Europawahl

Europawahl

Erfolgreiche Pionierarbeit der Internationalistischen Liste / MLPD

Bereits mit der Vertagung des Brexit-Beschlusses vor einigen Wochen brach die Krise des imperialistischen Staatenbündnisses EU offen aus. Die Hoffnung in Brüssel, mit der Europawahl einen Schritt aus der Krise zu kommen, platzte gestern an den Urnen der Europawahl. Die MLPD ist dagegen ausgesprochen zufrieden mit dem Wahlergebnis, gemessen an ihren Zielen, und auch mit ihren Stimmen.

Erfolgreiche Pionierarbeit der Internationalistischen Liste / MLPD
Lisa Gärtner und Erhan Aktürk (Foto: RF)

Die Europawahl 2019 fand in einer speziellen Situation statt. Gegen das Aufkommen offen nationalistischer, rassistischer und faschistoider Parteien und angesichts der europaweiten Rechtsentwicklung der Regierungen fühlen sich Millionen Menschen herausgefordert. Die Politisierung, aber auch die gesellschaftliche Polarisierung entfaltete sich. Im Zuge dessen stieg die Wahlbeteiligung in Deutschland um 29 Prozent auf 62 Prozent.

Von den etablierten Parteien und vielen anderen bürgerlichen und kleinbürgerlichen Organisationen wurde die EU im Gegensatz zur offen aggressiven Trump- oder Erdogan-Regierung als vermeintlich friedliches Gegenstück propagiert. Die Internationalistische Liste / MLPD hatte mit ihrem Slogan „Rebellion gegen die imperialistische EU“ ein klares Alleinstellungsmerkmal - entgegen dem Mainstream, die EU zum humanitären Fortschrittsprojekt zu erklären. Die MLPD hält - gerade für zukünftig zu erwartende Auseinandersetzungen - die Aufklärungsarbeit über den imperialistischen Charakter der EU für dringend geboten und konzentrierte sich in diesem Sinne auf eine bewusstseinsbildende Aufbauarbeit.

Damit leistete die MLPD erfolgreiche Pionierarbeit. „Wir haben sehr gut deutlich gemacht, wie man von links die imperialistische EU und die Rechtsentwicklung der Regierung und der bürgerlichen Parteien kritisieren muss", so Gabi Fechtner, die Vorsitzende der MLPD. Und weiter: "Dass es keine Kritik von rechts ist, wenn wir die EU vom Standpunkt der Interessen der breiten Massen kritisieren und infrage stellen. Wir haben auch gut deutlich gemacht, dass die Werte, die viele Leute richtig finden und teils fälschlicherweise mit der EU verbinden – Solidarität, Frieden, Zusammenhalt, Internationalismus – von uns verkörpert werden.“

MLPD gewinnt Zuspruch

Die Internationalistische Liste/MLPD organisierte in nur zwei Wochen eine konzentrierte, sehr engagierte und wirksame Wahlkampagne. Sie führte über 90 größere Kundgebung durch, hängte 90.000 Plakate auf. Sie legte dabei größten Wert auf Bewusstseinsbildung und die Organisierung der Menschen. Es ist einer der größten Erfolge, dass 500 neue Kontakte für das Internationalistische Bündnis gewonnen werden konnten.

Die MLPD, ihr Jugendverband REBELL und andere der inzwischen 37 Organisationen des Bündnisses gewannen neue Mitglieder. Besonders das Band mit dem kurdischen und palästinensischen Befreiungskampf festigte sich und wird seine strategische Bedeutung erst noch weiter entfalten.

Gabi Fechtner weiter: „Wir haben Bewusstseinsbildung betrieben, was Imperialismus heißt und was die Rechtsentwicklung der Regierung bedeutet – und wie man das auch in einer organisierten Zusammenarbeit bekämpfen kann. Wir haben gut unsere gesellschaftliche Alternative der Befreiung von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung, die sozialistische Alternative, in die Diskussion bringen können. Entsprechend sind wir mit der Verwirklichung unserer Ziele in diesem Wahlkampf sehr zufrieden.“

Die Internationalistische Liste / MLPD erhielt 18.340 Stimmen, etwas mehr als bei der letzten Europawahl, bei der die MLPD 18.198 Stimmen bekam. Damals dauerte ihre Wahlkampagne fast doppelt so lang, und es kandidierten nur 25 statt wie jetzt 41 Parteien. Vor allem erhielt die Internationalistische Liste / MLPD sehr bewusste Stimmen, die meistens in enger Verbindung mit der Kleinarbeit standen. Besonders viele Sympathien gewann sie unter Jugendlichen, Flüchtlingen und Migranten ohne deutschen Pass, was im Stimmergebnis naturgemäß nicht zum Ausdruck kommt.

