„Wir tragen die Fackel weiter ...“

„Wir tragen die Fackel weiter ...“

Am 21. April ist unser Freund und Genosse Uli Schreyer nach langer, schwerer Krankheit kurz vor seinem 60. Geburtstag verstorben

Seine Familie und 170 Trauergäste – ehemalige Kolleginnen und Kollegen von Opel, Freunde und Genossen aus Bochum und anderen Ruhrgebietsstädten – nahmen bei einer ergreifenden Gedenkfeier am 25. Mai von ihm Abschied. Bewegend dankten Ulis Töchter ihrem Vater. Monika Gärtner-Engel würdigte in ihrer Rede diesen gerad­linigen und unbeugsamen Menschen, dessen Tod eine große Lücke reißt. Die Rote Fahne dokumentiert Auszüge:

Uli war ein waschechtes Ruhrpott-Arbeiterkind. Sein Vater war Bergmann, seine Mutter fürsorgliche Hausfrau. Nach der Lehre ging er zu Opel. Dort lernte er später die Welt eines Großkonzerns wie GM kennen – Arbeitshetze, Schichtarbeit, insbesondere in der Dauernachtschicht.

Er lernte die fortgeschrittenste Produktion kennen, das große, aufeinander angewiesene Kollektiv der Arbeiter, die Liebe und Fähigkeit zu hochproduktiver, industriell organisierter Arbeit und die Begeisterung für entwickelte Technik. Er repräsentierte alle diese Eigenschaften der modernen Industriearbeiter.

Uli war sehr gerne unter Menschen. Ob in der Kneipe, beim Rosenmontag, am 1. Mai als stolzer Arbeiter im Nadelstreif oder unter Freunden und Kollegen.

Es war immer schön, bereichernd und meistens auch lustig, mit Uli zusammen zu sein.

Uli war ein Kämpfer – geprägt von den zahlreichen großen und kleinen Kämpfen, die die Bochumer Opel-Belegschaft in den letzten 50 Jahren bis zur Werkschließung 2014 ausgemacht hat. Uli Schreyer war aber nicht nur geprägt von diesen Kämpfen, er war auch prägend für sie!

Ende Mai 2000 wurde bekannt, dass GM mit Fiat vor allem im Bereich der Antriebsaktivitäten „kooperieren“ wollte, was unmittelbar 3500 Arbeitsplätze in Bochum im Werk II betroffen hätte.

Uli war einer der kämpferischen Kollegen, die von Anfang an sagten, das kann nicht nur Sache der Kollegen im Werk II sein, das geht uns alle an – WIR SIND EINE Belegschaft. Die Belegschaft vereinheitlichte sich auf einen gemeinsamen Kampf.

Uli wurde mehr und mehr zu einem Aktivisten und Vorkämpfer für länderübergreifende Solidarität und konzernweite Kämpfe im General-Motors-Konzern. Als 2001 das GM-Management das Opelwerk in Luton schließen wollte und die Kollegen dort in einen unbefristeten Streik traten, organisierte Uli bei Opel an vorderster Stelle die Solidarität.“

 

Freunde und Mitstreiter erinnern sich:

Dem Uli war die Geschäftsleitung egal – ihm war es wichtig, dass er den Kollegen immer in die Augen schauen konnte.“ (ein Betriebsrats-Kollege); „Ging es in der Lehrwerkstatt hoch her, stand er hinter uns wie eine eins. Sein Vorbild lebt in uns fort.“ (Mitglieder des Jugendverbands REBELL); „500 kamen zu den Nacht-Infostunden. Uli war die treibende Kraft. Er hat viel für
die Kollegen bewegt und hat sich nie verbiegen lassen. Er war wirklich eine Institution.“
(ein Kollege der Dauer-Nachtschicht); „Uli und ich waren politische Kontrahenten. Einmal habe ich ihn aus dem Betriebs­ratsbüro geschmissen und abgeschlossen – da kam er zum Fenster wieder rein. Wir haben uns öfter in die Haare gekriegt – trotzdem möchte ich ihm eine gute letzte Reise wünschen.“ (Murat Yaman, Betriebsrat bei Opel Bochum)