Rote Fahne 06/2019

Rote Fahne 06/2019

„Fridays for Future“ – Rebellion für die Zukunft

Für den 15. März wird eine der weltweit größten organisierten Umwelt-Protestaktionen der letzten Jahrzehnte vorbereitet: Schulboykott in über 50 Ländern – auf allen Kontinenten! „Gemeinsam gegen die Klimakrise“ ist das Motto der Jugendumweltbewegung „Fridays for Future“1. Allein in Deutschland haben sich dafür Gruppen in über 200 Städten gebildet. Die Bewegung ist mutig, jung, rebellisch, oft selbst organisiert – und ein größerer Teil legt sich mit den Herrschenden an ...v

„Fridays for Future“ – Rebellion für die Zukunft
Foto: school strike / CC BY 2.0

Die Rede der damals 15-jährigen Greta Thunberg auf der Weltklimakonferenz in Kattowitz, im Dezember 2018, war ein Katalysator für die Bewegung „Fridays for Future“ (FFF), die bereits begonnen hatte. Sie breitete sich international aus und verband sich mit nationalen Besonderheiten. Die „Strike for Climate Action“ in Australien verlangt unter anderem den Schutz des Great Barrier Reefs, des größten Korallenriffs der Welt. Bereits zuvor hatten sich junge Klimaaktivisten in den USA als „Zero hour“-Bewegung organisiert. In London wurden im November 2018 alle wichtigen Brücken blockiert. Junge Klimakämpfer in Frankreich schlossen sich mit der „Gelbwesten“-Bewegung und kämpfenden Gewerkschaften zusammen. Diese – hauptsächlich noch spontane – Jugendbewegung fasst Fuß in immer mehr Ländern weltweit.

Und diese Jugendproteste haben ein stolz vorgetragenes, internationalistisches Bewusstsein: „Wir sind Schülerinnen und Schüler, die für mehr Klimaschutz streiken. Wir sind damit Teil der weltweiten Bewegung Fridays for Future.“2 Es ist eine internationale Jugendrebellion, die – gerade in Deutschland – aufbaut auf einem auf breiter Front erwachten Umweltbewusstsein unter den Massen. Und mit dem begeisternden Elan der Schülerinnen und Schüler, ihrem Ideenreichtum oder ihrer Kreativität gibt sie wichtige Impulse für den Umweltkampf. Besonders ins Visier nehmen die Jugendlichen den Umschlag in eine globale Klimakatastrophe.

Heftig und berechtigt wird kritisiert, dass sich beispielsweise die deutsche Regierung nicht mal an die selbstgesteckten Klimaziele hält. Ein Teil der Schüler, oft von den Grünen beeinflusst, fordert von den bürgerlichen Politikern aber lediglich die Einhaltung des Pariser Weltklimaabkommens. Aber das ist ein Irrweg. Denn dieser Vertrag vom Dezember 2015 ist ein Musterbeispiel des Greenwashings. Er enthält nur „freiwillige Selbstverpflichtungen“ der Staaten – und die hat bislang keiner eingehalten. Atomkraft und Fracking werden als „Brückentechnologien“ angepriesen. Erdöl-, Auto-, Kohle- oder Atomenergieindustrie und andere Großkonzerne, sie alle können weiterhin Maximalprofite erzielen mit ihrer umweltzerstörenden Produktion.

Ein gängiges Argumentationsmuster ist derzeit, die Umweltfrage zum Generationenproblem zu erklären, als handle es sich um einen Widerspruch zwischen den jungen Schülerinnen und Schülern und „den Alten“. Der Kommentator der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), Lutz Heuken, verstärkt das mit einer Pseudo-Selbstkritik: „Wir Alten haben uns resignierend mitschuldig gemacht.“3 Dass die WAZ als bürgerliche Zeitung die Gefahr einer globalen Umweltkatastrophe herunterspielt, das stimmt freilich. Heukens Verallgemeinerung aber führt völlig am Thema vorbei. Wer hat denn nach der Fukushima-Katastrophe die Stilllegung der Atomkraftwerke durchgekämpft? Da waren viele der FFF-Aktivisten noch in der Kita.

Natürlich, die Jugend muss für ihre Zukunft kämpfen – aber wer ist ihr Gegner? Das ist nicht die „ältere Generation“, das sind die Monopole und ihr Staat. Noch fühlt sich die Masse der Jugend eher einer Generation zugehörig als einer Klasse – das hat natürlich Folgen. Denn oft gehen dann die Schlussfolgerungen noch nicht hinaus über das bestehende kapitalistische System. Und das macht auch eher beeinflussbar durch reformistische Illusionen.

