Wie war das mit den Krimtataren?
Die gefährliche Zuspitzung zwischen den europäischen, US-amerikanischen und russischen Imperialisten durch die Vorgänge in der Ukraine hat auch die Frage der dort lebenden Krimtataren wieder aktuell gemacht.
12 bis 15 Prozent der Einwohner auf der Krimhalbinsel zählen heute zu dieser Volksgruppe. In der „Welt am Sonntag“ vom 2. März wird Nariman Dscheljalow, der stellvertretende Vorsitzende des Medschlis, eines Verwaltungsorgans der Krimtataren, mit den Worten zitiert: „Wir waren von Anfang an auf der Seite der europäischen Integration.“ Sollte er damit tatsächlich für die Mehrheit seiner Landsleute sprechen, so hätten diese aus der Geschichte nichts gelernt. Schon einmal hatten sie sich einer imperialistischen Macht angeschlossen und zwar während des II. Weltkriegs dem deutschen Faschismus, der ihre Heimat, die sozialistische Sowjetunion, überfallen hatte!
Die Nazipropaganda hatte den mohammedanischen Krimtataren vorgegaukelt, dass für sie eine Exilregierung für einen unabhängigen Staat bereit stünde. Angesichts einer religiösen Verblendung, die von den ehemals herrschenden feudalen Kräften geschürt wurde, erzielten die Hitlerfaschisten durchaus Erfolge. Das berichtete der amerikanische Journalist Ian Johnson in einer Untersuchung über den Islamismus: „Anfang 1942 leiteten das Ostministerium und die Wehrmacht eine Kampagne zur Anwerbung von Tataren auf der Krim ein, mit einem sensationellen Resultat: Etwa 200.000 Tataren lebten auf der Krim, und rund 10.000 waren von der Roten Armee eingezogen worden. Doch erstaunlicherweise meldeten sich nun sage und schreibe 20.000 Männer freiwillig zur deutschen Wehrmacht – im Grunde die gesamte männliche Bevölkerung zwischen 18 und 35 Jahren, die noch nicht auf der Seite der Sowjets kämpften.“1
Es war deshalb eine von allen Unterstützern der Anti-Hitler-Koalition mitgetragene militärische Notwendigkeit, als die Sowjetregierung im Kampf gegen die Faschisten 1944 die Aussiedlung der Krimtataren verfügte.
Erst nach der Zerstörung des Sozialismus in der Sowjetunion durch den bürokratisch-kapitalistischen Machthaber Chruschtschow wurde diese Maßnahme in Frage gestellt. Im Zuge seiner Angriffe auf Stalin bezeichnete Chruschtschow 1956 in der berüchtigten Geheimrede auf dem XX. Parteitag der KPdSU die Aussiedlung der Krimtataren als ungerechtfertigte Willkürmaßnahme. Begierig wurde dies von allen Antikommunisten aufgegriffen. Doch als der sowjetische Staatspräsident Podgorny 1967 per Erlass die Krimtataren
als Volksgruppe rehabilitierte, kam selbst „Der Spiegel“ nicht umhin, deren Kampf an der Seite der faschistischen Wehrmacht darzustellen.2 Die modernen Antikommunisten hatten später keine Skrupel, in ihrem Hass auf Stalin und den Sozialismus die Kollaborateure Hitlers in Schutz zu nehmen. So behauptete der ehemalige DDR-Historiker Wolfgang Ruge, der sich zum „Anti-Stalinismus-Guru“ mauserte, über Stalin: „Nur nationale Kriterien zugrunde legend, ließ er in der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit ganze Völkerschaften (Balkarier, Tschetschenen, Krimtataren, Inguschen, Kalmücken, Sowjetdeutsche u. a., insgesamt bis zu 2,5 Millionen Menschen) deportieren und ethnisch vernichten.“3 Dass die Krimtataren keineswegs „ethnisch vernichtet“ wurden, ist bekannt. Dass sie heute erneut zum Spielball imperialistischer Interessen gemacht werden sollen, ist tragisch. Man kann nur hoffen, dass es den revolutionären Kräften in der Ukraine und Russland in ihrem aktuellen Kampf gelingt, auch die antikommunistische Geschichtsfälschung als billiges Manöver zur Irreführung der Massen zu entlarven!
1 Ian Johnson – „Die vierte Moschee“, Stuttgart 2011, S. 46
2 Nr. 40/1967, 25. September 1967, S. 153/154
3 Ruge – „Stalinismus“, Berlin 1991, S. 127