Arbeiterbewegung und Umweltbewegung – gemeinsam für Klimaschutz und Arbeitsplätze
Aus Rote Fahne 46/2014: Die Entwicklung des Weltklimas hat dramatische Formen angenommen, die Erwärmung hat bisher besonders in den Meeren stattgefunden.
Die Hauptursache der Erderwärmung ist der massive Ausstoß von Treibhausgasen vorwiegend aus fossiler Verbrennung. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Weltklimarat (IPCC) Anfang November in seiner „Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger“. Nur mit sofortigem weltweiten Handeln kann schwerer Schaden von der Menschheit abgewendet werden. Die Empfehlung des Weltklimarats zur Nutzung der angeblichen Brückentechnologien Atomenergie und fossile Energie gekoppelt mit Kohlenstoffabtrennung und -speicherung (CCS) bis zum Jahre 2050 widerspricht allerdings vollständig dem Ernst der Lage. Notwendig ist ein sukzessives und dann vollständiges Ersetzen fossiler Brennstoffe durch regenerative Energien. Darauf zu verzichten, bedeutet einen Kniefall vor den energie- und umweltpolitischen Zielen und Maßnahmen des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals und nimmt die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit in Kauf.
Sie wissen, was sie tun
Mit aller Macht wollen die europäischen Übermonopole das Gas-Fracking durchsetzen und an der Verbrennung fossiler Energieträger, wie der für sie kostengünstig im Tagebau geförderten Braunkohle festhalten. Weltweit steht das Finanzkapital in dem sich verschärfenden Konkurrenzkampf unter enormem Druck, den tendenziellen Fall der Profitrate auszugleichen und sich im internationalen Konkurrenzkampf durchzusetzen. Der Gaspreis in den USA sank vor allem durch das Fracking von Ende 2008 bis Ende 2012 von 13 auf vier US-Dollar je MMBTU (Energieeinheit). Das setzt die EU-Imperialisten unter Druck, ebenfalls Fracking selbst gegen massiven Widerstand einzuführen.
Inzwischen hat auch der Siemens-Konzern – einst Erfinder des „Greenwashings“ – seine Zurückhaltung aufgegeben und setzt voll auf Fracking. Exxon Mobil hat im September Tausende bürgerliche Politiker und Medien, aber auch Umweltverbände kontaktiert und eine bundesweite Anzeigenkampagne geschaltet. Darin wird behauptet, mit moderner Technologie und unter Beteiligung der kritischen Öffentlichkeit sei ein giftfreies, umweltverträgliches Fracking möglich. Das ist dreist! Denn bei der Fracking-Technik gelangt auf jeden Fall sogenanntes Formationswasser aus den Gesteinsschichten an die Oberfläche. Selbst wenn ein Fracking ohne den Einsatz giftiger Chemiecocktails möglich wäre, wird trotzdem je nach geologischer Zusammensetzung das ausfließende Wasser mit in der Tiefe lagernden krebserregenden Kohlenwasserstoffen oder radioaktiven Substanzen vermischt sein. Ganz zu schweigen von den Zerstörungen in den tiefen Gesteinsschichten, die mit Erdbeben einhergehen können. Förderung und Verbrennung von Fracking-Gas wirken sich ebenfalls klimaschädlich aus und verschärfen so die Gesamtproblematik.
Passend zur Fracking-Offensive der Monopole weicht der Wirtschaftsausschuss des Bundestages das löchrige Eckpunktepapier der Bundesregierung zum Fracking noch weiter auf und plädiert dafür, dass „allenfalls leicht wassergefährdende Frackflüssigkeiten“ genauso wie die Verpressung von giftigem Backflow sogar in der Nähe von Wasserentnahmestellen und Lebensmittelproduktions-Standorten erlaubt werden sollen. Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt diese Bedrohung unserer natürlichen Lebensgrundlagen ab.
