Flüchtlingshilfe mit Perspektive – das „Haus der Solidarität“
Täglich neue oft katastrophale Bilder: Camps auf griechischen Inseln, Nussschalen auf dem Mittelmeer, Zeltstädte in Deutschland. Und dabei werden Bilder von den Flüchtlingen in der Türkei, im Libanon oder in Syrien selbst häufig nicht einmal gezeigt.
Mit 60 Millionen ist die Zahl der akut auf der Flucht befindlichen Personen weltweit höher als nach dem II. Weltkrieg1. Auf dem europäischen Kontinent sind es die verarmenden, von der EU abhängigen Länder des Westbalkans, aus denen monatlich Zehntausende auswandern, um eine Lebensgrundlage zu suchen. Weltweit stammen mehr als die Hälfte aus Syrien, Afghanistan und Somalia. Gebiete, in denen imperialistischer Krieg, Zerrüttung bzw. Zerbombung staatlicher Strukturen und die mit dem Geld neoimperialistischer Ölscheichs geförderten islamistisch-faschistischen Milizen das schlichte Überleben unmöglich machen. Schaut man auf die Weltkarte der Fluchtländer, so sticht der afrikanische Kontinent hervor, wo aus der EU exportierte Lebensmittel einheimische Märkte ruinieren und vor allem der chinesische Sozialimperialismus in großem Stil Ländereien aufkauft, die dann selbst für eine bescheidene Subsistenzwirtschaft fehlen. Immer mehr Menschen werden durch die fortschreitende globale Umweltkrise aus ihren Ländern vertrieben.
All das offenbart die Unfähigkeit des herrschenden imperialistischen Systems, ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, aber auch den Überlebenswillen der Massen. Seine zunehmende Krisenhaftigkeit hat zu einer internationalen Flüchtlingskrise geführt.
Massenmedien in Deutschland erwecken ein Bild bürgerlicher Politiker, die bemüht, aber etwas ratlos vor völlig unerwarteten Flüchtlingsströmen stünden. Angela Merkel spricht von einer „extrem nicht zufriedenstellenden Situation“. Mit dem sprunghaften Anstieg der Flüchtlingszahl in den ersten sechs Monaten des Jahres um circa 140 Prozent haben Regierung und Behörden nicht gerechnet. Dass aber der Imperialismus chronisch neue Fluchtgründe erzeugt, wissen seine Protagonisten nur zu genau. Seit 2003 liegt im US-Kriegsministerium eine Studie vor, wie sich die heraufziehende Klimakatastrophe auf Migrationsbewegungen auswirken würde und wie darauf militärisch zu reagieren sei. Die Bundeswehr analysierte Ähnliches 2012.2 Und dass Kriege oder die Plünderung und Ruinierung ganzer Volkswirtschaften auch dazu führen, dass Menschen fliehen, dürfte als bekannt vorausgesetzt werden.
Geschäfte und Politik auf Kosten der Flüchtlinge
Ihre Unterbringung erfolgt meist in zufällig leerstehenden Gebäuden wie Kasernen, Schulen oder Bürokomplexen. Männer, Frauen, Kinder, Alleinstehende und Familien, und zwar jedweder Nationalität und Religion werden dort zusammengesteckt, so dass Konflikte vorprogrammiert sind – verstärkt durch die vielfach chronische Überbelegung.
Dem Rückbau öffentlicher Kapazitäten für die Flüchtlingsversorgung nach der weitgehenden Abschaffung des Asylrechts Mitte der 1990er Jahre folgt nun ihre teilweise Privatisierung. So feiert das Kapitalistenorgan „Handelsblatt“ die in Essen ansässige Firma European Home Care als „Erwirtschafter rekordverdächtiger Renditen“. Sie betreibt etwa 50 Flüchtlingsheime und sorgte mit Misshandlungen der Schutzsuchenden durch ihr „Sicherheitspersonal“ für traurige Schlagzeilen. Auch die Hersteller von Wohncontainern und billige Cateringdienste sind dabei, wenn es darum geht, aus der Not anderer eine „Tugend“ zu machen.
