Rote Fahne 26/2018

Rote Fahne 26/2018

Neue Politiker/innen braucht das Land – nicht nur in Thüringen

Dass Angela Merkel jetzt zumindest schon mal vom Parteivorsitz zurücktreten musste, ...

Von Tassilo Timm, Landesvorsitzender der MLPD Thüringen
Neue Politiker/innen braucht das Land – nicht nur in Thüringen

... ist auch den vielen Protesten – gerade in Ostdeutschland gegen ihre gebrochenen Versprechungen – geschuldet. Wenn der CDU-Parteitag etwas gezeigt hat, dann erstens: Neue Politiker braucht das Land! Und zweitens: Man findet sie nicht bei der Großen Koalition. Die MLPD wird sich 2019 mit Kräften des Internationalistischen Bündnisses auf der Liste an den Europa- und an den Landtagswahlen Thüringen beteiligen. Denn neue Politikerinnen und Politiker fallen nicht vom Himmel.

Die Arbeitslosigkeit in Thüringen lag im November 2018 bei fünf Prozent – die niedrigste Quote aller ostdeutschen Bundesländer, sogar noch vor Nordrhein-Westfalen.1 Eine Tatsache, mit der sich die Landesregierung gerne, wenn auch zu unrecht schmückt. Tatsächlich spielte die Exportoffensive des deutschen Imperialismus eine Rolle. Mit einem Wachstum des Auslandsumsatzes um 5,7 Prozent im ersten Halbjahr 2018.2 Ein Grund dafür, dass sich internationale Konzerne gerne in Thüringen ansiedeln, liegt in den für sie „günstigen Bedingungen“: So verdient ein Vollzeitbeschäftigter in Thüringen im Schnitt 2459 Euro. Das ist sogar noch weniger als der Schnitt in Ostdeutschland, der liegt bei 2600 Euro. Im direkten Nachbarland Hessen sind es 3494 Euro.3 Alle bürgerlichen Parteien verteidigen und betreiben aktiv diese ungerechtfertigte Spaltung. Die MLPD hingegen steht für die sofortige Angleichung von Lohn, Rente und Arbeitsbedingungen auf das jeweils höchste Niveau in Ost und West.

Die gesellschaftliche Polarisierung ist in Thüringen besonders entfaltet – aber auch die Offenheit für eine gesellschaftliche Alternative und die neuen Politiker der Internationalistischen Liste/MLPD. Thüringen ist derzeit das schwächste Kettenglied der Herrschenden. Hier ist die Massenbasis der bürgerlichen Parteien am meisten geschrumpft. Und die Möglichkeiten der Gewinnung der Massen für revolutionäre Veränderungen sind hier am größten. Deshalb wird die MLPD 2019 diese Chance nutzen für eine Offensive des beschleunigten Parteiaufbaus in Thüringen und bundesweit.

Wunsch nach Veränderung

Die niedrigen Löhne bringen immer wieder Kolleginnen und Kollegen auf die Straße. So die – vor allem weiblichen – Beschäftigten der Celenus-Klinik in Bad Langensalza. Sie streikten 2018 bereits mehrere Wochen, und im Dezember nahmen sie ihren Streik erneut auf. Oder die Beschäftigten von Deckel Maho in Seebach. Sie traten im November für eine Verkürzung der Arbeitszeit auf das Niveau ihrer westdeutschen Kollegen in einen Warnstreik.

Das gewachsene Umweltbewusstsein der Menschen drängt Konzerne wie RWE oder K+S (ehem. Kali und Salz) zunehmend in die Defensive. K+S ist ein internationaler Konzern und betreibt zahlreiche Kaligruben an der thüringisch-hessischen Grenze. Er zerstört mutwillig die Einheit von Mensch und Natur, beispielsweise indem er unter Tage circa drei Millionen Tonnen Giftmüll einlagert. Und jährlich kommen 50.000 Tonnen hinzu, unter anderem Arsen, Quecksilber, Dioxine. Für jede Tonne kassiert K+S 260 Euro.5 Aber auch über Tage treibt K+S sein Unwesen – mit einer massiven Versalzung der Werra. K+S spielt Arbeiter- und Umweltbewegung gegeneinander aus, wenn sie behaupten, weitreichende Umweltschutzmaßnahmen würden Arbeitsplätze gefährden. Aber Arbeiter- und Umweltbewegung gehören zusammen im Kampf gegen die Profitwirtschaft!