Gefahr nicht unterschätzen

Zerstört werden die natürlichen Lebensgrundlagen auch nicht nur durch die Klimaerwärmung. Die reale, bedrohliche Entwicklung umfasst wesentlich mehr Aspekte. Das Buch „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ analysiert – neben der heraufziehenden Weltklimakatastrophe – weitere hauptsächliche Merkmale eines beschleunigten Übergangs in eine globale Umweltkatastrophe, die das Leben auf der Erde unmöglich machen würde: Zerstörung der Ozonschicht, beschleunigte Vernichtung der Wälder, Zunahme regionaler Umweltkatastrophen, Gefahr umkippender Weltmeere, Zerstörung regionaler Ökosysteme und das Artensterben, rücksichtsloser Raubbau an den Naturstoffen, die ganze Vermüllung, Vergiftung und Verschmutzung, die unverantwortliche Nutzung der Atomenergie.

Diese Entwicklung beschleunigt sich. Die Hauptmerkmale einer globalen Umweltkatastrophe durchdringen und verstärken sich. Deswegen muss sich der aktive Widerstand gegen diese gesamte Entwicklung richten, um die Umwelt zu retten. Hauptversucher ist das internationale Finanzkapital, bestehend aus den 500 größten internationalen Konzernen und Banken. So richtig es ist, einzelne hervorgehobene Monopole, zum Beispiel aus dem Energiesektor, zu bekämpfen: Die Menschen müssen darüber hinausgehen und das gesamte System der kapitalistischen Profitwirtschaft ins Visier nehmen.

Die weltweiten Umweltproteste der Jugend sind Bestandteil eines fortschrittlichen Stimmungsumschwungs, der sich international entwickelt – und das in Zeiten scharfer gesellschaftlicher Polarisierung. Auch in den Industriebelegschaften laufen diese Auseinandersetzungen. Mutige Automobilarbeiter haben die kriminellen Manipulationen der Autobosse und den Abgasskandal aufgedeckt. Sie kämpfen gegen die Abwälzung deren Folgen auf die Arbeiterklasse und die Bevölkerung. Und gleichzeitig für Arbeitsplätze und Umweltschutz und für eine alternative Verkehrspolitik. Umweltproteste, die sich im letzten Jahr entwickelten, durchdrangen sich zugleich mit Massendemonstrationen gegen die neuen Polizeigesetze, gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung und vielem mehr.

Zu Recht richten sich die protestierenden Schülerinnen und Schüler gegen die Kohleverbrennung. Sie sind empört, dass die bis 2038 weiterlaufen soll – und gegebenenfalls darüber hinaus. Die Forderung „Kohle stoppen!“ ist dennoch unexakt. Denn: Fürs Verbrennen ist Kohle schädlich und zu schade. Zugleich kann die Kohlegewinnung umweltfreundlich genutzt werden für chemische, pharmazeutische und andere Produkte. Deshalb hat die kämpferische Bergarbeiterbewegung „Kumpel für AUF“ unter aktiver Mitarbeit von MLPD und REBELL die Stilllegung des Steinkohlebergbaus in Deutschland nicht akzeptiert. Sie steht für Arbeitsplätze und Umweltschutz. Sie demonstriert am 16. März eine Demonstration in Essen: „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen … Es geht auch um die Zukunft der Jugend.“

Das Kopfzerbrechen der Herrschenden

Die Herrschenden wurden überrascht von der raschen Ausbreitung der Bewegung zum Schutz der Umwelt. Sie unterschätzten die gewachsene und tiefe Vertrauenskrise unter der Jugend in die bürgerliche Politik. Und auch die Bereitschaft, aktiv zu werden. Alarmzeichen schrillten, als bei verschiedenen Demonstrationen der Kapitalismus als Ursache der Umweltkrise angegriffen wurde, auf Schildern oder Transparenten. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz griff Kanzlerin Angela Merkel zu übelster Hetze. Sie verglich die „Fridays for Future“-Bewegung mit der „hybriden Kriegsführung“ des russischen Geheimdienstes und hetzte: „... dass plötzlich alle deutschen Kinder – nach Jahren ohne jeden äußeren Einfluss – auf die Idee kommen, dass man diesen Protest machen muss, das kann man sich auch nicht vorstellen.“4 Das bringt die Denkweise der bürgerlichen Politiker gut zum Ausdruck: die Jugendlichen nur als manipulierbare Masse betrachten, ihnen absprechen, sich selbständig zu orientieren, ihren eigenen Kopf zu gebrauchen. Merkels Statement löste einen Sturm der Empörung aus. Bereits am 2. März musste sie heuchlerisch zurückrudern: „Ich unterstütze sehr, dass Schülerinnen und Schüler für den Klimaschutz auf die Straße gehen und dafür kämpfen.“