Die meist kriminellen Schleuser, die rund um das Mittelmeer das Portemonnaie aufhalten, bevor der Flüchtende in halbverwrackte Schiffsreste steigt und sein Leben ein weiteres Mal riskiert, sind nur die Spitze des Eisbergs, wie der Imperialismus auch Flüchtende zur Ware macht.
Flüchtlingspolitik der Regierung in der Krise
Und damit nicht genug: Innenpolitisch dienen die Flüchtlinge wahlweise als Sündenbock für die maroden Staatsfinanzen, fehlende Arbeitsplätze und Wohnungen oder als Übungsfeld für die Faschisierung des Staatsapparates. Weder Kriminalisierung, noch abschreckende Unterkünfte, weder Zäune noch Kriegschiffe im Mittelmeer können verhindern, dass immer mehr Flüchtlinge sich auf den Weg machen. Denn größer noch ist die Entschlossenheit der zur Flucht getriebenen Menschen. Die ganze Flüchtlingspolitik der Regierung mitsamt ihrem Geschacher um Zuständigkeiten, Aufnahmequoten und Kosten ist in der Krise. Die Flüchtlingswelle wird weiter anwachsen und die Menschen, Institutionen und Parteien zwingen, sich zu positionieren.
Welle der Solidarität
Faschistische Organisationen und rassistische Bewegungen wie „Pegida“ schüren Ängste, um den Unmut gegen die Flüchtlinge zu lenken und nationalistische Hetze bzw. Spaltung zu verbreiten. Gleichzeitig hat sich deutschlandweit eine ungekannte Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft entwickelt. Mit Spenden aller Art, nachbarschaftlicher Betreuung und Hilfe werden hunderttausendfach praktische Zeichen gesetzt. Diese humanitäre Hilfe kann die schlimmste Not in vielen Fällen lindern, aber weder die Ursachen der Fluchtbewegungen aufheben noch die staatliche Politik verändern. Im Gegenteil wird sie sogar mitunter missbraucht, um staatliche Leistungen noch stärker zu reduzieren. Die MLPD hält deshalb eine revolutionäre Willkommenskultur für nötig und praktiziert sie gemeinsam mit ihrem Jugendverband REBELL. Diese:
• organisiert praktische Hilfe und Solidarität und den Schutz der Flüchtlinge,
• führt einen politischen Kampf für die sozialen und politischen Rechte der Flüchtlinge mit ihnen gemeinsam,
• und verwirklicht einen positiven Bezug zum gerechten Kampf um Demokratie und Freiheit, um nationale und soziale Befreiung in den Herkunftsländern als Bestandteil der Vorbereitung der internationalen sozialistischen Revolution.
Pilotprojekt „Haus der Solidarität“
Auf dem Gelände der Ferien- und Freizeitanlage „Im Waldgrund“ in Truckenthal/Thüringen (Landkreis Sonneberg) befindet sich ein leerstehender Plattenbau, der nach Kernsanierung hervorragend für die Unterbringung von Flüchtlingen geeignet wäre. Mitten in der schönen Natur könnten sich traumatisierte und geschwächte Flüchtlinge gut erholen, die angebotenen Sprachkurse nutzen usw. Der Jugendverband REBELL hat in einem Schreiben darauf hingewiesen, dass das Projekt „aus sprachlicher, kultureller, pädagogischer, politischer, psychologischer und organisatorischer Sicht – kurz: aus humanitären Erwägungen – äußerst sinnvoll“ ist.
