8.Mai

8.Mai

Rede Stefan Engel 8. Mai 2020 – 75 Jahre Befreiung vom Hitlerfaschismus

Liebe Freunde, liebe Freundinnen, Kolleginnen und Kollegen, liebe Genossinnen und Genossen! Es ist bedeutend, dass wir solche Gedenktage in unsere Arbeit einbeziehen. Derartige Gedenktage sind in erster Linie Tage der weltanschaulichen Auseinandersetzung. Gabi Fechtner hat schon dargestellt, dass der Kampf gegen den Antikommunismus eine der bedeutendsten Aufgaben für Marxisten-Leninisten in der heutigen Zeit ist.

Der Antikommunismus betreibt Geschichtsklitterung. Er beseitigt die Demokratie. Er stellt den Freiheitsbegriff auf den Kopf. Er trägt dazu bei und rechtfertigt, dass Ausbeutung und Unterdrückung der Menschheit weiterbestehen. Keinerlei Alternativen zum herrschenden System sollen möglich erscheinen.

Wenn wir heute sagen, der 8. Mai ist ein Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg, dann sagen wir zugleich, dass der weltanschauliche Hauptgrund und die Hauptursache des Faschismus der Antikommunismus war - und nicht etwa der Antisemitismus, wie es die bürgerliche Geschichtsschreibung heute darstellt. Nicht Hitler hat den Antisemitismus erfunden. Er wurde von der katholischen Kirche vor über 1.800 Jahren erfunden. Martin Luther war glühender Antisemit. Die erste Reichstagung der evangelischen „Deutschen Christen“ 1933 erklärte: „Der Staat Adolf Hitlers ruft nach der Kirche, die Kirche hat den Ruf zu hören.“

Nein, der Antisemitismus war nicht der Kern des Faschismus. Der Antisemitismus war wichtiger Bestandteil des Faschismus, seines hasserfüllten Rassismus, mit dem er eine Massenbasis aufbaute. Der Judenhass war vorher schon in der Bevölkerung tief verankert und hatte eine sehr große Verbreitung durch die Jahrhunderte lange Verleumdung und Diskriminierung des jüdischen Volkes.

Der Antikommunismus richtete sich gegen die sozialistische Sowjetunion, aber auch gegen die Menschen, die bei uns im Land gegen den Faschismus gekämpft haben. Es war nicht nur Willi Dickhut, es waren auch viele Bergleute, die damals - am Ende des Krieges - ihre Arbeitskollegen in Kartoffelkisten im Keller zu Hause versteckten, damit sie von den Faschisten nicht gefunden wurden. Sie haben sie gerettet. Zahlreiche Rotarmisten und andere russische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter wurden hier in Gelsenkirchen von den Bergleuten, von den Mitarbeitern von der damaligen Firma Gelsenberg, geschützt, damit sie nicht am Ende des Krieges noch von den Faschisten liquidiert wurden, wie das üblich war. Wir wissen von alten Bergleuten, dass sie für die Zwangsarbeiter ein paar Stullen mehr auf die Arbeit mitgenommen haben, um den Leuten etwas zu essen zu geben. Das war streng verboten, wer erwischt wurde, dem drohte die Todesstrafe. Sie haben es trotzdem gemacht und sie waren stolz darauf. Keiner dieser Leute wird heute geehrt, wenn man den Kampftag für Befreiung und die Befreier nicht richtig definiert. Wir stehen in der Tradition der Arbeiterbewegung und wir ehren auch diese Bergleute, die Arbeiter und die vielen Familien, die damals im Faschismus - bei Einsatz ihres eigenen Lebens - dafür gesorgt haben, dass dieser Befreiungskampf der Roten Armee und des antifaschistischen Kampfs zum Erfolg wurde.

