Eineinhalbstündiger Streik bei Daimler Düsseldorf

Düsseldorf (Korrespondenz): Am Dienstag, den 18. November streikte erneut die Frühschicht des Sprinter-Werks von Daimler in Düsseldorf. Bis zu 1.000 Kollegen versammelten sich früh um 8.45 Uhr auf dem Werksgelände und folgten einem Aufruf des Betriebsrates, sich zu „informieren und beschweren“.

Anlass war eine für diesen Tag angesetzte Verhandlungsrunde zwischen der Verhandlungskommission des Betriebsrats, dem Werksleiter Martin Kelterer und dem Spartenleiter Frank Klein. Der Betriebsrat musste in einer kurzen Ansprache offen eingestehen, dass alle bisherigen Versuche, die Daimler-Manager zur „Vernunft“ zu bringen, gescheitert sind. „Das sind keine ernsten Verhandlungen, sondern Taschenspielertricks“, sagte Betriebsratsvorsitzender Thomas Weilbier.

Bernd Kost, Vertrauenskörperleiter und Betriebsrat, prangerte an: „Sie wollen uns ausquetschen wie eine Zitrone.“ Die Kollegen riefen: „Klein, komm runter, du Kleiner!“ und „Feigling!“ Die Kollegen waren wütend und geladen, weil es seit dem 30. September und dem 24-Stunden-Streik keine weiteren Aktionen der IGM gegeben hat. Die IGM-Führung und der Betriebsrat hatten sogar am Tag des Vorstandsbeschlusses über ein neues Werk in den USA am 21. Oktober gegen den Willen der Belegschaft alles ruhig gehalten. Sie erhofften sich damit Zugeständnisse der Daimler-Manager.

Im Gegenteil fahren diese immer weitere unverfrorene Attacken: Bis zum nächsten Modellwechsel in einigen Jahren soll fast jeder Samstag zusätzlich gearbeitet werden. Danach ist ihr Hauptziel, die Nachtschicht abzubauen. Das geht nur, wenn die übrigen zwei Schichten Acht- bis Neun-Stunden-Schichten fahren oder die Jahresstückzahl weiter abgesenkt wird und andere Standorte diese übernehmen. Das würde 1.800 Arbeitsplätze in Düsseldorf vernichten. Der Betriebsrat beendete ohne Möglichkeiten zur Aussprache die zehnminütige Ansprache. Fragen seitens der Kollegen konnten nicht gestellt werden. Mit den Worten: „Ich muss euch jetzt wieder zur Arbeit auffordern“ und „Wir wollen in den Verhandlungen ein tragfähiges Ergebnis erreichen. Vielen Dank, dass ihr uns mit eurer Beschwerde dabei klar unterstützt, denn ihr wollt ja diese vielen Autos bauen“, beendete der Betriebsrat seine Ausführungen. Die Mehrheit folgte diesem Aufruf nicht gleich und rief: „Wir kommen wieder.“ Es bildeten sich über eine Stunde lang noch viele Trauben um jeden Betriebsrat und es wurde diskutiert. So wurde der Streik im Rahmen einer Informationsveranstaltung durch selbständige Initiative noch fortgesetzt. Hier musste Bernd Kost auch unter massiver Kritik der Kollegen an Untätigkeit und fehlender Information seitens der IGM und der Betriebsräte eingestehen, dass es „ein Fehler war, am 21. 10. nicht aktiv zu werden, und dass wir im Betriebsrat auch noch umdenken müssen, weil wir in altem Denken behaftet sind. Weil wir immer noch glauben, dass die Sozialpartnerschaft da ist. Aber es zeigt sich, dass wir härtere Bandagen anziehen müssen, deshalb habe ich heute auch mit anderen Vertrauenskörperleitern der anderen Standorte gesprochen und beraten, wie wir eine gemeinsame Aktion auf die Beine stellen, weil dieser Kampf nicht allein in Düsseldorf ausgetragen werden kann, sonst stirbt jeder für sich.“

Damit konnten die Gemüter vorübergehend beruhigt werden. Wie Dienstag noch bekannt wurde, soll sich die Verhandlungskommission auf eine Stückzahl geeinigt haben, die eine dritte Schicht notwendig machen kann. Allerdings wurde dies von Herrn Port, der im Daimler-Vorstand für den Sprinter verantwortlich ist, direkt wieder infrage gestellt, einkassiert und für nichtig erklärt. Die Kampfbereitschaft der Kollegen ist da.

Zum Redaktionsschluss wurde bekannt, dass direkt am Mittwoch erneut Kollegen zum Betriebsrat gegangen sind und die Arbeit niederlegten. Zugleich wird viel über das Streikrecht diskutiert und mit wem die Kollegen den härteren Kampf wie führen können. Alles muss zuerst durch den Kopf, bevor neue adäquate selbständige Entscheidungen getroffen werden.