Zuwachs Stimme für Stimme erkämpft

Ein kleiner Zuwachs - Stimme um Stimme erkämpft - gegen die weiter gegen die MLPD wirkende Medienzensur. Die DKP verlor dagegen knapp 20 Prozent ihrer Stimmen. Die trotzkistische SGP² verlor über 40 Prozent. Die Linkspartei, die jede konsequente Kritik an der EU aus ihrem Programm gestrichen hat, verlor über 25 Prozent ihrer Stimmen und erreichte nur 5,5 Prozent. Wo Parteien mit einem fortschrittlichen Anspruch Medienpräsenz erhielten wie "Die Partei" oder VOLT, konnten sie Stimmen gewinnen - beide ziehen auch mit zwei bzw. einem Sitz ins Europaparlament ein.

Wir haben unsere Stimmen gegen eine antikommunistische Totschweigepolitk der Medien und faktische Zensur uns gegenüber in den bundesweiten Printmedien und im Fernsehen erkämpft

Lisa Gärtner

„Sehr erfreulich ist, dass wir besonders in Thüringen zulegen konnten, wo wir unsere Kräfte zur kommenden Landtagswahl konzentrieren", so Lisa Gärtner. "Dort erhielten wir 194 Stimmen auf 100.000 Wähler, mehr als bei der letzten Europawahl, sogar mehr als bei der letzten Bundestagswahl (145). Wir werden den Schwung dieser Wahlkampagne jetzt mitnehmen in eine breite Mobilisierung für das Pfingstjugendtreffen in Truckenthal.“

Das Spitzenteam mit Lisa Gärtner, Peter Weispfenning und Erhan Aktürk war ein Trumpf in diesem Wahlkampf; so wie die anderen 17 Kandidatinnen und Kandidaten aus der Arbeiter-, Bauern-, Frauen-, Jugend-, Umwelt- und Volksbewegung. Erstmals wurde auch auf Twitter breiter über die MLPD diskutiert. Auf die Frage: "Für wen hast du dein Kreuz gemacht", antwortet ein Tweet: "Für die MLPD. Mir war zwar klar, dass es wahrscheinlich keinen Einzug geben wird, aber man wählt ja auch aus Überzeugung."

Genau, aber anders als dieser Wähler konnten sich viele, die die MLPD eigentlich gut finden, aus verschiedenen pragmatischen und taktischen Gründen und unter dem Einfluss des modernen Antikommunismus doch noch nicht durchringen, ihr Kreuz bei der Internationalistischen Liste / MLPD zu machen.

EU-Krise vertieft

Mit der Europawahl konnten die Herrschenden keines ihrer Probleme lösen. Die Sozialdemokratie und die EVP büßten ihre Mehrheit im Europaparlament ein. „Erdrutschartige Verluste für die selbst ernannten Volksparteien sind ein hervorstechendes Merkmal dieser Europawahlen“, so Peter Weispfenning. Mit den Wahlen hat sich die offene Krise der EU nicht gelöst, sondern eher noch vertieft.“

In Deutschland kommen CDU/CSU und SPD nur noch auf 44,7 Prozent. Sie haben 28 Prozent verloren, im Vergleich zu den letzten Europawahlen. „Sie stecken in einer tiefen, nachhaltigen Vertrauenskrise. Die SPD schickt sich an, erneut in eine offene Parteienkrise zu taumeln“, so Peter Weispfenning weiter. Sie erhielt gerade noch 15,8 Prozent, ein Minus von 41,8 Prozent. „Das ist die völlig berechtigte Quittung für die Rechtsentwicklung der Regierung und der bürgerlichen Parteien“, meint Lisa Gärtner.

Bisher bestand eine faktische große Koalition im europäischen Parlament aus der sozialdemokratischen Fraktion (mit der SPD) und der konservativen bis offen reaktionären EVP-Fraktion (mit CDU/CSU). Diese faktische große Koalition ist seit gestern Geschichte. Beide Fraktionen verfügen auch zusammen nicht mehr über eine Mehrheit im Parlament.

SPD vor offener Parteienkrise?

Symbolträchtig für diesen Einbruch steht die schallende Ohrfeige, die die große Koalition in Deutschland gestern erhielt. Die SPD hatte nach der Bundestagswahl eigens ihr Spitzenpersonal ausgetauscht. Mit einer lancierten Enteignungsdebatte ihres Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert hatte sie versucht, sich an die wachsende Kapitalismus-Kritik und Offenheit für den Sozialismus anzuhängen.

All das hat nichts genutzt. Um 23 Prozent ging ihr Stimmenanteil gegenüber der Bundestagswahl zurück. Gegenüber der letzten Europawahl sogar um 42 Prozent. Mit knapp 16 Prozent liegt sie weit hinter den Grünen nur noch auf dem dritten Platz. Von allen sozialdemokratischen Parteien in Europa verlor sie am meisten Stimmen. Schon wetzen ehemalige Spitzenfunktionäre wie Sigmar Gabriel oder Martin Schulz die Messer, um Andrea Nahles zu stürzen - eine erneute offene Parteienkrise droht, nur Monate nach der letzten.

