Weltfrauenkonferenz – ein Zukunftsprojekt

Die kämpferische Frauenbewegung in Deutschland belebt und stärkt sich. Das hat der Internationale Frauentag 2015 am 8. März gezeigt. 45 überparteiliche Aktionen zeigen wachsende Bündnisbreite.

Mit deutlich über 10.000 aktiven Teilnehmerinnen und Teilnehmern beginnt er Massencharakter anzunehmen. Eindrücklich war der kämpferisch-internationalistische Charakter. Die massenhafte Beteiligung von Frauen im kurdischen Befreiungskampf und die Feier der erfolgreichen Verteidigung von Kobanê waren wichtige Elemente am 8. März, wie auch die Rolle der Frauen in der hiesigen Solidaritätsbewegung. In Berlin, Hamburg, Bremen, Wuppertal, München und Nürnberg gab es große Demonstrationen. In zahlreichen anderen Städten kleinere Demonstrationen und viele kämpferische Straßenaktionen und Kundgebungen wie in Duisburg, Tübingen und Frankfurt/Main. Dass die 1. Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen 2011 in Caracas beschlossen hatte, den 8. März als einen ihrer drei gemeinsamen Aktions- und Kampftage zu begehen, strahlt aus. Sein überparteilicher, selbständig-kämpferischer Charakter setzte sich durch gegen bürgerliche und kleinbürgerliche Versuche, seine Anliegen für erledigt zu erklären, in parlamentarische Bahnen zu lenken oder zum Frauen-Shopping-Tag zu verbiegen. Die Belebung der kämpferischen Frauenbewegung zeigt sich nicht nur am 8. März: Bei den Streiks der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) für die Gleichbezahlung von angestellten und beamteten Lehrerinnen und Lehrern sind die Streikenden mehrheitlich Frauen. Auch bei den Streiks von ver.di für menschen- und kindwürdige Arbeitsbedingungen in den Kitas sind die Mehrzahl der Aktiven weiblich.

Mit frauenpolitischen Zugeständnissen und Reformdiskussionen reagiert die Bundesregierung auf die kämpferische Frauenbewegung. Im Vorfeld des 8. März verdichtete sich das zu einem medialen Trommelfeuer. Mit Randthemen wie der Frauenquote in Aufsichtsräten, aber auch Massenfragen wie Recht auf Teilzeitarbeit, Erhöhung des Kinderfreibetrages und anderen versuchte die Merkel/Gabriel-Regierung, den Eindruck zu erwecken, das Grundanliegen des 8. März als Kampftag für die Befreiung der Frau hätte sich erledigt. Die Lebenslüge der angeblichen Gleichberechtigung der Frau wurde enorm propagiert. Auch in der Arbeiterbewegung sind durchaus nicht alle Auseinandersetzungen ausgetragen, ob man den Kampf um die Befreiung der Frau nicht (mehr) so wichtig findet. Auch die mehr oder weniger scherzhafte Frage „Und wer spricht von der Befreiung des Mannes?“ zeigt: Die Erhöhung des Frauenbewusstseins ist Aufgabe von und gegenüber Frauen und Männern. Dazu gehört, selbst mit der Wirkung der Regierungspropaganda fertig zu werden, sie würde sich den Fragen der Frauen annehmen. Dafür war die Arbeit rund um den 8. März ein wichtiger Beitrag.

Gerechte Bezahlung?“

Derzeit wird nun das „Entgeltgleichheitsgesetz“ der Regierung debattiert, das „gerechte Bezahlung“ von Frauen schaffen soll. Schon Karl Marx hatte nachgewiesen, dass es im Kapitalismus keinen „gerechten Lohn“ geben kann. Der Kapitalismus beruht auf der Ausbeutung der Arbeitskraft und der Lohn ist nur der Preis für die Ware Arbeitskraft. Der Kapitalist eignet sich den Großteil des geschaffenen Mehrwerts an. Das nennt man Ausbeutung. Frauen wird im Schnitt noch weniger bezahlt, weil sie für die kapitalistische Ausbeutung nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Schließlich weist ihnen die bürgerliche Familienordnung die Hauptverantwortung für die Kinder wie auch für die Kranken- und Altenpflege in der Familie zu. Im Buch „Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau“ hat die MLPD das detailliert nachgewiesen – wie auch, dass bereits Marx und Engels diese bürgerliche Familienordnung als unverzichtbares Gegenstück zur kapitalistischen Ausbeutung der Arbeitskraft analysiert hatten. Das Problem ist also im Kapitalismus gar nicht zu lösen. Genau davon soll abgelenkt werden.

