Null Toleranz für antikommunistisches Mobbing!

Null Toleranz für antikommunistisches Mobbing!

Ein ganzes System von Mobbing-Methoden wird heute in Großbetrieben angewendet, um den Zusammenschluss der Belegschaften zu verhindern und vor allem kritische, kämpferische Kolleginnen und Kollegen zu isolieren. Politisches, antikommunistisch motiviertes Mobbing geht meist direkt von Betriebsleitungen bzw. Vorgesetzten aus. Gisela Schwalb, 57, in Ulm für die Internationalistische Liste/MLPD aktiv, berichtet von einschneidenden Erfahrungen und ihren Schlussfolgerungen

Rote Fahne: Du hast 1994 als Arbeiterin für die MLPD zu den Bundestagswahlen kandidiert – was geschah dann?

Gisela Schwalb: Ich arbeitete damals bei Merckle/Ratiopharm in Ulm und bekam die ganze Bandbreite antikommunistischen Mobbings zu spüren.

Unmittelbar mit der Kandidatur kam die Ansage des Personalchefs, dass Leute mit „solchen Ansichten“ in der Firma nichts verloren hätten. Dann Vorladungen zu Gesprächen, immer wieder Kontrollen.

Als ich krankgeschrieben war, ließ mich die Firma bespitzeln und konstruierte den Kündigungsgrund „Vortäuschung einer Krankheit“. Obwohl das Arbeitsgericht die unrechtmäßige Kündigung aufhob, belegte man mich mit Hausverbot. Als sich das nach Protesten und Gerichtsverfahren nicht mehr aufrechterhalten ließ, richtete man mir einen „eigenen“ Arbeitsplatz ein – circa dreimal drei Meter!

Ich bekam erst keine, nach Protest dann stupide, überflüssige Arbeit zugeteilt, zum Beispiel an Zigtausenden Flaschen die Etiketten abziehen, um sie dann wieder an den Linien mit den gleichen Etiketten zu bekleben. „Begleitmusik“ war übelste Hetze gegen die MLPD, bis zu gefälschten „Beweisen“, wonach die MLPD Bombenattentate auf die Firma plane. Meinen Kolleginnen und Kollegen wurde mit Kündigung gedroht, sollten sie mit mir sprechen. Vier Monate bekam ich keinen Lohn usw.

Alles zielte darauf ab, mich zu isolieren, die MLPD zu diskreditieren und meine Kampfmoral zu zerstören. Das war eine enorme Anforderung. Aber ich kann euch sagen: Meine Kolleginnen und Kollegen, ich und die MLPD gingen aus dieser jahrelangen Auseinandersetzung als klare Sieger hervor – das ist das, was bleibt!

Ich kam in den Betrieb zurück, arbeitete dort bis 2004, war später zeitweise Mitglied des Betriebsrats und jahrelang gewerkschaftlich aktiv.

Die MLPD hat sich einen Namen als revolutionäre Arbeiterpartei gemacht. Alle haben wir viel gelernt, und noch heute wird „meine Geschichte“ von Ratiopharm-Kollegen erzählt – mit Stolz und viel Anerkennung.

Was können wir aus deinem Fall lernen?

Immer den politischen Hintergrund richtig begreifen: Nach jahrelanger Auseinandersetzung im Betrieb hatten wir die Eingruppierung in Lohngruppe 2 durchgesetzt. Dann führten wir die erste kämpferische Betriebsversammlung durch, wo mit mir viele Kolleginnen und Kollegen die sofortige Rücknahme der damals von der Regierung geplanten Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall forderten. Bei Daimler in Sindelfingen streikte da-mals die Belegschaft selbständig für dieses Ziel – das war der Anfang vom Ende der Kohl-Ära!

Der Angriff von Merckle auf mich als scheinbare „Rädelsführerin“ richtete sich gegen die kämpferische Entwicklung vor allem unter Frauen und natürlich meine Weltanschauung: den Kampf für eine befreite, sozialistische Gesellschaft und die dafür notwendige revolutionäre Beseitigung des Kapitalismus; dafür steht ja die MLPD. Der ganze Aufwand, den Merckle betrieben hat, um mich loszuwerden, zeigt, wie sehr die Kapitalisten vor solch einer Entwicklung Angst haben. Wichtig war, mir das immer wieder klarzumachen und nicht etwa die Fehler bei mir selbst zu suchen.

Sehr bedeutend war der Solidaritätskreis als enger Zusammenschluss von MLPD und vielen Kolleginnen und Kollegen, Bekannten usw. Hier wurden alle Schritte besprochen, Öffentlichkeit hergestellt, Spenden gesammelt, Veranstaltungen durchgeführt, die Teilnahme an den Prozessen organisiert. Alleine kann keiner eine solche Auseinandersetzung durchstehen – man muss sich organisieren!

Ich habe die Entscheidung getroffen, mein Leben dem Kampf für eine befreite Gesellschaft, den Sozialismus zu widmen. Da lässt man sich nicht so leicht unterkriegen. Auch der Rechtsschutz der IGBCE hat mich gestärkt. Und ich hatte volles Vertrauen in meine Kolleginnen und Kollegen. Die gaben mir Rückhalt. So hatte ich zum Beispiel in der Zeit, als ich keinen Lohn bekam, regelmäßig ein Vesper in meinem Spind.

Dringend notwendig ist, Betroffenen in so einer Situation einen persönlichen Berater zur Seite zu stellen. Das sind hohe Anforderungen, das hat Auswirkungen auf den Schlaf, die Ausgeglichenheit usw. Die Lage muss immer wieder eingeschätzt, die nächsten Schritte beraten werden. Das haben wir zunächst unterschätzt. Im Betrieb ist wichtig, Kollegen zu suchen, die einen unterstützen, eine Art Netzwerk aufzubauen.

Mein Fazit: Es lohnt sich, den Kampf aufzunehmen. Ich bin gestärkt daraus hervorgegangen, und es hat mein Vertrauen in meine Lebensentscheidung und in die Massen gestärkt.

Weiterhin alles Gute – und vielen Dank für das Interview!