Rote Fahne 01/2020

Rote Fahne 01/2020

Gib Antikommunismus keine Chance!

Glaubt man Alexander Dobrindt so gibt es derzeit kein wichtigeres Problem als ein „Mahnmal für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland“

Gib Antikommunismus keine Chance!

Die Welt rast auf eine globale Umweltkatastrophe zu, Flüchtlinge verdursten in der Sahara, Tausende Arbeiterinnen und Arbeiter bangen um ihre Jobs – und eine faschistische Tendenz tritt in Deutschland auf den Plan. Was treibt den ehemaligen CSU-Generalsekretär Dobrindt, sein Heil ausgerechnet im plumpen Antikommunismus zu suchen? Spekuliert er etwa darauf, damit aus seinem Karriereknick rauszukommen? Warum beschließt die Groko, unterstützt von FDP und B90/Grüne, ein solches Mahnmal?

Dieses Mahnmal lassen sich die Abgeordneten einiges kosten. Während sonst für viele wichtige Dinge „die Kassen leer“ sind, wird hier schon alleine für eine Machbarkeitsstudie eine Viertelmillion Euro zur Verfügung gestellt. So beschlossen Mitte Dezember 2019 im Bundestag. Gefragt sei ein zentraler „Gedenkort, der an den Widerstand und an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland erinnert“2.

Zur Begründung ihres Antrags schreiben Dobrindt und seine Co-Autoren, mit dem Mahnmal sollten „zukünftigen Generationen die Gefahren und Folgen totalitärer und diktatorischer Systeme bewusst gemacht werden, um die Wertschätzung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit … zu schärfen“. Anders gesagt: Wie kommt die undankbare junge Generation nur darauf, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit à la BRD nicht mehr wertzuschätzen? Wo Dobrindt beispielsweise als Verkehrsminister jederzeit alles getan hat, die Wertschätzung von Dieselbetrügern in der VW-Konzernzentrale zum Ausdruck zu bringen? Wo er sich doch heroisch ins Zeug gelegt hat, sie vor juristischer Verfolgung – wie in den USA praktiziert – entschieden zu bewahren: gegen den demokratischen Mehrheitswillen der Bevölkerung. Unterdrückung der Meinungen der breiten Masse, Justizbetrügereien, Seilschaften – das sind gemeinhin Merkmale diktatorischen Vorgehens.

Theatralisch beziehen sich die Mahnmal-Förderer auf die Mauertoten in der DDR. Aber ihre angebliche Betroffenheit ist pure Heuchelei. Wenn 140 beklagenswerte Tote in 28 Jahren an der innerdeutschen Grenze3 ihr humanitäres Gewissen so schwer in Wallung bringen, warum betreiben sie dann eine mutwillige Politik, durch die in 13 Jahren 23 000 Personen4 an europäischen Grenzen gestorben sind? Außerdem: Bau, Aufrüstung und Schießbefehle an der Mauer wurden eben nicht von Kommunisten, sondern von entarteten Bürokraten in der DDR – als einem kapitalistischen System neuen Typs – betrieben. Der Sozialismus, wie er von Marx und Lenin entwickelt wurde, wurde von ihnen verraten. Sie entwickelten einen bürokratischen Kapitalismus, wie er vom XX. Parteitag der KPdSU 1956 ausging und auch heute noch im sozialimperialistischen China herrscht.

Eigentliche Zielscheibe der Antikommunisten sind der Sozialismus und seine Leitlinie, die Diktatur des Proletariats. Die nämlich dient dazu, nie wieder die Kriegstreiber, Umweltzerstörer, Ausbeuter und Unterdrücker an die Macht kommen zu lassen. Ebenso Zielscheibe ist der begonnene erfolgreiche sozialistische Aufbau in der DDR – in enger Zusammenarbeit mit der sozialistischen Sowjetunion. Nachdem die Westmächte Deutschland gespalten hatten, gingen die Arbeiter und Bauern unter Initiative der Kommunisten im Osten Deutschlands zur sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft über. Auf die konsequente Entnazifizierung des Staatsapparats folgte eine Enteignung der kapitalistischen Industriebetriebe und der Großgrundbesitzer.

