Umverteilung
Rentner in der Steuerfalle – immer weniger Netto vom Brutto
„Die Rente ist sicher“ - dieses irreführende Versprechen des früheren Arbeits- und Sozialministers Norbert Blüm (CDU) aus Bonner Regierungszeiten gilt schon lange nicht mehr.
Jüngste Erhebungen belegen, dass in Deutschland inzwischen jede fünfte Rentnerin und jeder fünfte Rentner von Armut bedroht ist. Aber auch für jene, die bislang noch einigermaßen über die Runden gekommen sind, wird es immer schwieriger: Unter anderem dank des Alterseinkünftegesetzes von 2005.
Seitdem gibt es eine Steuerpflicht für Rentnerinnen und Rentner und zwar in Jahresschritten ansteigend. Derzeit werden 78 Prozent der Rente besteuert, 2040 werden es 100 Prozent sein. Das ist ein Instrument der Umverteilung des Nationaleinkommens zu Lasten der breiten Massen und zu Gunsten des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals, welche von den Regierungen in Bund und Ländern vorangetrieben wird.
Jeder zehnte Euro Einkommensteuer von Rentnern
Das Bundesfinanzministerium antwortete nun auf eine kleine Anfrage des FDP-Steuerexperten Frank Schäffler, dass 2014 (neuere statistische Werte gibt es nicht) die rund 4,4 Millionen Rentnerinnen und Rentner bereits rund 33 Milliarden Euro an Einkommensteuer gezahlt haben; 2011 waren es noch 6 Milliarden weniger. Inzwischen kommt jeder zehnte Euro Einkommensteuer von einer Rentnerin oder einem Rentner.
Die gut drei Prozent Rentenerhöhung ab 1. Juli 2019 werden die Lage nicht wesentlich verbessern. Für voraussichtlich 48.000 Rentnerinnen und Rentner führt sie dieses Jahr dazu, dass sie über das steuerfreie Existenzminimum kommen und so erstmals mit Einkommensteuer belastet werden.
Kein Handlungsbedarf?
Das Bundesfinanzministerium wird sich 2019 über 410 Millionen Steuermehreinnahmen durch die Rentensteuer freuen können. Die FDP gibt sich alarmiert, Union und SPD sehen „keinen Handlungsbedarf“. Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die Besteuerung von Altersrenten für verfassungskonform. Das wurde in mehreren Urteilen bestätigt.
Begründet wurde und wird die Einführung der Rentenbesteuerung von den Monopolpolitikern unter anderem damit, dass die Steuerbelastung durch den schrittweisen Wegfall der Besteuerung von Rentenbeiträgen unter dem Strich sogar geringer sei.
Besteuert werden oft Zuverdienste
Doch ist die Kaufkraft der Rentnerinnen und Rentner im Durchschnitt ohnehin geringer als die der noch im Arbeitsleben stehenden Werktätigen. Und besteuert werden nicht zuletzt vor allem Zuverdienste zur ohnehin kärglichen Rente.
Laut einer Studie des Finanzmathematikers Werner Siepe und des Steuerberaters Günter Siepe im Auftrag des ARD-Magazins "Plusminus" wird es zudem in den kommenden Jahren bei immer mehr Neurentnern zu einer doppelten Besteuerung von kommen. Demnach könne es sein, dass ein Durchschnittsverdiener mit statistischer Lebenserwartung im Laufe seines Rentnerdaseins bis zu 9.000 Euro zu viel an Steuern zahlt.1
Umgang mit Älteren Indikator für Menschenbild einer Gesellschaft
Im Rentenkonzept der MLPD, das in Kürze veröffentlicht wird, heißt es zu den gesellschaftlichen Ursachen dieser Politik: "Genauso wie der Umgang mit der Jugend ist auch der Umgang mit Älteren Indikator für das Menschenbild eines Gesellschaftssystems. Für das kapitalistische Gesellschaftssystem zählt der Mensch nur insoweit, als seine Arbeitskraft ausgebeutet werden kann. Schon Karl Marx wies darauf hin, dass der Arbeiter die 'freie Zeit' während seines Berufslebens - sprich kürzere Wochenarbeitszeit und die Lebensarbeitszeit - stets den Kapitalisten abringen muss." Das gilt auch für die Höhe der Rentenzahlungen, die faktisch Lohnbestandteil sind."
Die MLPD fordert im Rentenkonzept unter anderem: Herabsetzung des Rentenalters auf 60 Jahre für Männer und 55 Jahre für Frauen sowie für Schicht- und Schwerarbeiter – bei vollem Rentenausgleich! Erhöhung des Rentenniveaus auf 70 Prozent des Nettoverdienstes!2 Keine Besteuerung von Rentenbezügen! Volle Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch die Kapitalisten in Form einer umsatzbezogenen Unternehmenssteuer von gegenwärtig etwa 8 Prozent!
Wie will stattdessen der „alarmierte“ FDP-Steuerexperte Frank Schaeffler den Rentnern helfen? Er forderte, der Staat müsse wegen der Nullzins-Politik der europäischen Zentralbank stärkere Anreize zur Vermögenspolitik schaffen. So sollen unter anderem Aktiengewinne nach fünf Jahren steuerfrei vereinnahmt werden können.3 Dieser Vorschlag ist ein Schlag ins Gesicht der Mehrzahl der Rentnerinnen und Rentner. Wer von ihnen verfügt schon über Aktienbesitz?
Es ist Zeit für neue Politiker
Lisa Gärtner, Spitzenkandidatin der Internationalistischen Liste / MLPD zur Europawahl
Lisa Gärtner dagegen, eine der Spitzenkandidaten der Internationalistischen Liste / MLPD, tritt am 26. Mai zur Europawahl unter der Losung „Politik für Arbeiter statt für Milliardäre“ an. Sie schreibt über die Werte der EU: „Doch was sind das für Werte? In der Realität handeln die Mächtigen in Deutschland und der EU im Sinne von Profitgier, Konkurrenzkampf, Selbstbereicherung, Ausbeutung und Unterdrückung.
Die Folge ist, dass jeder sechste Arbeiter in Europa zum Niedriglohn arbeitet, dass die EU Programme zur Rentenkürzung und Privatisierung des Gesundheitswesens fördert. … Die EU sowie europäische Regierungen entwickeln sich immer weiter nach rechts. Berechtigt regt sich deshalb europaweit Protest! Es ist Zeit für neue Politiker.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Hier gibt es mehr Informationen über die Internationalistische Liste / MLPD
¹ focus.de, 12.5.2016
2 Gegenwärtig liegt das Höchstniveau der Rente faktisch bei etwa 2.900 Euro
3 mdr-aktuell, 24.4.2019