Zahlen einer harten Wirklichkeit

Der in der „Entgeltgleichheits-Debatte“ gehandelte Lohn- und Gehaltsunterschied von 22 Prozent erfasst nur einen Teil des Problems. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt: Der Unterschied zwischen Mann und Frau beim Pro-Kopf-Einkommen beträgt sogar 49 Prozent!

Und ganz im Gegensatz zur Propaganda der Bundesregierung steht Deutschland im internationalen Vergleich immer schlechter da: Seit 2006 bewertet das Weltwirtschaftsforum (WEF) in seinem „Global Gender Gap Report“ (Weltbericht über die Kluft zwischen den Geschlechtern) die Kategorien „Gesundheit, Bildung, politische Teilhabe und wirtschaftliche Gleichstellung“. 2006 lag Deutschland auf Platz 6, 2014 nur noch auf Platz 14 – wesentlicher Grund: der Einkommensunterschied.

Das ist die Realität hinter der Regierungspropaganda: Die Ausbeutungsoffensive in den Betrieben, die Ausweitung des Niedriglohnsektors mit Hilfe der Hartz-Gesetze, all das hat die Lage der Masse der Frauen verschärft:

Die Erwerbstätigkeitsquote von Frauen in Deutschland stieg seit 2001 auf 72,4 Prozent. Aber die Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen ging von 2001 bis 2014 um knapp eine Million auf 7,5 Millionen zurück. 5,3 Millionen Frauen haben ausschließlich einen Minijob. Mehr als 700.000 Frauen stocken ihren Lohn mit Hartz IV auf.

Viele gewichtige Gründe, selbst aktiv zu werden

Bemerkenswert ist, dass eine wachsende Masse von Frauen über den Tellerrand der eigenen Betroffenheit hinaus schaut. Eine große gefühlsmäßige Verbundenheit mit der Lage und den Kämpfen von Frauen in anderen Regionen der Welt entwickelt sich. Das zeigte sich massenhaft im Zusammenhang mit den mörderischen Vergewaltigungen in Indien 2013, bei den weltweiten Protesten gegen die Ausbeutung bis zum katastrophalen Einsturz des Rana-Plaza-Fabrikgebäudes in Bangladesch 2013. Es zeigt sich auch in der Achtung und dem Respekt für den bewaffneten kurdischen Befreiungskampf in Kobanê. Sogar Mode-Magazine wie „Marie Claire“ widmeten den mit der Waffe kämpfenden Frauen einen ausführlichen Bericht mit einfühlsamen Porträts.

Dieses gewachsene internationalistische Frauenbewusstsein ist eine Grundlage, künftig Frauen massenhaft zu organisieren. Dazu muss aber auch einiges ausgetragen und das Frauenbewusstsein der Masse der Frauen höherentwickelt werden. Bei aller emotionaler Solidarität stehen oft die eigene Familie und die unmittelbaren Probleme des Alltags noch praktisch im Vordergrund. Aber viele dieser individuell erscheinenden Probleme können letztlich nur gesellschaftlich und im organisierten Kampf gelöst werden. Dafür überzeugt die MLPD mit ihrer systematischen frauenpolitischen Kleinarbeit. Eine wesentliche Methode sind regelmäßige Hauseinsätze der Wohngebietsgruppen, um systematisch mit den Familien, Frauen und Kollegen zu diskutieren. So machten die Wohngebietsgruppen in Nürnberg, München und Augsburg im Vorfeld des 8. März Hauseinsätze, berichtet die Landesleitung Bayern. In München wurden außerdem Schuleinsätze durchgeführt. Betriebsgruppen verteilten Einladungen vor zahlreichen Werkstoren – nicht nur in Bayern.