Diese geschichtlichen Tatsachen und vor allem die Lehren daraus für heute will die Groko unter dem Betonsockel ihres antikommunistischen Mahnmals beerdigen. Es ist der empörte Aufschrei der Vertreter der Diktatur der Monopole gegen die Diktatur des Proletariats.

Warum heute?

Aber – warum gerade heute? Das heuchlerische Mahnmal ist nichts anderes als eine Reaktion auf den Sturzflug im Vertrauensverhältnis der Massen zu den Regierenden sowie zu den herkömmlichen bürgerlich-parlamentarischen Institutionen.

Wer heute eine Fridays-for-Future-Demonstration besucht, liest überall die Forderung „System Change, not Climate Change!“. Wo die Gewerkschaftsjugend demonstriert, sieht man Transparente „Keiner mag Kapitalisten“ oder „One Solution – Revolution“. Und wenn der Jugendverband REBELL auftritt, sagt er: „Rebellion ist gerechtfertigt“ – und bekommt dafür wachsende Zustimmung. Dabei beschränkt sich die Vertrauenskrise keineswegs nur auf junge und zukünftige Generationen.

Mit ihrem Mahnmal wollen Dobrindt und Co. in der polarisierten gesellschaftlichen Auseinandersetzung eine Richtungsentscheidung hin zum Sozialismus unterbinden. Es steht für einen zunehmend offen aggressiver auftretenden Antikommunismus.

Die Kommunisten, die revolutionären Arbeiter in Deutschland sind nicht Täter, sondern seit Karl Marx, seit rund 170 Jahren, Opfer kapitalistischer Gewaltherrschaft und Verfolgung. Millionen Arbeiter, Frauen und Kinder verloren auf deutschem Boden infolge von kapitalistischer Überausbeutung, von Hungersnöten, Umweltzerstörung und imperialistischen Kriegen ihr Leben. Sie wurden in ihren heldenhaften Kämpfen, Streiks und revolutionären Bestrebungen in Deutschland mit besonders brutaler Konterrevolution und faschistischer Unterdrückung überzogen.

Parallel zu den Bestrebungen eines antikommunistischen Mahnmals werden von der bürgerlichen Kultur- und Geschichtspolitik die vielen wirklich wertvollen Denkmäler, Erinnerungen und Zeugnisse diskreditiert, geschändet und reaktionär neu ausgerichtet. So will der erklärte Antikommunist und Leiter der Gedenkstätte, Volkhard Knigge, ausgerechnet und unter allen Umständen das Gedenken zum 75. Jahrestag der Selbstbefreiung der KZ-Häftlinge in Buchenwald 2020 dazu nutzen, mit dem „Mythos“ der Selbstbefreiung aufzuräumen. Die Selbstbefreiung ist jedoch historische Wahrheit und könnte nicht symbolkräftiger sein für die heutige Zeit: Unter Führung der „kleinen Internationale“ aus Kommunisten und Antifaschisten im Lager wurde zielstrebig, umsichtig, eisern diszipliniert und mit Todesverachtung die Befreiung vorbereitet und erfolgreich erkämpft.

Die ewiggestrigen Antikommunisten im 21. Jahrhundert

Der Antikommunismus ist eine Reaktion auf die Überlegenheit des wissenschaftlichen Sozialismus und auf die Krise des Kapitalismus und der bürgerlichen Ideologie. Karl Marx deckte die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Krisen auf – mehr noch, er fand den Schlüssel zu ihrer revolutionären Überwindung in einer sozialistischen Gesellschaft. Die Repräsentanten des Kapitalismus sind auch heute, 150 Jahre später, nicht in der Lage zu erklären, warum die Welt seit Mitte 2018 erneut in eine Weltwirtschafts- und Finanzkrise geraten ist. Marx’ Erben – heute in der MLPD – haben wissenschaftlich nachgewiesen, dass die existenzbedrohende Umweltzerstörung heute gesetzmäßig im Kapitalismus auftreten muss – sehenden Auges und mutwillig führen die heute Herrschenden die Menschheit in die globale Umweltkatastrophe.

