Jahrestag
Von den Erfahrungen der Anti-AKW-Bewegung lernen
Heute vor acht Jahren, am 11. März 2011, führten ein Erdbeben und der dadurch ausgelöste Tsunami in Japan zu einem Super-GAU im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi.
Der Ausfall der Kühlung in dem durch Erdbeben und Tsunami havarierten AKW leitete eine Kernschmelze in drei Reaktorblöcken ein, die bis heute nicht gestoppt werden konnte. Arbeiter und Angestellte setzen täglich ihr Leben ein, um noch Schlimmeres zu verhindern.
Der Mut der „Fukushima-50“ verhinderte, dass es zu einer noch großräumigeren Verstrahlung Japans und der ganzen Welt kam. Sie handelten entgegen der Anweisung der Firmenleitung des Strommonopols Tepco, das Kraftwerksgelände der Firma zu verlassen, und leiteten erste Notfallmaßnahmen ein. 4.260 Arbeiter und Angestellte riskieren heute noch täglich ihr Leben beim Rückbau des AKW.
Atomkraft ist nicht beherrschbar
Stefan Engel
Die japanische Regierung behauptet seit 2011, sie hätte die Katastrophe im Griff. Aber weder ist es bis heute gelungen, die strahlende Atomruine komplett vom Grundwasser und der Außenluft abzuschotten, noch konnte verhindern werden, dass weiterhin Millionen Tonnen radioaktives Kühl- und Grundwasser über den Pazifik in die Weltmeere gelangt. Auch für die gigantische Menge des anfallenden Atommülls gibt es keine Lösung. All das trotz einem riesigen technischen Aufwand und gigantischer Kosten, die auf die Gesellschaft abgewälzt werden.
„Atomkraft ist nicht beherrschbar“, analysiert Stefan Engel treffend in seinem Buch „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“
Bevölkerung leidet unter den Folgen
Bis zu 66.000 zusätzliche Krebserkrankungen, die Hälfte davon mit tödlichem Ausgang, sind zu erwarten. Schilddrüsenkrebs tritt bei Kindern aus der Region 26-mal häufiger auf. Mit Streichung staatlicher Unterstützung für die Notunterbringung und "schweren Menschenrechtsverletzungen" einschließlich dem Einsatz von Gewalt will die Regierung Geflüchtete zur Rückkehr zwingen.
Trotz unzähliger Warnungen der Umweltbewegung und von verantwortungsbewussten Wissenschaftlern halten imperialistische Politiker und Energiekonzerne an der Atomkraft als tödlicher Gefahr für die Menschheit fest.
"Brückentechnologie"?
Zu den Triebkräften deckt das Buch "Katastrophenalarm!" auf: „Die Atomindustrie ist in den Händen einiger weniger internationaler Übermonopole konzentriert ... Die deutsche Regierung redet scheinheilig vom 'Atomausstieg' und sichert gleichzeitig durch Bürgschaften die Auslandsgeschäfte deutscher Konzerne ab ... Die Erbauer von Kernkraftwerken machen, so wird geschätzt, Geschäfte im Umfang von mehr als zwei Billionen Euro – allein mit geplanten Neubauten.“ Weltweit sind laut de.statista.com über 150 neue AKW geplant.
Zur Durchsetzung diese Pläne wird die atomare Energiegewinnung scheinheilig als "Brückentechnologie" hingestellt, die bis zur Umstellung auf erneuerbare Energiequellen noch gebraucht würde. Die Umweltbewegung darf sich deshalb heute nicht auf die Klimafrage einengen. Statt die Pest mit der Cholera auszutreiben, müssen Kohleverbrennung und Atomkraftwerke gleichermaßen bekämpft werden.
Hannes Stockert, umweltpolitischer Sprecher der MLPD, dazu: "Baustopp und Stilllegung aller Atomanlagen weltweit! Das wird in Deutschland von der MLPD als einziger Partei gefordert. Es ist und bleibt eine dringliche Sofortlosung. Auch bei uns steigt die Bedrohung durch die alten Reaktoren ...“ (siehe Rote Fahne News).
Lange kämpferische Tradition - bittere Lehren
Die Anti-AKW-Bewegung hat weltweit eine lange kämpferische Tradition. Schon in den 1970er- und 1980er-Jahren wurden in Deutschland erfolgreich Atomanlagen durch Massenwiderstand aus der Bevölkerung verhindert - so das geplante AKW Wyhl und die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf. In harten Kämpfen trotzten Zehntausende auch dem massiven Einsatz des Staatsapparats.
Das Rückgrat brachen der damaligen Anti-AKW-Bewegung die Illusionen in den parlamentarischen Weg der Grünen. Doch von deren Versprechen, über Parlamentsmehrheiten die Stilllegung der AKW zu erreichen, blieb nichts übrig. Schon der von der SPD/Grünen-Regierung unter Bundeskanzler Schröder beschlossene "Atomausstieg" war ein Betrug, weil er über trickreiche "Restlaufzeiten" den Weiterbetrieb der AKW ermöglichte. Diese Konstruktion gab auch den Spielraum für die im Oktober 2010 mit den Stimmen der damaligen CDU/CSU/FDP-Regierung beschlossene Laufzeitverlängerung um 8 bis 14 Jahre.
Merkel musste klein beigeben
Doch die Laufzeitverlängerung hatte keinen langen Bestand. Hunderttausende hatten bereits seit 2009 gegen diese Pläne demonstriert. Einen weiteren Aufschwung nahm die Massenbewegung nach der Katastrophe von Fukushima - das war nicht zuletzt Ergebnis der Verarbeitung des Betrugs der Grünen.
Erneut gingen Hunderttausende monatelang bei vielen großen und kleinen Demonstrationen und Menschenketten auf die Straße. Auch die Montagsdemo-Bewegung wurde zu einer wichtigen Plattform der Proteste und durchdrang sich mit den Anti-AKW-Protesten. Die Bundesregierung unter Angela Merkel musste das Atomgesetz erneut ändern und die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke bis 2022 zusichern. Auch in Japan wurden aufgrund des breiten Widerstands bis 2013 alle AKW heruntergefahren. Von 54 Kernreaktoren in 17 Atomkraftwerken vor der Fukushima-Katastrophe sind heute erst wieder acht Reaktoren in Betrieb.
Selbständigkeit wahren - revolutionäres Rückgrat stärken
Aus diesen Erfahrungen kann auch die heutige Jugendumweltbewegung "Fridays for Future" viel lernen, die für Freitag zu Demonstrationen in 50 Ländern aufruft. Nur eine dauerhafte und gut organisierte Massenbewegung mit langem Atem kann den Herrschenden solche Zugeständnisse abtrotzen. Sie darf sich dazu weder staatlichen Repressionen beugen noch auf parlamentarische Illusionen einlassen, sondern muss ihre Selbständigkeit und Unabhängigkeit wahren.
Um das dafür notwendige bewusste, organisierte Rückgrat herauszubilden, bedarf es der Stärkung der überparteilichen Umweltgewerkschaft und der revolutionären Kräfte. In dieser Situation Mitglied in MLPD oder REBELL zu werden, ist deshalb auch ein Beitrag für eine klare kämpferische Perspektive der Umweltbewegung - und die Stilllegung aller AKW weltweit.