Mit ihren Anliegen richtet sich ein großer Teil der protestierenden Jugendlichen gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen und der bürgerlichen Parteien – insbesondere gegen das Rollback in der Umweltfrage und die beschleunigte Umweltzerstörung. Die kriminellen Hauptverantwortlichen für die Umweltzerstörung in den Chefetagen – von VW über Daimler bis zu RWE – werden von der Bundesregierung geschützt. Aber die Umweltschützer, zum Beispiel im Hambacher Wald, werden von Polizei und Gerichten als angebliche „Straftäter“ und „Gefährder“ verfolgt und inhaftiert.

Mit dem Begriff „Schüler-Streik“ wird an Begriffen und Kampfmethoden der Arbeiterbewegung angesetzt, auch wenn man einen Boykott im Bildungswesen nicht mit der scharfen Waffe der Arbeiterstreiks gleichsetzen kann. „One Solution – Revolution“ (Eine Lösung – Revolution) ist eine beliebte Rufparole der internationalen Jugendumweltbewegung. Damit ist auch das Flugblatt des Jugendverbands REBELL überschrieben, in dem er auffordert: „‘Friday For Future‘-Kämpfer – werdet konsequente gesellschaftsverändernde Umweltkämpfer mit und im REBELL und der MLPD!“

Gegen solche Zukunftsperspektiven werden Gegenorganisationen aufgebaut, um spontane Bewegungen frühzeitig unter Kontrolle zu bekommen. Eine davon ist „Campact“.

Campact – „Bändiger“ von spontanen Bewegungen

Dieser „Verein“ wurde 2004 gegründet. Er hat über 50 hauptamtliche Profi-Mitarbeiter, finanziert durch Spenden. Sie haben keine andere Aufgabe, als sich mit kostenlosem Material (vom Aufkleber bis zur Bühne) in verschiedenste spontane Bewegungen einzuklinken – um sie in systemkonforme und angepasste Bahnen zu lenken. Campact entscheidet über Redner und Bands bei großen Kundgebungen. Jetzt stellen sie auf ihrer Website massenhaft jedem kostenlos Pakete und Sticker zur Verfügung: „Make the Planet Greta Again!“ „Macht ihr eure Hausaufgaben, dann machen wir unsere.“ Keinerlei Kritik an Regierung oder Kapitalisten – nur Alt gegen Jung!

Massiv bringt Campact die Studentin Lisa Neubauer als angebliches „deutsches Gesicht“ der Bewegung heraus (Website Campact). Sie ist Grünen-Mitglied und arbeitet für die Lobby- und Kampagnen-Organisation „One“, aus dem Umfeld des früheren US-Vizepräsidenten Al Gore. Auch die anonyme bundesweite Website von Friday for Future ist völlig an Campact orientiert. So versucht Campact, Proteste zu kanalisieren und Illusionen in das bürgerlich-parlamentarische System zu fördern: „Wenn wichtige Entscheidungen anstehen, wenden wir uns mit Online-Appellen direkt an die Verantwortlichen in Parlamenten, Regierungen und Konzernen … Wir können unsere gewählten Vertreter/innen auf das Gemeinwohl verpflichten, wenn wir gemeinsam die Stimme erheben“ (Website).

Viele Schüler hingegen stellen in den Protesten immer mehr grundsätzliche Fragen. Weitverbreitet ist die Forderung „System Change – Not Climate Change“.

Dieser gesellschaftskritische Anspruch ist wichtig – man muss aber auch Klartext sprechen, welches System wie geändert werden muss. Es ist der Imperialismus, der heute nur noch existieren kann, indem er die Quellen allen Reichtums untergräbt: die Arbeit überausbeutet und die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört. Er bringt die Umweltkrise, Kriegsgefahr, Armut, Unterdrückung hervor. Wer dieses System ändern will, der muss sich an der Vorbereitung einer internationalen sozialistischen Revolution beteiligen und dafür eintreten.

