Städtebau nach sozialistischen Prinzipien
Berlin (Korrespondenz): Nach der Gründung der DDR 1949 wurde Berlin in Ost- und Westsektoren getrennt und die bis dahin gemeinsamen Städtebauplanungen eingestellt. Eine Gruppe von Planern, Bauarbeitern und SED-Mitgliedern reiste Anfang 1950 nach Moskau, Leningrad und Stalingrad, um in der damals noch sozialistischen Sowjetunion vor Ort die Erfahrungen im sozialistischen Bauen mit den dortigen Verantwortlichen zu besprechen und deren Ergebnisse anzuschauen.
Das Ergebnis dieser Reise waren „16 Grundsätze des Städtebaus“. Sie wurden eigens vom Zentralokomitee der SED am 27. Juli 1950 verabschiedet und beim Bau der Stalinallee in Berlin und beim Aufbau von Stalinstadt (heute Eisenhüttenstadt) umgesetzt. Sie können also heute noch besichtigt werden. Freunde und Genossen der MLPD bietet dazu in beiden Städten kundige Führungen an. Solche Grundsätze waren zum Beispiel:
„• Das Ziel des Städtebaus ist die harmonische Befriedigung des menschlichen Anspruchs auf Arbeit, Wohnung, Kultur und Erholung. Die Grundsätze der Methoden des Städtebaus fußen auf den natürlichen Gegebenheiten, auf den sozialen und wirtschaftlichen Grundlagen des Staates, auf den höchsten Errungenschaften von Wissenschaft, Technik und Kunst, auf den Erfordernissen der Wirtschaftlichkeit und auf der Verwendung der fortschrittlichen Elemente des Kulturerbes des Volkes.
• Der Stadtplanung zugrunde gelegt werden müssen das Prinzip des Organischen und die Berücksichtigung der historisch entstandenen Struktur der Stadt bei Beseitigung ihrer Mängel
• die Wohngebiete bestehen aus Wohnbezirken, deren Kern die Bezirkszentren sind. In ihnen liegen alle für die Bevölkerung des Wohnbezirks notwendigen Kultur-, Versorgungs- und Sozialeinrichtungen von bezirklicher Bedeutung. Das zweite Glied in der Struktur der Wohngebiete ist der Wohnkomplex, der von einer Gruppe von Häuservierteln gebildet wird, die von einem für mehrere Häuserviertel angelegten Garten, von Schulen, Kindergärten, Kinderkrippen und den täglichen Bedürfnissen der Bevölkerung dienenden Versorgungsanlagen vereinigt werden. Der städtische Verkehr darf innerhalb dieser Wohnkomplexe nicht zugelassen werden, aber weder die Wohnkomplexe noch die Wohnbezirke dürfen in sich abgeschlossene isolierte Gebilde sein
• Für die Stadtplanung wie für die architektonische Gestaltung gibt es kein abstraktes Schema. Entscheidend ist die Zusammenfassung der wesentlichen Faktoren und Forderungen des Lebens.
• Bestimmend für gesunde und ruhige Lebensverhältnisse und für die Versorgung mit Licht und Luft sind nicht allein die Wohndichte und die Himmelsrichtungen, sondern auch die Entwicklung des Verkehrs.“
Diese Beispiele zeigen, wie ernsthaft versucht wurde, die menschlichen Bedürfnisse und Erfordernisse zur Grundlage des Städtebaus zu machen, ohne die historisch gewachsenen Strukturen zu zerstören. Im Grunde war es – ohne das explizit so zu sehen – eine Stadtplanung auf der Grundlage des doppelten Produktionsbegriffs von Marx und Engels. Dabei wurden auch die Vorstellungen über die sozialistische Zukunft einbezogen. Das wird an der Stalinallee z. B. gut sichtbar. Man kann in Berlin allerdings auch sehr gut beobachten, wie diese Grundsätze im Zuge von wachsendem Bürokratismus und schließlich der Restauration des Kapitalismus bereits Mitte der 1950er Jahre wieder außer Kraft gesetzt wurden.
Wer Interesse an solchen Führungen hat, kann sich an die Landesleitung der MLPD wenden Tel.: 030 62409054, E-Mail: nord-ost@mlpd.de