Landtagswahl Thüringen

Landtagswahl Thüringen

Polarisierung verschärft - Debakel für Groko - Erfolgreiche taktische Offensive der MLPD für echten Sozialismus

Die Landtagswahlen in Thüringen standen im Zeichen einer verschärften gesellschaftlichen Polarisierung. Der größte Verlierer ist die große Koalition, die in Berlin regiert. Die MLPD hat eine erfolgreiche taktische Offensive für den echten Sozialismus und gegen den modernen Antikommunismus durchgeführt.

Polarisierung verschärft - Debakel für Groko - Erfolgreiche taktische Offensive der MLPD für echten Sozialismus
Jugendkonzert am 26. Oktober als Wahlkampfabschluß in Erfurt (Foto: RF)

Es gelang, die Kräfte des Internationalistischen Bündnisses zu stärken und die der Partei in Thüringen zu vervielfachen. Die internationalistische Liste / MLPD gewann 3708 Erst- und 2944 Zweitstimmen. Ein positiver Trend, aber unter der Bedingung der bürgerlichen Wahlmanipulation noch kein qualitativer Durchbruch.

Die Wahlbeteiligung stieg bei der Wahl in Thüringen von 52,7 auf 64,9 Prozent, was eine gewachsende Politisierung unter den Massen zeigt. Hauptmerkmal der Landtagswahl ist eine verschärfte Polarisierung. Die Linkspartei mit Bodo Ramelow als Ministerpräsident gewann 78.311 Stimmen absolut hinzu (+2,8 Prozentpunkte) und kam auf 31 Prozent. Sie wurde erstmals bei einer Landtagswahl stärkste Partei.

Viele wählten taktisch

Viele wählten „taktisch“ die Linkspartei, um zu verhindern, dass die AfD parlamentarisch stärkste Kraft wird. Die AfD gewann am stärksten hinzu. Das zeigt, dass die sozialfaschistische Demagogie des AfD „Flügels“ noch besser und massenwirksam entlarvt werden muss. Die unter vielen Wählern als „links“ geltenden Parteien sind jedoch insgesamt erheblich stärker als die AfD. Hier wirkte sich der fortschrittliche Stimmungsumschwung unter den Massen aus.

In bürgerlichen Medien wird das als Riesen-Sieg für Bodo Ramelow gedeutet. Dabei sitzt er mit der Linkspartei nun in der Zwickmühle. Denn die bisherige Koalition Linkspartei/SPD/Grüne hat im Landtag keine Mehrheit mehr. Es steht noch in den Sternen, wie in Thüringen eine Landesregierung gebildet werden soll, geschweige denn, eine stabile. Ramelow wäre als Ministerpräsident auf eine Koalition oder zumindest Tolerierung durch die FDP oder die CDU angewiesen, also auf zwei offen reaktionäre Parteien. Die Internationalistische Liste / MLPD hatte zur Ramelow-Regierung schon im Wahlkampf treffend plakatiert: „Links blinken, recht abbiegen.“ Zu einer noch offeneren Monopolpolitik wird die Massenbasis der Linkspartei zunehmend in Widerspruch geraten.

Debakel für die Große Koalition in Berlin

Für die Große Koalition ist die Wahl ein Debakel. Die CDU ist der größte Wahlverlierer (-11,7 Prozentpunkte). Auch die SPD verlor deutlich an Prozentpunkten (-4,2). Zusammen verloren beide - trotz höherer Wahlbeteiligung - absolut fast 100.000 Wählerinnen und Wähler. Es ist damit offen in Frage gestellt, ob die Bundesregierung so weiter machen kann, oder in absehbarer Zeit zerbricht.

Die beiden Regierungsparteien SPD und CDU haben in Thüringen zusammen nicht einmal 20 Prozent der Stimmen der Wahlberechtigten. Der parlamentarische Aufschwung der Grünen bei Wahlen setzte sich hier nicht fort, im Gegenteil, sie verloren prozentual sogar (-0,5 Prozentpunkte). Die Grünen konnten augenscheinlich die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Sie sind ein Hauptbefürworter einer Politik, die die Massen mit einer (noch höheren) CO2- Steuer schröpfen will. Die bisher prägenden bürgerlichen Monopolparteien (CDU, SPD, FDP und GRÜNE) kommen zusammen auf gerade mal auf 25 Prozent der Wahlberechtigten. Hier deuten sich weitreichende Veränderungen im bürgerlichen Parteienspektrum an.

Die latente politische Krise hat sich verschärft. Vor dem Hintergrund der begonnenen Überproduktionskrise in Deutschland werden sich die gesellschaftlichen Verhältnisse weiter destabilisieren.

Antifaschistischer Kampf gewinnt an Bedeutung

Die faschistoide AfD hat ihren Stimmenanteil gegenüber der letzten Thüringenwahl mehr als verdoppelt auf 24,4 Prozent (plus 13 Prozentpunkte). Sie konnte vor allem ehemalige Nichtwähler gewinnen (77.000). Außerdem gewann sie rund 36.000 Stimmen von der CDU. Die sozialfaschistische Demagogie der AfD unter dem Faschisten Björn Höcke zeigte unter einem ernstzunehmenden Teil der Massen Wirkung. Es war ein Markenzeichen der Internationalistischen Liste / MLPD, dies zu entlarven und anzugreifen. Das muss aber künftig noch besser entwickelt werden.

Die NPD als offen faschistische Partei verlor bei den Zweitstimmen von 3,6 Prozent (2014) auf 0,5 Prozent (2019). Der antifaschistische Kampf und der Kampf gegen die Rechtsentwicklung der Regierung und der bürgerlichen Parteien wird in Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen. Umso wichtiger, dass sich das Internationalistische Bündnis durch hunderte neue Unterstützer und neue kurdische und palästinensische Mitstreiterinnen und Mitstreiter stärken konnte.