Rechte Gewerkschaftsführer an der Seite von Monopolen und Regierung
In dieser Situation kommt die IGBCE-Führung Regierung und Monopolen zur Hilfe. Unter dem publikumswirksamen Vorwand des Erhalts von Arbeitsplätzen macht sich die IGBCE-Führung „Für einen wirtschaftlichen, innovativen und sozialverträglichen Energiemix aus erneuerbaren Energien, Kohle und Gas“ stark. In drei zeitgleichen Regionalkonferenzen der IGBCE verkündete der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis den Start einer bundesweiten Unterschriftenaktion „Für bezahlbaren Strom und gute Arbeitsplätze“. Diese wird auch unterstützt von den Vorständen der IG Metall, EVG und IG BAU. Der von Vassiliadis geforderte „sozialverträgliche Energiemix“ ist ein Cocktail, der vor allem den Energiemonopolen munden soll. Er richtet sich „gegen alle Pläne, kurzfristig und kurzsichtig Kraftwerke vom Netz zu nehmen“ und verlangt „Stabilität für die Kohle und Sicherheit für Investitionen in Tagebaue und (Kohle)Kraftwerke“ (Rede Vassiliadis, 3. 11. 14). Vassiliadis’ Behauptung, für die Grundlast in der Stromversorgung seien Braunkohlekraftwerke als Begleitung des Atomausstiegs unverzichtbar, weil die Speichertechnik für erneuerbare Energien noch nicht entwickelt wäre, ist eine der Lebenslügen von Energiemonopolen und Bundesregierung. Der Einsatz von Energiespeicherung z. B. durch Wasserstoff, der durch Wind- und Sonnenenergie unbegrenzt gewonnen werden kann, ist technisch längst erprobt und wird in kleinem Umfange bereits praktiziert (unter anderem in der Uckermark). Aber der großflächige Einsatz und die dafür notwendigen Investitionen werden vom internationalen Finanzkapital boykottiert zugunsten der hochprofitablen Verbrennung fossiler Energieträger. Braunkohle ist der dreckigste fossile Energieträger, nicht nur durch den höchsten CO2-Ausstoß, sondern auch durch die Verbreitung einer Vielzahl anderer Umweltgifte in großen Mengen und die Zerstörung ganzer Siedlungen und Landstriche. Dessen ungeachtet fordert der IGBCE-Funktionär Rüdiger Sievers, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Vattenfall Europe Mining AG, auf einer von der IGBCE am 3. November einberufenen Versammlung in Cottbus die Regierung auf, gegen die Umweltbewegung einzuschreiten: „Tausende gute Arbeitsplätze stehen in der Lausitz auf dem Spiel, wenn die ungerechtfertigten Angriffe gegen uns weitergehen und die Politik den Tatsachenverdrehern in den Nichtregierungsorganisationen nicht Einhalt gebietet.“
Statt die Kohle zu verbrennen, kann dieser wertvolle Rohstoff für Kohlefaser-Technologie verwendet werden; statt weitere Kohlekraftwerke und AKW zu bauen, müssen Speichertechnologien in großem Umfang zur Anwendung kommen usw. Überall dort könnten Hunderttausende neue Arbeitsplätze entstehen.
Die sich hier als Kreuzritter der Arbeitsplätze inszenieren, haben keinen Finger krumm gemacht gegen die Schließung der Steinkohlezechen. Im Gegenteil: die IGBCE-Führer um Vassiliadis haben mit der RAG zur Vernichtung der Arbeitsplätze im Steinkohlenbergbau zusammengearbeitet und alles versucht, Kämpfe zu unterbinden. Auch dabei geht es vor allem um Gas-Fracking. Denn so lange unter Tage noch der Steinkohleabbau in Betrieb ist, kann die Fracking-Technologie nicht eingesetzt werden. Das einzige, worum die IGBCE-Spitze offensichtlich immer besorgt ist, sind die Maximalprofite der Monopolunternehmen.
So viel zur Verdrehung der Tatsachen!
Welche Konsequenzen sind zu ziehen?
Die neue Fracking-Offensive in Europa zeigt, „dass kapitalistische Produktion und Konsumtion nur noch auf der Grundlage chronisch krisenhafter Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit funktionieren.“ („Katastrophenalarm!“, S. 78)
Deshalb muss der Kampf gegen Fracking auch mit aller Härte gegen imperialistische Profit- und Machtinteressen geführt werden! Heute werden die Weichen gestellt, ob künftige Generationen noch auf diesem Planeten leben können. Statt Klassenarbeitspolitik erfordert dies vor allem den Aufbau einer internationalen Widerstandsfront gegen die Überausbeutung von Mensch und Natur.
Die Arbeiterinnen und Arbeiter insbesondere der großen Industriebetriebe müssen zum Rückgrat einer kämpferischen Umweltbewegung werden. Gemeinsam müssen Arbeiterbewegung und Umweltbewegung einen entschlossen Kampf für Arbeitsplätze und Umweltschutz führen: um gesunde Arbeits- und Lebensbedingungen, für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, Einschränkung der Nacht- und Schichtarbeit, zusammen mit dem Kampf um die Senkung der Treibhausgas-Emissionen um 70 bis 90 Prozent bis zum Jahr 2030, für die Umstellung auf ein Verkehrssystem, das auf die Verbrennung fossiler Rohstoffe verzichtet usw.
Die Freunde und Mitglieder der MLPD verbreiten das Buch „Katastrophenalarm!“. Es ist unverzichtbar, um die gesetzmäßigen Hintergründe des beschleunigten Übergangs in eine globale Umweltkatastrophe zu verstehen, entwickelt eine Strategie und Taktik für den Umweltkampf und verarbeitet die großen Erfolge, aber auch Probleme mit dem Umweltschutz beim bisherigen sozialistischen Aufbau. Die MLPD und besonders ihre Umweltgruppen tragen die Perspektive des echten Sozialismus, dessen Aufbau sich auf die Einheit von Mensch und Natur gründet, in die Strategiedebatte der Umweltbewegung.
Eine Kampforganisation, die den Kampf gegen Fracking und andere umweltzerstörerischen Praktiken des internationalen Finanzkapitals mit der notwendigen Härte führen kann, ist dringend nötig. Die MLPD beteiligt sich deshalb, wenn jetzt nach zweieinhalbjähriger Vorbereitungszeit am 29./30. November in Berlin eine überparteiliche, demokratische und finanziell unabhängige Umweltgewerkschaft gegründet wird. Im Vorfeld wird die Gründung breit bekannt gemacht und werden weitere Unterstützer gewonnen.
Wer sich darüber hinaus für eine sozialistische Perspektive einsetzen will, der ist herzlich eingeladen, die MLPD als Partei des radikalen Umweltschutzes kennen zu lernen und zu stärken.