Überzeugende Antworten und Alternativen haben MLPD und REBELL. Sie werden von vielen Jugendlichen ernst genommen, weil sie sich praktisch für die Bewegung starkmachen. Sie verteidigen und fördern konsequent die Überparteilichkeit und bringen ihr jahrzehntelang erarbeitetes Know-how in der Entwicklung und Führung von Kämpfen ein.

Das ruft antikommunistische Kräfte auf den Plan, die herumgiften und sich an einer offenen Strategiedebatte um eine grundsätzliche Lösung der Umweltfrage stören. Mit der Forderung „keine Fahnen – keine Parteien – keine Organisationen“ versuchen sie, die MLPD und den REBELL als treibende Kräfte aus den Protesten hinauszudrängen. MLPD und REBELL stehen für radikalen Umweltschutz – und das in Wort und Tat und, seit Jahren! Selbstverständlich fördern sie bundesweit diese Bewegung.

Allerdings wird die Überparteilichkeit der Bewegung krass verletzt, wenn Funktionäre der Grünen oder der SPD ihre organisierten Beziehungen verschweigen, um die Führung der Bewegung zu übernehmen. In Duisburg beispielsweise kaperten die Grünen die Führung einer Demo und versuchten, die MLPD aus den Protesten auszuschließen. Das berichtet ein Korrespondent und schreibt: „Die Masse der Jugend war darüber verwundert, und es wurde eher Interesse geweckt. Ein Schüler verabschiedete sich nach der Aktion: ‚Wir werden uns Ihr Parteiprogramm in der Schule mal vornehmen!‘“

Die Frage ist nicht, Parteien und Organisationen ja oder nein, sondern: Welchen Beitrag leisten sie für die Rettung der Umwelt vor der Profitwirtschaft? Fördern sie die politische Selbständigkeit, stehen sie mit Rat und Tat zur Seite, fördern sie Bewusstheit und Organisiertheit– wie die MLPD und der REBELL? Oder – wollen sie der Bewegung den kapitalismuskritischen Zahn ziehen, sie in die bürgerliche Politik integrieren – wie die Partei der Grünen? Mittlerweile muss man von einer bundesweiten Kampagne sprechen zur Ausgrenzung und Unterdrückung rebellischer und revolutionärer Kräfte. Allerdings scheitern reihenweise solche Versuche von Funktionären der Grünen, Vertretern der „Antideutschen“ und anderen Verteidigern der Profitwirtschaft. Die schrecken auch nicht davor zurück, die Polizei dabei zur Hilfe zu rufen.

Organisiert euch!

Die Perspektive der Umweltbewegung wird im Buch „Katastrophenalarm!“, von Stefan Engel, klar herausgearbeitet: „Die Kämpfe müssen als Schule des aktiven Widerstands und des Klassenkampfs geführt werden. Wird das missachtet, dekorieren die Reformkämpfe nur das ‚Greenwashing‘ von Monopolen und Staat. Eine neue Qualität wird die Umweltbewegung dann gewinnen, wenn sie begreift, dass nicht nur die eine oder andere Umweltschutzmaßnahme durchzusetzen ist, sondern dass der Umweltkampf einen gesamtpolitischen, gesellschaftsverändernden, letztlich revolutionären Charakter bekommen muss.“

Viele bürgerliche Politiker hoffen, dass diese spontane Bewegung irgendwann resigniert zusammenbricht, wenn der Schulboykott nicht den gewünschten Erfolg erreicht. Deshalb kommt es darauf an, REBELL und MLPD zu stärken. Sie wollen diese Jugendrebellion festigen, das Bewusstsein wecken und entwickeln und die Rebellion auf weitere Felder ausweiten, wie den Friedenskampf, Bildung, Arbeits- und Ausbildungsplätze. Es reicht nicht, sich lose zu vernetzen. Die Umweltkämpfer haben starke Gegner in Staat und Monopolen. Deshalb müssen sich die protestierenden Jugendlichen besser organisieren, im REBELL; in der MLPD – oder auch in überparteilichen Selbstorganisationen der Massen. MLPD und REBELL stehen für den Zusammenschluss mit der Arbeiterbewegung und für den aktiven, weltweiten Widerstand zur Rettung der Umwelt vor der Profitwirtschaft. Der Planet braucht einen revolutionären „System Change“ – für den echten Sozialismus! Organisiert euch!