Grüne profitieren von erwachendem Umweltbewusstsein

Am meisten konnten die Grünen vom erwachendem Umweltbewusstsein unter den Massen und dem Linkstrend profitieren. Sie haben ihr Stimmergebnis auf 20,5 Prozent fast verdoppelt. Von der Motivation der Wählerinnen und Wähler her bringt das eine Festigung des fortschrittlichen Stimmungsumschwungs zum Ausdruck.

„Hier werden allerdings viele Menschen künftig noch herbe Enttäuschungen erleben, denn die Grünen haben in Wahrheit längst den Umweltschutz den Profitinteressen der Konzerne untergeordnet, wie im Fall Kohle-'Kompromiss' oder Hambacher Wald“, so Lisa Gärtner. „Wir fördern es dagegen aktiv, dass man heute einen konsequenten und gesellschaftsverändernden Umweltkampf auf Kosten der Profite führen muss, wenn man die globale Umweltkatastrophe abwenden will.“

Die MLPD trägt mit ihrem Buch "Katastrophenalarm! ..." seit Jahren zu diesem wachsenden Umweltbewusstsein bei. In vielen sozialen Medien freuten sich die Menschen über den Erfolg der Grünen. Aber verbunden mit der Forderung: "Die müssen jetzt auch liefern!" Unter den unter 25-jährigen Wählern erhielten die Grünen mit 33 Prozent die meisten Stimmen. Deren Geduld ist angesichts der drohenden Umweltkatastrophe aber auch am geringsten.

Trend zu kleineren Parteien

Die Umweltgruppen der MLPD werden wo immer möglich mit den Grünen, aber auch anderen bei der Europawahl erfolgreichen Parteien aus dem Umwelt- und Tierschutz im Umweltkampf zusammenarbeiten. Sie erhielten über 1,2 Millionen Stimmen³ und ziehen in Form der ÖDP sowie der Tierschutzpartei auch ins Europaparlament ein.

13 Prozent der Wähler haben sogenannte kleinere Parteien gewählt, deren Einzug ins Europaparlament in der Regel auch Ausdruck des fortschrittlichen Stimmungsumschwungs ist. Allein aus Deutschland ziehen 14 Parteien ins EU-Parlament ein, was die politische Labilität erhöhen wird.

Alle fortschrittlichen Kräfte müssen ihre antifaschistische und antirassistische Aufklärungsarbeit intensivieren

Peter Weispfenning

Die ultrareaktionäre, faschistoide AfD erzielte 11 Prozent, und gewann 3,9 Prozentpunkte dazu. Sie liegt damit aber unter dem Ergebnis der Bundestagswahl und scheiterte erst recht gegenüber ihrem Ziel, 20 Prozent zu erreichen. Die offen faschistischen Parteien bekam diesmal insgesamt 0,4 Prozent, im Vergleich zu 1,2 Prozent 2014.

Dieser Niedergang ist begrüßenswert, aber regional konnten sie zum Beispiel bei Kommunalwahlen ernstzunehmende Ergebnisse erzielen. Peter Weispfenning meint dazu: „Die ultrareaktionären, faschistoiden Parteien in der EU haben sich etabliert. Auch wenn ihre Blütenträume nicht in den Himmel wachsen, ist diese Entwicklung äußerst ernst zu nehmen. Alle fortschrittlichen Kräfte müssen ihre antifaschistische und antirassistische Aufklärungsarbeit intensivieren.“

Die Kandidatinnen und Kandidaten der Internationalistischen Liste / MLPD und viele Hunderte selbstlose und ehrenamtliche Wahlhelferinnen und Wahlhelfer entzauberten den Nimbus der AfD als Protestpartei. Noch am Wahlabend erklärte ein sichtlich enttäuschter Jörg Meuthen (AfD), die AfD ziehe jetzt nach Brüssel, um "die EU zu reparieren". Von wegen Kritik an der EU vonseiten der AfD.

Schöne Feiern und neue Ziele

Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD und selbst Kandidatin, gratulierte und dankte in Essen „allen, die hier mitgewirkt haben, ganz herzlich zu diesem wirklich sehr kämpferischen und engagierten Wahlkampf".

So wie auf dieser Wahlparty wurde auch an vielen anderen Orten der erfolgreiche Wahlkampf gefeiert, wurden neue Mitglieder begrüßt, Spenden gesammelt und weitere Aufbauziele vorgestellt. In knapp zwei Wochen findet das 19. Internationale Pfingstjugendtreffen in Thüringen statt. Beste Gelegenheit, weiterzufeiern und die Erfahrungen auszutauschen.