Suche nach grundlegender Alternative

Wie groß in Thüringen die Suche nach Alternativen ist und die Abkehr von den bürgerlichen Monopolparteien, zeigen auch die Wahlergebnisse. Vor allem Wahlbündnisse konnten bei den letzten Wahlen zulegen. Das große Potenzial für die Gewinnung der Jugend zeigt eine Umfrage, die die junge MLPD-Ortsgruppe Jena an der Uni durchführte. Die Hälfte der befragten Studenten befürwortete die Aussage: „Heute ist wieder die Zeit, über revolutionäre Alternativen zum Kapitalismus nachzudenken“. Nur 13 Prozent der Studenten sehen den Kapitalismus als „alternativlos“ an. Neun Prozent kreuzten an, dass sie nicht nur nachdenken, sondern auch aktiv werden wollen. Um – gerade auch – diese neun Prozent zu finden und zu organisieren, beginnt die MLPD mit ihrer taktischen Offensive Stück für Stück eine systematische Arbeit an den größten Universitäten Thüringens.

Dabei gibt es viel Klärungsbedarf, wie wir zu einer anderen Gesellschaft kommen – und wie diese aussehen muss. Der Antikommunismus und die kleinbürgerlich-revisionistische Denkweise verbreiten viel Verwirrung. Eine Kernfrage ist, wie wir zum Sozialismus kommen. Alle geschichtlichen Erfahrungen, wie 1973 in Chile oder aktuell in Rojava (Nordsyrien), bestätigen die Analysen von Marx und Lenin: Der bürgerliche Staatsapparat und die Macht der Monopole müssen auf revolutionäre Weise überwunden werden. Und eine Diktatur des Proletariats ist notwendig. Damit wird verhindert, dass die alten Ausbeuter, Kriegstreiber und Umweltzerstörer wieder an die Macht kommen – und zugleich aber breite Demokratie für die bisher Unterdrückten verwirklicht wird, wie 40 Prozent der Studenten es sich in der Umfrage wünschen.

Die MLPD will – nicht zuletzt – mit der Offensive in Thüringen dem echten Sozialismus zu neuem Ansehen verhelfen. Denn gerade die Skepsis in eine wirkliche Alternative hält heute noch viele Menschen vom Kampf ab.

AfD – Keine Alternative für Deutschland

Im Windschatten der Rechtsentwicklung der Bundesregierung, und systematisch staatlich gefördert und groß geworden, steht die AfD Thüringen für eine offene Zusammenarbeit mit Neofaschisten. Mit ihrem Frontmann Björn Höcke gehört sie zum reaktionärsten Teil der AfD. Höcke war es, der zusammen mit Pegida-Gründer Lutz Bachmann und deutschlandweit mobilisierten Nazi-Schlägern in Chemnitz marschierte. Einzelne Gewaltverbrechen nutzen sie aus, stilisieren sie hoch und stempeln pauschal Migranten zu Kriminellen ab. Weniger stören sie kriminelle (deutsche) Faschisten, die in ihren Reihen mitmarschieren, oft selbst mehrfach vorbestraft.

Die Widerspiegelung der Rechtsentwicklung in Thüringen ist zwiespältig. Denn es wirkt auch viel Verwirrung. Was eigentlich ist rechts, und was ist links? So streut die AfD die Lüge, mit dem UN-Migrationspakt würden Millionen Flüchtlinge nach Deutschland geleitet. Oft ist es aber in einer gründlichen Diskussion möglich, sich zu einigen: dass es eben das internationale Finanzkapital ist, das durch seine Ausbeutung und Ausplünderung anderer Völker die Menschen in die Flucht treibt, und dass man gemeinsam mit den Flüchtlingen gegen den Imperialismus kämpfen muss. Spaltung nutzt nur den Herrschenden. An die Stelle des Widerspruchs zwischen oben und unten und anstelle des internationalen Klassenkampfs setzt die AfD rassistische und chauvinistische Völkerhetze. Sie leugnet, dass der Übergang in die globale Umweltkatastrophe irgendetwas mit dem Menschen zu tun habe. Im Interesse der deutschen Automonopole plakatierte sie: „Diesel? Super!“ Soll so das Verkehrskonzept der Zukunft aussehen? Im April 2018 drängten die Opelaner aus Eisenach Höcke und seine Leute beim Protesttag gegen Arbeitsplatzvernichtung von der Kundgebung. Sie stellten klar: Rassisten und Reaktionäre haben in der Arbeiterbewegung nichts zu suchen!