Es ist auch eine Lüge, dass die Faschisten zu allererst Juden in die KZs brachten. Am Anfang waren es die Kommunisten - darunter auch viele kommunistische Juden –, Sozialdemokraten und Kriminelle. Erst später, mit der Reichspogromnacht, wendete sich das Blatt. Dann wurden in erster Linie Juden verhaftet. Anfangs wurden sie aufgefordert, sich freizukaufen. Dabei ging es Hitler v.a. um Geld. 1938 war der Faschismus in einer tiefen Finanzkrise. Er war pleite, weil die internationalen Banken ihm kein Geld mehr gaben. Der Hitlerfaschismus war völlig verschuldet und sanierte sich über die brutale Enteignung wohlhabender Juden und dadurch, dass sie sich für ihre Emigration teilweise freikauften, damit sie mit ihren Familien in die USA auswandern konnten.

Viele Verfolgte des Naziregimes wurden auch nach 1945 weiter verfolgt. Nach dem KPD-Verbot hat man über 100.000 Kommunisten ihre Rente als Verfolgte des Naziregimes aberkannt. Die Leute hatten dann überhaupt keine Rente mehr. Ich will damit betonen, dass der Antikommunismus nicht aufhörte nach 1945. Aber der Sieg über den Hitlerfaschismus war ein großartiger Sieg über den Antikommunismus.

Der Antikommunismus ist im Kapitalismus und im Imperialismus systemimmanent. Er gehört zu den weltanschaulichen Grundlagen des kapitalistischen Systems. Deswegen wird der Antikommunismus erst verschwinden, wenn der Kapitalismus verschwindet. Die Auseinandersetzung mit dem Antikommunismus wird sogar im Sozialismus noch eine wichtige Rolle spielen! Darüber muss man sich klar sein. Deshalb ist der Kampf gegen den Antikommunismus auch ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit von Anfang an.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass der Antikommunismus auch tief in die Bevölkerung eingedrungen ist. Wir kennen doch die Vorbehalte: das Gefühl, „bei Kommunisten und ‘Stalinisten‘“, wie sie uns immer nennen – was natürlich ein Unsinn ist –, „da muss man ein bisschen vorsichtig sein“. „Nichts Genaues weiß man nicht, aber man muss aufpassen“, „Da hält man sich lieber ein bisschen fern“.

Glaubt doch nicht, dass man die MLPD über Jahrzehnte in eine relative Isolierung hätte bringen können ohne den Antikommunismus. Es ist von uns noch niemand aufgrund seiner politischen Arbeit verhaftet worden. Das machen die heute noch nicht. Sie versuchen uns politisch zu isolieren, indem sie uns in den Medien nicht zulassen, indem sie uns ausschließen aus den Gewerkschaften, aus Frauenverbänden, aus Jugendorganisationen usw.. Sie versuchen uns zu isolieren und man versucht auch, solche Kundgebungen wie heute zu verhindern. Dies mit so hanebüchenen Begründungen wie von dem „linken“ Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und seinen Freunden in Thüringen anlässlich des Verbots von Gedenkfeiern auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald. Sie können das absolut nicht haben, dass wir dem Sozialismus und der Sowjetunion zur Zeit Stalins zu neuem Ansehen verhelfen.

Der Kampf gegen den Antikommunismus bleibt eine große Aufgabe. Wenn man ihn nicht führt, dann werden wir auch keinen Sieg erringen. Ohne dass die Bevölkerung den Antikommunismus in ihrem Denken, Fühlen und Handeln überwindet, werden wir auch keine neue sozialistische Revolution vorbereiten und durchführen können.

