Reinhard Funk Die zeitweilige Überlagerung der Vertrauenskrise in die bürgerliche Politik löst sich mehr und mehr auf, Proteste nehmen wieder zu.

Klartext

Reinhard Funk

Reinhard Funk spricht Klartext

Krisenmanagement auf Sand gebaut

Im März verbreitete die Regierung, dass zum Sommer oder spätestens Herbst das Schlimmste in der Krise vorüber sei. Jetzt spricht sie von der Krise als „neuer Normalität“ und von einem Zeitraum von zwei Jahren.1

Die Herrschenden stecken in einem Dilemma: Die Unternehmerverbände fordern einen schnellen Ausstieg aus den Anti-Corona-Einschränkungen. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Indu­strie, Dieter Krempf, fordert am 2. Mai im Gespräch mit der Funke-Mediengruppe einen „klaren Exit-Plan“, um die Beschränkungen für das Hochfahren der Produktion zu beenden. Alles in der Hoffnung, dass dies zur schnellen Erholung der Wirtschaft führt.

Die Regierung macht gewaltige Summen locker, um die Folgen des abrupten Einbruchs in der Weltwirtschafts- und Finanzkrise in Verbindung mit der Corona-Krise abzumildern. Der Kommentator der Westfälischen Rundschau ahnt: „Für eine künftige Bundesregierung wird Politikmachen nach der Wahl 2021 kein Zuckerschlecken. … Das wird bedeuten: sparen, bis es quietscht – es sei denn, die Weltwirtschaft springt so stark wieder an, dass Deutschland aus seinen Schulden rascher rauswachsen kann.“2. Doch genau dafür spricht nichts.

Erstens ist weder klar, wie das SARS-CoV-2-Virus und seine Übertragung genau funktionieren, noch, ob nach der Ansteckung eine dauerhafte Immunisierung entsteht. Geschweige denn ist ein Impfstoff in Sicht. Die vom BDI geforderte schnelle Aufhebung der Beschränkungen nimmt bewusst in Kauf, dass eine zweite Welle der Pandemie ausbricht.

Die zeitweilige Überlagerung der Vertrauenskrise in die bürgerliche Politik löst sich mehr und mehr auf, Proteste nehmen wieder zu. Reinhard Funk, Mitglied im Zentralkomitee der MLPD

Und zweitens geht die Weltwirtschafts- und Finanzkrise nicht automatisch mit der Lockerung der Corona-Maßnahmen zu Ende. Sie wird erst enden, wenn genügend überschüssiges Kapital vernichtet ist: durch Werksstilllegungen, Übernahmen, Pleiten und Entlassungen. Eine sprunghaft wachsende Verarmung breiter Bevölkerungsteile, eine weitere Zerstörung der Umwelt und eine wachsende Kriegsgefahr gehen damit einher. Das wird die Klassengegensätze verschärfen. Die Arbeiterklasse und auch wachsende Teile der Massen werden das nicht kampflos hinnehmen.

Offenbar trauen die Herrschenden ihrem Zweckoptimismus selbst nicht so recht. Das zeigt der geheime Operationsplan der NATO für den Herbst. Er stellt in Rechnung, dass die kapitalistische Gesellschaftsordnung noch tiefer in die Krise stürzen könnte: „ … es ist klar, dass wir die Widerstandskräfte unserer Gesellschaften stärken, besser für künftige Pandemien planen, unsere kritische Industrie schützen und die Planungen für eine fortlaufende Geschäftstätigkeit verbessern müssen“.3

Die zeitweilige Überlagerung der Vertrauenskrise in die bürgerliche Politik löst sich mehr und mehr auf, Proteste nehmen wieder zu. Das Scheitern des bürgerlichen Krisenmanagements aufzudecken, es anzugreifen und zu entzaubern, ist wichtig. Damit die Massen sich für den harten Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten entscheiden und sich ein neuer Aufschwung im Kampf für den Sozialismus Bahn brechen kann.