Tarifrunde öffentlicher Dienst – kämpferisch und selbstbewusst

Ver.di fordert für die etwa 2,1 Millionen Beschäftigten 100 Euro Festgeld mehr – was den unteren Einkommen besonders zugute kommt – sowie eine prozentuale Lohnerhöhung von 3,5 Prozent. Eine wichtige Rolle spielt die Forderung nach unbefristeter Übernahme aller Auszubildenden. Auch ihr Lohn soll um 100 Euro steigen.

Mehr Leute, damit wir die Arbeit schaffen und gesund bleiben“, ist für eine Krankenpflegerin das wichtigste Motiv für den Warnstreik. Eine andere Pflegerin ergänzt: „Wenn Leute fehlen, ist der Stress und der Druck groß, man hat Angst, Fehler zu machen, es geht schließlich auch um das Wohl der Patienten. Der Mensch soll im Mittelpunkt steht, nicht was am meisten Kohle bringt.“

Ein Straßenbahnfahrer wendet sich an seine Fahrgäste und fordert: „Wir müssen durchhalten, um ein Zeichen zu setzen. Geht auch mal auf die Straße, so langsam könnt ihr euch die niedrigen Löhne auch nicht mehr gefallen lassen.“ (WDR)

Das Lamentieren der „öffentlichen Dienstherren“ von überzogenen Forderungen, die nicht bezahlbar seien, dient allein dem Zweck, die übrige Bevölkerung gegen die Streikenden aufzubringen. Das ist aber bisher gründlich misslungen. In einer repräsentativen N24-Emnid-Umfrage halten 63 Prozent der Befragten die Forderungen für angemessen, nur 30 Prozent der Deutschen finden sie übertrieben.

In den letzten zwölf Jahren hat eine massive Umverteilung zu Lasten der Beschäftigten und zu Gunsten der Herren in den Chefetagen stattgefunden. Während die durchschnittlichen Reallöhne stagnierten, sind die Profite explodiert und z. B. die Bezüge der Vorstände um 40 Prozent gestiegen. Im öffentlichen Dienst lagen die Lohnsteigerungen mit am unteren Ende der Skala. Für die „systemrelevanten“ Banken wurden in kürzester Frist Hunderte von Milliarden locker gemacht und damit die Staatsverschuldung nach oben getrieben. Sind etwa die Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht „systemrelevant“? In den letzten Jahren wurde auch im öffentlichen Dienst ein gigantischer Niedriglohnsektor durchgesetzt. Die Forderungen und Warnstreiks richten sich gegen diese ganze Entwicklung der Verschlechterung der Lebenslage und wie mit den Leuten umgesprungen wird.

Die große Beteiligung an den Warnstreiks und ihre vielfache Ausdehnung auf den ganzen Tag sind daher die richtige Antwort an diese „Dienstherren“, die bisher nicht einmal ein Angebot vorlegten. Stattdessen drohen sie mit der Vernichtung weiterer Arbeitsplätze.

Mit bis zu zweitägigen Warnstreiks wie im Nahverkehr in NRW und verbunden mit einer großen und selbstbewussten Beteiligung an den regionalen Kundgebungen brachten die Streikenden phantasievoll ihre Kampfbereitschaft zum Ausdruck. Ein Streik im öffentlichen Dienst mit den Regierungsvertretern als Tarifgegnern ist von vornherein ein Politikum. Die sture Haltung von Regierung und Kommunen und ihre Hetze kann ihre Nervosität nur schwerlich verbergen.