Alternative Rot-Rot-Grün?

Die Hoffnungen, die viele Thüringer 2014 mit dem Antritt der linken Landesregierung und deren Versprechungen verbanden, wurden in den letzten vier Jahren bitter enttäuscht: Arbeitsplatzvernichtung und Werksschließungen bei Siemens Erfurt, Opel Eisenach, Coca-Cola Weimar ... Statt die kämpferische Richtung in den Belegschaften zu unterstützen, Streiks zu propagieren, die Verbindung unter den Belegschaften herzustellen, versprach Ministerpräsident Bodo Ramelow PSA noch Finanzhilfen unter anderem bei Energie und Grundstücken. Seine Bedingung: das Opel Werk solle erhalten bleiben. Vom Kampf um jeden Arbeitsplatz oder dem Erhalt der Lehrwerkstatt: kein Wort.6 Zwei Richtungen stehen sich hier gegenüber: Unterordnung unter die Konzerninteressen – oder eben aktiver Widerstand dagegen.

Immer wieder erklärten Vertreter der Linkspartei: Der Verfassungsschutz müsse aufgelöst, der NSU-Skandal tiefgründig aufgeklärt werden. Die Bilanz ist ernüchternd. Den Verfassungsschutz gibt es nach wie vor. Aufgeklärt ist nichts. Im Gegenteil. Thüringen ist zu einem Anlaufpunkt geworden für Faschisten aus ganz Europa. 59 rechte „Konzerte“ gab es 2017, so viel wie in keinem anderen Bundesland. Warum verbietet die Landesregierung solche Aktivitäten nicht rigoros? Natürlich: Sie müsste sich dafür auch mit der Bundesregierung anlegen und einer teilweise reaktionären Justiz. Das Verbot des fortschrittlichen, linken Rebellischen Musikfestivals an Pfingsten 2018 wurde erst zurückgenommen, nachdem seine Organisatoren die Sache breit bekannt gemacht und die Meinungsführerschaft erobert hatten. Verschiedene dieser Organisatoren wurden sogar von Thüringer Behörden als „Gefährder“ eingestuft. Stefan Engel, langjähriger Vorsitzender der MLPD, klagte dagegen. Seine Klage wurde von der Staatsanwaltschaft Gera abgewiesen, sinngemäß mit der Begründung: Marxisten-Leninisten müssten sich so etwas eben gefallen lassen. Statt die Protestbewegung an Pfingsten gegen das Verbot zu unterstützen, reagierte die Landesregierung mit Untätigkeit und ignorierte jede Aufforderung zur Solidarität. Nun erklärte Innenminister Georg Maier (SPD) zum martialischen Polizeieinsatz am Freitag vor Pfingsten 2018 sogar: „Die Maßnahmen sind nicht zu beanstanden“.7Spätestens damit hat sich die Landesregierung im Kampf gegen die Rechtsentwicklung disqualifiziert, im Grunde trägt sie diese Entwicklung selbst mit. Die Landesregierung ordnete sich weitgehend der staatlichen Doktrin des Antikommunismus unter. Bereits im Koalitionsvertrag 2014 zwischen Linkspartei, Grünen und SPD einigte man sich auf den antikommunistischen Kampfbegriff „Unrechtsstaat“ in Bezug auf die DDR.

Bodo Ramelow brachte es im MDR-Sommerinterview auf den Punkt: „Wir haben Thüringen ordnungsgemäß verwaltet“.8 Von seinem antifaschistischen, demokratischen und fortschrittlichen Anspruch ist das bereits weit entfernt. Regierungen sind im Kapitalismus Dienstleister der Monopole. In Thüringen sind das internationale Konzerne wie Daimler, Opel, Siemens, BASF, Brose, Bosch, K+S, ZF usw. Beugt man sich ihrer Diktatur und verwaltet den kapitalistischen Status Quo oder stellt man man beides revolutionär in Frage?