Der heutige, moderne Antikommunismus „täuscht einen kritischen Standpunkt gegenüber der kapitalistischen Gesellschaft nur vor, um gleichzeitig den Sozialismus zu verunglimpfen“, heißt es im Programm der MLPD. „Mit Zensur und einem ausgeklügelten Medienboykott betreiben die Herrschenden eine Politik der Isolierung gegen die MLPD. Die Hauptträger des modernen Antikommunismus sind in der Regel »linke« Karrieristen. …“5

Auch der heutige Vorsitzende von B90/Grüne, Robert Habeck, hat früher ein Theaterstück über die Novemberrevolution 1918 geschrieben. Heute sagt er: „Ich habe keine Affinität zum Sozialismus. Ich glaube, dass die soziale Marktwirtschaft das überlegene System ist, wenn sie denn funktioniert.“6 Kleine Gegenfrage: Wo hat sich diese „soziale Marktwirtschaft“ denn eigentlich einmal als mehr erwiesen, als eine Lebenslüge des neudeutschen Imperialismus?

Die Essenz der Rechtsentwicklung der Regierung

Wo seine Überzeugungskraft nachlässt, da geht der Antikommunismus verstärkt zur offenen Unterdrückung über. Doch dabei haben die Herrschenden ein Problem: gingen sie heute so offen repressiv vor wie seinerzeit Adenauer, würden sie beispielsweise jede Menge Leute der MLPD ins Gefängnis stecken – eine die MLPD unterstützende Massenbewegung und erst recht eine Massendiskussion über die MLPD wären die Folge.

Deshalb wurde gerade 2019 gegen die entstehende gesamtgesellschaftliche Rolle der MLPD ein gesamtgesellschaftliches Liquidatorentum in Szene gesetzt, als verlängerter Arm der Herrschenden in die sozialen Bewegungen. Mit Intrigen, versuchten Verboten, Tätlichkeiten, Polizeieinsätzen und Pogromstimmung wollten diese Kräfte die MLPD und den Sozialismus aus der Jugendumweltbewegung hinaussäubern. Das Ergebnis mag an manchen Stellen eine Verunsicherung von Jugendlichen gewesen sein. Vor allem aber hat die MLPD ihren festen Platz in allen Bewegungen nicht nur behauptet, sondern ausgebaut. Sie wurde zur erfolgreichen Speerspitze der Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten und konnte dafür auch eine ganze Serie wichtiger Prozesse gewinnen. Im bewussten Fertigwerden mit dem modernen Antikommunismus hat die MLPD den stärksten Mitgliederzuwachs seit Jahren erreicht.

Die Zeit ist reif

Die Sympathie für den Sozialismus/Kommunismus wächst heute wieder weltweit. Millionen Menschen akzeptieren nicht mehr, dass der Kapitalismus das Ende der Geschichte sein soll. Weltweit gab es im letzten Jahr Volksaufstände und Rebellionen. In Deutschland waren fast 4,5 Millionen Menschen auf der Straße für Umweltschutz, demokratische Rechte und Freiheiten, höhere Löhne und vieles mehr. Die desorganisierende, demoralisierende und desorientierende Wirkung des Antikommunismus lässt nach. Die MLPD ist seit ihrer Gründung die wachsende Kraft in Deutschland, die dem kapitalistischen Krisenchaos eine positive Arbeiterpolitik, den wissenschaftlichen Sozialismus und eine Partei neuen Typs gegenüberzustellen hat. Das Gros der Koryphäen und Organisationen der kleinbürgerlichen linken oder gar „ML“-Bewegung ging vor der antikommunistischen Staatsreligion in die Knie. Sie gaben ihre Überzeugungen auf und ließen sich auf systemkonformes Verhalten zurechtbiegen, traten den Marsch durch die Institutionen an und fanden dort ihr warmes Bett.

