Teilnehmer. So können riesige Gruppen und Kanäle entstehen, die "Querdenker" und Faschisten gerne nutzen.
Bedeutet Freiheit niemals was zu löschen?
Auch wenn es glühende Antikommunisten nicht wahr haben wollen: Der echte Sozialismus und die MLPD stehen für die Freiheit der Ausgebeuteten und Unterdrückten dieser Welt. (mehr Infos: Gabi Fechtner zum Freiheitsbegriff)⁴. Wir verteidigen demokratische Rechte und Freiheiten.
Aber Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Es ist eben nicht freiheilich, wenn der Hitler-Faschismus verherrlicht wird, oder wenn eine Kritik an der Corona-Politik der Regierung dazu ausgenutzt wird, um faschistische Politik zu verbreiten. Auch im Netz gilt: Keinen Fußbreit den Faschisten!
Löscht Telegram!
Während Telefongespräche und SMS in Deutschland immer schon überwachbar waren, wurde es für die Geheimdienste tatsächlich zum Problem, als die Messenger eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einführten. Für Tools wie WhatsApp haben sie inzwischen Lösungen gefunden (mehr Infos: Artikel bei netzpolitik.org)⁵
Für Telegram war das niemals nötig, weil hier standardmäßig gar nichts verschlüsselt ist. Was andere Messenger immer machen, muss bei Telegram extra mit sogenannten "Geheimen Chats" aktiviert werden. Hier sind allerdings einige Funktionalitäten eingeschränkt.
Auf über 570 Millionen Smartphones der Welt ist inzwischen Telegram installiert. 570 Millionen Installationen zu viel. Wer Telegram nutzt, benutzt einen höchst unsicheren Messenger (mehr Infos: https://youtu.be/owLKlJLSidI?t=291)⁶ und unterstützt zusätzlich, dass Faschisten und "Querdenkern" eine Plattform geboten wird, um ihre menschenverachtende Politik zu verbreiten.
Gibt es Alternativen?
Mobile Kommunikation ist niemals zu 100 Prozent sicher. Häufig bekommt man zu diesem Punkt das Argument zu hören, dass man doch nichts zu verbergen habe. Man sollte aber immer bedenken: Wer sein Smartphone stets dabei hat, bietet Geheimdiensten die perfekte Möglichkeit, um an Bild-, Ton- und Ortsinformationen zu kommen. Wer glaubt, dass in Deutschland linke Kräfte nicht intensiv beobachtet werden, sollte sich mal mit dem TKP/ML-Prozess beschäftigen, der im Juli 2020 in München zu Ende ging. Dort wurde die Telekommunikation der Angeklagten jahrelang überwacht und es wurde intensiv mit türkischen Behörden zusammengearbeitet.⁷
Muss bei jedem politischen Treffen wirklich das Handy dabei sein? Auch Kommunikation die niemand etwas angeht, sollte nicht über das Smartphone geführt werden.
Wenn man schon einen Messenger benutzt, dann empfehlen wir Signal oder Threema. Hier ist der Quellcode einlesbar (Open-Source) und die Kommunikation ist Ende-zu-Ende verschlüsselt. Sicher vor Programmen wie den sogenannten "Staatstrojanern", die die Nachrichten direkt auf dem Smartphone abgreifen, ist man damit allerdings auch nicht.