MLPD hat viel geleistet

Die MLPD hat in der taktischen Offensive für den echten Sozialismus und gegen den modernen Antikommunismus in Verbindung mit der Landtagswahl sehr viel geleistet. Die Internationalistische Liste / MLPD hat einen bewusstseinsbildenden Wahlkampf geführt, der sich mit seiner revolutionären Grundlinie positiv abhob. Das sozialistische Profil des echten Sozialismus stieß auf unzählige angeregte, oft auch kontroverse Diskussionen und zugleich wachsende Offenheit. Das hat seine Grundlage in der Suche der Massen nach einer gesellschaftlichen Alternative auf dem Boden einer kapitalismuskritischen Tendenz im fortschrittlichen Stimmungsumschwung unter der Arbeiterklasse und den Massen.

Die MLPD wuchs weiter in ihre gesamtgesellschaftliche Rolle hinein und gewann an Stolz und Selbstbewusstsein. War die MLPD vor etwa einem Jahr erst in drei Orten in Thüringen vertreten, gibt es inzwischen in 20 Orten Gruppen oder Stützpunkte - mit steigender Tendenz. Der REBELL Thüringen vervierfachte sich fast. Es gibt hunderte Kontakte und Interessenten. Das große Potential für den Aufbau der MLPD gilt es in den nächsten Wochen voll auszuschöpfen.

Die internationalistische Liste / MLPD hat den aktivsten, lebendigsten und kulturvollsten Wahlkampf geführt. Sie war im Straßenwahlkampf in vielen Städten, aber auch kleineren Orten, unübersehbar. Mit einer flächendeckenden Plakatierung machte sie auf sich aufmerksam und erreichte mit 63 Kundgebungen Tausende Menschen. Als besonders wirksam erwiesen sich Straßenumzüge und überhaupt die vielfältige mündliche Agitation im Kampf um jede Stimme. Herzlichen Glückwunsch an alle Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer der Internationalistischen Liste / MLPD!

Bestes Stimmergebnis seit 2005

Die Internationalistische Liste/MLPD erreichte 2944 Zweitstimmen (262 Stimmen auf 100 000 Wähler). Das ist auf Thüringen bezogen (bis auf die Bundestagswahl 2005) das beste Ergebnis. Im Vergleich auf Stimmen pro 100.000 Wähler bedeutet das:

  • gegenüber der EU-Wahl 44 Prozent mehr Stimmen
  • gegenüber der Bundestagswahl 2017 25 Prozent mehr Stimmen
  • gegenüber der Bundestagswahl 2013 46 Prozent mehr Stimmen
  • gegenüber der Bundestagswahl 2009 38 Prozent mehr Stimmen
  • gegenüber der Bundestagswahl 2005 30,6 Prozent weniger Stimmen


2005 war die Besonderheit, dass bei den Neuwahlen zum Bundestag nur wenige Parteien, die nicht im Bundestag sind, in der Lage waren, bundesweit mit Landeslisten anzutreten. Sie fand statt in einer offenen politischen Krise (mit bundesweiten Montagsdemos und konzernweite Streiks). Die Stimmen diesmal sind bewusster und wurden besonders gegen den modernen und den offen reaktionären Antikommunismus erkämpft.


Als noch nicht überwundenes Problem zeichnet sich ab, dass kleinbürgerlich-parlamentarische Denkmuster nach wie vor tief sitzen. Vor diesem Hintergrund führte die Inszenierung des Kopf-an-Kopf-Rennens zwischen Linkspartei und AfD, wer stärkste Kraft wird, in den Tagen vor der Wahl dazu, dass die Massen oftmals parlamentarisch-taktisch gewählt haben. Die Hürde der kleinbürgerlich-parlamentarischen Denkweise konnte mit dem Wahlergebnis noch nicht genommen werden. Es gilt, künftig den bürgerlichen Parlamentarismus und seine Untauglichkeit zur Lösung der Probleme der Massen noch stärker anzugreifen und die undemokratischen Wahlbehinderungen aufzudecken.

Die MLPD hat im Zeitraum dieses Wahlkampfes wichtige gesellschaftliche Trends gesetzt: die kapitalismuskritische Tendenz in den Jugendumweltprotesten FFF gestärkt, im konsequenten antifaschistische Kampf, in der Führung von Arbeiterkämpfen, als einzige Partei eng und vorbehaltlos vereint mit dem kurdischen Befreiungskampf. Ihrer wachsenden gesellschaftliche Rolle entspricht das Wahlergebnis noch nicht: von vielen Menschen wird die MLPD zunehmend respektiert, geschätzt und ihre revolutionäre Arbeit begrüßt - aber (noch) nicht unbedingt als „Wahlpartei“ gesehen.

Wir haben in diesem Wahlkampf die Weichen für die Zukunft gestellt

Tassilo Timm

Tassilo Timm, der Landesvorsitzender der MLPD und einer der Spitzenkandidaten, erklärte gegenüber Rote Fahne News:

"Wir haben in diesem Wahlkampf die Weichen für die Zukunft gestellt", unsere Organisation aufgebaut, Bewusstseinsbildung betrieben, über den echten Sozialismus, wie ihn Marx und Lenin wollten, gesprochen; mit vielen haben wir die Erfahrungen der DDR noch einmal neu verarbeitet und über die Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems diskutiert", so der 33jährige Gleisbauer. "Jetzt wollen wir die nächsten Wochen nutzen, um die Strukturen zu festigen, weitere Mitglieder zu gewinnen und damit den Sieg zu sichern."