Kandidatur zur Landtagswahl

Die MLPD ist seit Jahren in Thüringen aktiv. Aber infolge der Medienzensur kennen viele Thüringer, gerade in kleineren Städten, die MLPD noch gar nicht. Das wollen wir ändern mit der Offensive!

Dazu fördern und nutzen wir die Kandidatur der Internationalistischen Liste/MLPD zur Landtagswahl 2019, in den 44 Wahlkreisen. Die ganze MLPD packt mit an beim Thüringen-Aufbau und trainiert dabei, wie man arbeiten muss.

Die Offensive der MLPD hat nicht nur Freunde. Sie hat vor allem kleinbürgerliche Kräfte aus SPD, Grünen, aber auch Linkspartei auf den Plan gerufen und anscheinend angestachelt, in übler liquidatorischer Art und Weise gegen die MLPD hetzen. Über ihre Verbindungen in die antifaschistische Bewegung, zu Vereinen oder Institutionen sorgen sie beispielsweise immer öfter dafür, dass der MLPD oder ihrer Jugendorganisation REBELL Räumlichkeiten entzogen werden. Meist agieren sie hinter verschlossenen Türen, mit Intrige, Verleumdungen und primitiven Falschmeldungen; undemokratisch und ohne jedes stichhaltige Argument. Zeitweilig können Sie damit eine bestimmte Verunsicherung in ihrem Umfeld erreichen. Im Interesse einer starken antifaschistischen oder kämpferischen Bewegung für die Arbeiterrechte müssen jedoch Prinzipien einer demokratischen Streitkultur, der Zusammenarbeit auf Augenhöhe und des gegenseitigen Respekts in den Aktionseinheiten verwirklicht werden. Dieser bewährte Stil der Zusammenarbeit wird sich als stärker erweisen als Spaltung und Hetze.

Neue Politiker braucht das Land

Unsere Kandidatinnen und Kandidaten stehen für eine grundsätzlich andere Art von Politik - einen proletarischen Parlamentarismus. Es kandidieren Frauen und Männer – sie sind Arbeiter, Angestellte, Gewerkschafter, Antifaschisten, Migranten, Studenten, Umweltaktivisten. Sie haben sich in Kandidatengrundsätzen verpflichtet, in öffentlichen Wählerinitiativen aktiv mitzuarbeiten und Rechenschaft abzulegen über ihre Arbeit.

Um ihre Kandidatur zu ermöglichen, müssen noch rund 11.000 Unterstützungsunterschriften gesammelt werden. Das ist eine undemokratische Wahlbehinderung. Auch dass Wahlbündnisse in Deutschland nicht zugelassen sind, kann nur so erklärt werden: Die bürgerlichen Parteien haben Angst vor Konkurrenz. Die MLPD Thüringen hat deshalb ihre Liste für Mitglieder des Internationalistischen Bündnisses geöffnet.

Alle Jugendlichen laden wir ein, Teil des Pfingstjugendtreffens 2019 in Truckenthal zu werden. Es ist der ideale Ort, um die Erfahrungen gegen die Faschisten-Konzerte zu bündeln, den Kampf gegen die Schließung von Lehrwerkstätten höherzuentwickeln, die Rebellion für bezahlbaren Wohnraum zu organisieren und sich auszutauschen über Zukunftsträume und wie sie verwirklicht werden können.

„Seit früher Jugend bin ich davon überzeugt, dass der Weg, den Marx zeigte und Lenin ging, der einzige ist, der zur Befreiung der unterdrückten Klassen und damit der ganzen Menschheit führen kann“, so ein neues Mitglied der MLPD in Thüringen in seinem Aufnahmeantrag. Und: „Jetzt sehe ich es an der Zeit, meinen Einsatz in den Dienst einer revolutionären Organisation zu stellen, welche entschieden das Ziel, den Sozialismus in Deutschland und auf der ganzen Welt aufzubauen, vertritt.“

Damit aus Einzelnen eine Masse wird – dafür organisieren wir die Offensive!