Da müsste doch jede Regierung und Behörde froh sein …
Weit gefehlt. Obwohl nur 40 Kilometer entfernt in Suhl teilweise dramatische Zustände in der dortigen Flüchtlingsunterkunft herrschen – sie ist mit bis zu 1.800 Personen zu 50 Prozent überbelegt – meldet die Landesregierung: „Kein Bedarf!“ Von der Geschäftsführung der Ferienanlage erfuhr die „Rote Fahne“, dass die Erfurter Staatskanzlei wörtlich mitteilte: „Es wird eingeschätzt, dass der Unterkunftsbedarf bis auf Weiteres mit den unmittelbar zur Verfügung stehenden Ressourcen gedeckt ist.“
Und das, obwohl aktuell ausgediente Bundeswehrübungsplätze (bei Ohrdruf), geräumte Polizeidirektionen (Bad Lobenstein), ehemalige Kasernen und ein ehemaliges Bordell als Unterkunft requiriert werden! Dagegen sei die Unterbringung in einer Ferienanlage „nicht förderungsfähig“. Derweil waren der Oberbürgermeister von Suhl, Jens Triebel (parteilos), und das dortige Bauamt kurz davor, einen Teil der Suhler Erstaufnahmeeinrichtung wegen Gefahr für Leib und Leben durch Baumängel zu schließen.
Landauf, landab haben Behörden, Sozialarbeiter, Nachbarn und die Flüchtlinge selbst das Problem von zig Sprachen und Kulturen auf engstem Raum. Die Idee der Initiatoren des „Hauses der Solidarität“, Angehörige der großen Flüchtlingsgruppe von Kurden zusammen unterzubringen, wird aus der Erfurter Staatskanzlei aber sogar als „inhuman“ diffamiert.
Warum?
Ein Freund der Ferienanlage wurde Ohrenzeuge, wie Ute Hopf (CDU), Bürgermeisterin Schalkaus – zu dieser Gemeinde gehört Truckenthal –, am Rande einer öffentlichen Informationsversammlung orakelte: „Hier soll doch ein PKK-Trainingscamp entstehen.“ So absurd der konkrete Vorwurf, so sehr weist er doch auf die antikommunistische Motivation der Gegner dieser Initiative hin. Natürlich wird ein Freiheitskämpfer aus Syrien oder Irak kaum nach Deutschland fliehen, um ausgerechnet dort ein militärisches Training zu absolvieren.
Es wird gebaut!
Vom Betreiber der Anlage, den Investoren, seiner Belegschaft, Menschen aus den umliegenden Dörfern und der Region gibt es eine klare Ansage an Landratsamt und Landesregierung: Wir verstärken unsere Öffentlichkeitsarbeit und den politischen Druck, damit das Projekt offiziell anerkannt wird. Gleichzeitig bauen wir das „Haus der Solidarität“ auf jeden Fall und möchten dort Flüchtlinge unterbringen und versorgen. In einem Flüchtlingshaus neuer Art, mit syrisch- und irakisch-kurdischen Bewohnern und im Kontakt mit deren Organisationen in Deutschland.
Angespornt hat die Initiatoren und Unterstützer dabei das Sommercamp des REBELL, dessen Teilnehmer das alte Gebäude von allen maroden Rohren, Türen und sonstigen Gebäudeteilen befreit haben. Sie haben in Suhl mit den dortigen Flüchtlingen demonstriert und mit etwa 70 von ihnen in der Anlage gemeinsam gefeiert und gebaut. Der REBELL hat während des Sommercamps U18-Brigaden zur Renovierung des Gebäudes organisiert, die sich als Schwesterbrigaden der ICOR-Solidaritätsbrigaden für den Wiederaufbau in Kobanê verstanden.
Dieses Projekt verdient bundesweite Unterstützung aus ganzem Herzen:
• Unterstützt die Forderung, dass das „Haus der Solidarität“ offiziell anerkannt wird!
• Unterstützt den sofortigen Baubeginn zur Sanierung des Gebäudes durch Privatkredite an den VermögensVerwaltungsVerein Horster Mitte e.V.!
• Fördert die Betreibergesellschaft „Investorengruppe Im Waldgrund Truckenthal GmbH & Co. KG“ mit Einlagen!
• Macht mit bei den „Subbotniks“ (ehrenamtliche Arbeitseinsätze) beim Bau des „Hauses der Solidarität“ in Truckenthal/Thüringen!
1 lt. Statistiken des UNHCR (Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen)
2 Nachzulesen in „Katastrophenalarm!“, ab S. 235