Organisiert euch! …

Weil die kämpferische Frauenbewegung sich aus allen Klassen und Schichten der Gesellschaft zusammensetzt, fördert die MLPD neben der Gewinnung von Frauen für die Partei auch den überparteilichen Zusammenschluss der Frauen in kämpferischen Selbstorganisationen wie dem Frauenverband Courage e.V. Weil dieser tatsächlich überparteilich ist, neben vielen anderen auch marxistisch-leninistische Frauen in seinen Reihen willkommen heißt und programmatisch für „eine befreite Frau in einer befreiten Gesellschaft“ steht, wird er z. B. vom „Verfassungsschutz“ antikommunistisch attackiert. Mit haltlosen Diffamierungen und Mobbing sollen Frauen von Courage abgehalten werden. Es ist einer der wichtigsten Erfolge des 8. März, dass Courage sich deutlich stärken konnte.

Antikommunistische Ausgrenzungsversuche gab es auch vereinzelt am 8. März. Sie wurden allerdings kritisch diskutiert und die Frauen ließen sich das nicht gefallen.

in weltweiter Zusammenarbeit

2011 fand die 1. Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen in Caracas/Venezuela statt. 102 Delegierte von 90 Organisationen diskutierten mit über 3.500 Frauen und einigen Männern aus 43 Ländern. Basisfrauen wie die Textilarbeiterin aus Bangladesch, die Automobilarbeiterin aus Deutschland, die Lehrerin aus Tunesien, die Befreiungskämpferin aus Kurdistan, die Umweltaktivistin aus Kolumbien kamen zusammen, um ihre Erfahrungen, Kämpfe, Forderungen und Zusammenarbeit zu beraten und Beschlüsse zu fassen. Vertreten waren unter anderem 56 Frauenorganisationen und -bewegungen, 17 Gewerkschaften; 15 Parteien und linke Bewegungen, acht NGOs, zwei staatliche Organisationen aus Venezuela und Eritrea, sieben Migrantenorganisationen und fünf Volksbewegungen.

Weltfrauen“ nennen sich die Aktivistinnen selbstbewusst. Sie beschlossen, künftig alle fünf Jahre Weltfrauenkonferenzen durchzuführen und damit die internationale Zusammenarbeit und die Organisiertheit der kämpferischen Frauenbewegung in den jeweiligen Ländern zu stärken. Die 2. Weltfrauenkonferenz wird im März 2016 in Kathmandu/ Nepal stattfinden. In Deutschland ist der Frauenverband Courage eine aktive Trägerin.

Organisiert euch!“ war auch die Losung einer Resolution, die im Januar 2015 bei der 4. Europakonferenz der Weltfrauen beschlossen wurde. Diese Konferenz leistete selbst einen wichtigen Beitrag dazu: Sie führte griechische Frauenorganisationen aus verschiedenen Teilen des Landes zusammen und wurde zum Ausgangspunkt einer dauerhaften Zusammenarbeit unter ihnen. Der Frauenverband Courage und seine Prinzipien sind dabei ein Vorbild (mehr dazu auf www.worldwomensconference.org und in „Rote Fahne“ 8/15).

Der Countdown für Kathmandu läuft

Im März 2015 fand auch das 4. Welttreffen der Koordinatorinnen des Weltfrauenkonferenzprozesses in Kathmandu statt. Mit ihren Beschlüssen wurde die heiße Phase der Vorbereitung eingeleitet. Auf einer NRW-weiten Veranstaltung von Weltfrauen, Kämpferischer Frauenrat und Frauenverband Courage am 9. Mai im Kultursaal Horster Mitte in Gelsenkirchen werden die Ergebnisse von Athen, einer Delegation nach Kobanê und des Welttreffens und der Weg nach Kathmandu vorgestellt.

Kein Sozialismus ohne Befreiung der Frau

Die MLPD ist die Partei der Befreiung der Frau. Die MLPD steht für die weltanschauliche Offenheit im überparteilichen Zusammenschluss und darüber hinaus dafür, dass die befreite Gesellschaft die revolutionäre Abschaffung der Ausbeutung der Lohnarbeit und ihres unverzichtbaren Gegenstücks, der bürgerlichen Familienordnung, voraussetzt – und den Aufbau des echten Sozialismus/ Kommunismus. Kein Sozialismus ohne Befreiung der Frau und keine Befreiung der Frau ohne Sozialismus! Deshalb ist ein Markenzeichen der MLPD die Organisierung und Förderung von Frauen.