„Viele kommen mit dem wachsenden Druck nicht klar“

Ein Bankangestellter über seine Erfahrungen mit Filialschließungen und Arbeitsbedingungen

Rote Fahne: Welche Folgen haben die zunehmenden Filialschließungen für die Bankangestellten?

Oliver1: Die Mitarbeiter werden auf die verbleibenden Filialen verteilt. Eventuell wird der Weg zur neuen Arbeitsstelle weiter, man verbringt einen größeren Teil seiner Freizeit im öffentlichen Nahverkehr oder im Auto.

Wie wirken sich die Umstrukturierungen im Bankenwesen insgesamt auf die Beschäftigten aus?

Vor allem Service-Kräfte werden abgebaut. Die Kunden können über Online-Banking, Info-Apps und spezielle Service-Telefonzentralen einen großen Teil der bisherigen Bankgeschäfte wie Überweisungen, Kontoabfragen, Dauerauftragsänderungen von zu Hause aus machen. Die Berater werden auf größere Filialen konzentriert, und es werden in der Zukunft auch hier Arbeitsplätze abgebaut. Die Banken verringern die bisher vorhandenen Personalreserven, da bei den großen Filialen die krankheitsbedingten Personalausfälle ohne Ersatz kompensiert werden.

Durch die Niedrigzinspolitik findet ja faktisch eine Enteignung der Sparer statt. Hat das auch Auswirkungen auf eure Arbeitsbedingungen?

Obwohl es fast keine Verzinsung für die Sparguthaben gibt, werden die Berater gefordert, ihre Zielvorgaben zu erfüllen. Es gibt regelmäßig Gespräche mit dem Vorgesetzten über das Erreichen der Ziele. Ein Teil der Kolleginnen und Kollegen – vor allem jüngere – kommt damit noch zurecht. Bei manchen führt das aber dazu, dass sie mit diesem Druck nicht klarkommen und psychisch erkranken. Jedoch kann man bei einer Burn-Out-Erkrankung schwerlich nachweisen, dass dies von der Arbeitsbe- oder -überlastung kommt.

Wie steht es um die gewerkschaftliche Organisierung der Bankgestellten?

Bei uns ist der gewerkschaftliche Organisationsgrad unter fünf Prozent. Es gibt leider so gut wie keine Organisationsstruktur von ver.di. Der individuelle Ausweg steht hoch im Kurs. Wer gute Abschlüsse hat, sucht sich eine andere Arbeitsstelle, einige sind froh, dass sie bald in Rente können.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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