Die MLPD ist den schwierigeren, aber richtigen Weg gegangen. Das bestätigt indirekt sogar der deutsche Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“, nachdem er 2019 eine Neubewertung der Partei vornahm und 1000 zusätzliche neue Mitglieder gezählt haben will. Besorgt schreibt das Amt unter der Überschrift „Gefährdungspotenzial“ …: „Dogmatische Linksextremisten“, „…, bieten … mit ihren umfangreichen Analysen das Potenzial“, andere „ideologisch zu inspirieren.“7 Das zielt klar auf die theoretische Arbeit der MLPD, die in der Linken einzigartig ist und weltweit ihresgleichen sucht. Mit der Schriftreihe Revolutionärer Weg hat sie tatsächlich größte Inspirationskraft.

Gib Antikommunismus keine Chance!

In diesem Sinne hat die MLPD vor Kurzem beschlossen, eine Bewegung „Gib Antikommunismus keine Chance!“ zu fördern und zu stärken. Der Antikommunismus, genauso wie der Kapitalismus, erledigt sich nicht von selbst. Doch in bewusster Auseinandersetzung, in taktischen Offensiven, einer angriffslustigen Polemik musste der Antikommunismus in seiner Geschichte schon viele Niederlagen einstecken.

Die Ideen des viel gehassten Karl Marx haben einen Siegeszug um die Welt angetreten. Jeder dritte Erdbürger lebte in den 1950er-Jahren in sozialistischen Ländern, bevor der Sozialismus nach Jahrzehnten erfolgreichen Aufbaus von innen heraus verraten und zerstört wurde. Das sind unschätzbare Erfahrungen für einen neuen sozialistischen Anlauf.

Auch in Deutschland war das vergangene Jahr nicht besonders erfolgreich für den Antikommunismus.

Die Gedenkstätten-Leitung um den Linkspartei-Staatsekretär Benjamin-Immanuel Hoff wollte ein Gedenken der MLPD an den 75. Jahrestag der Ermordung des KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann im Konzentrationslager Buchenwald verhindern. Sie erlebte eine peinliche Niederlage, und der Fall weckte bundesweites Medieninteresse und breite Zustimmung aus der Bevölkerung.

Die größte Schlappe für die Antikommunisten heute ist zweifelsohne die zunehmende Massendiskussion über den Sozialismus/Kommunismus auf der ganzen Welt. Besorgt schreibt die Zeit, dass sogar in den USA „ein roter Geist erwacht. … Der Antikommunismus war jahrzehntelang sakrosankt, er bildete das Dogma des US-amerikanischen Selbstverständnisses. Doch es scheint sich etwas zu verändern …“8 In der Tat!

Für die Debatte über den Sozialismus fordert die MLPD freien Zugang zu den Massenmedien für Marxisten-Leninisten und alle fortschrittlichen Kräfte! Wie unendlich viel spannender als Frank Plasbergs stereotypes „Hart aber fair“ wären wirklich kontroverse Talkshows über kapitalistische und sozialistische Wirtschafts- oder Umweltpolitik, über die Lösung heutiger Menschheitsfragen oder über die Bewertung von Karl Marx und Josef Stalin. Doch diktatorisch wird ein wirklicher Meinungsstreit darüber unterbunden.

Wer heute nach Freiheit für die Werktätigen, Einheit von Mensch und Natur, Weltfrieden, Befreiung der Frau und Gleichberechtigung der Völker der Welt strebt, der ist bei der kommunistischen Freiheitsideologie richtig. Wer eine Zukunft für die Menschheit auf diesem Planeten will, der muss sich freimachen vom Antikommunismus in all seinen Schattierungen.

Deutschland braucht kein Mahnmal gegen den Kommunismus, sondern Aktivität für seine vergangenen und künftigen Errungenschaften. Das beste „Denk mal“ ist dabei die Mitarbeit in der revolutionären kommunistischen Partei, der MLPD.