Deshalb ist es so wichtig, solche Kampftage durchzuführen, solche Tage wie heute, und darum zu kämpfen, dass wir so auch zur Geschichtsklärung beitragen. Wir folgen nicht diesem allgemeinen Mainstream, dass über den Kommunismus überhaupt nicht mehr diskutiert wird, dass man überhaupt nicht mehr in der öffentlichen Diskussion auftreten darf. Jeden Tag erleben wir drei bis vier Talkshows im Fernsehen. Glaubt doch nicht, dass da irgendwann mal ein Marxist-Leninist dabei ist, der etwas sagen darf wie hier auf der Kundgebung. Das gibt’s nicht. Der Antikommunismus ist in Deutschland eine Staatsreligion geworden. Diese Tatsache steht nicht zur Diskussion, das ist einfach so. Wir arbeiten hier aus einer Minderheitenposition heraus. Um aus dieser Minderheitenposition weiter herauszukommen, müssen wir dem Kampf gegen den Antikommunismus einen höheren Stellenwert einräumen.

„Gib Antikommunismus keine Chance!“ heißt unsere aktuelle Losung. Manche Leute schrecken vor dieser Diskussion etwas zurück und raten: „Mach' das doch nicht von dir aus zum Thema“. Wenn wir den Antikommunismus angreifen, dann zuckt mancher ein bisschen zusammen. Nein, wenn wir das nicht zum Thema machen, macht das überhaupt keiner zum Thema. Und dann wirkt der Antikommunismus weiter. Ohne dass die Leute bewusst diesen Antikommunismus überwinden, diese Vorbehalte, die gegen die Kommunisten geschürt werden, werden wir sie auch nicht gewinnen können für einen neuen Anlauf im Kampf für den Sozialismus und für eine befreite Gesellschaft.

Es ist wichtig, dass man den Antikommunismus richtig versteht. Er behauptet, der Kommunismus sei ein Machtsystem, das auf Gewalt aufbaue. Aber das ist eine völlige Ablenkung von dem System der Diktatur der Monopole, das wir hier haben - Monopole, die über den gesamten staatlichen Gewaltapparat, die gesamten Medien, die öffentliche Meinung verfügen.

Wir befinden uns mit dieser Weltwirtschafts- und Finanzkrise in Verbindung mit der Corona-Krise in einer Situation, wo wir auf eine gesamtgesellschaftliche Krise des imperialistischen Weltsystems zusteuern. Noch nie seit dem II. Weltkrieg steckte das imperialistische Weltsystem in einer so tiefen Krise. Wir steuern darauf zu - trotz oder vielleicht auch wegen aller „Lockerungsmaßnahmen“ und allen Debatten, die da geführt werden. Nicht umsonst wird gerade eine NATO-Strategie zur Niederschlagung von revolutionären Aufständen und Kämpfen in allen Ländern der Welt vorbereitet. In dieser kommenden Auseinandersetzung spielt der Antikommunismus eine wichtige Rolle.Setzen wir uns dagegen zur Wehr, können wir in dieser gesamtgesellschaftlichen Krise die Massen gewinnen für eine neue Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung? Das geht nur, wenn sie mit dem Antikommunismus fertig werden. Der Sozialismus ist keine Gewaltgesellschaft, der Sozialismus ist eine befreite Gesellschaft und zwar befreit von Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch den Menschen auf dem Weg zur klassenlosen Gesellschaft des Kommunismus. Eine befreite Gesellschaft, in der die Umwelt geschützt wird und nicht der Profit im Vordergrund steht, sondern der Mensch im Wechselverhältnis zur Erhaltung der Natur. Er ist die Perspektive für die Jugend, für die wir hier kämpfen. Der Kampf um den Sozialismus ist der demokratischste Befreiungskampf, den man heute überhaupt führen kann.

In diesem Sinne sollte uns der 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus und II. Weltkrieg Anlass sein, diesen Kampf gegen Antikommunismus unter der Losung „Gib' Antikommunismus keine Chance!“ in unseren Herzen zu tragen und ihm auch in unseren Aktivitäten einen größeren Stellenwert einzuräumen.



In diesem Sinne Glückauf!

Es lebe der Kampf gegen den Faschismus!

Es lebe der Kampf für den Sozialismus/Kommunismus - für eine befreite Gesellschaft!