Stolz auf den Befreiungskampf der Arbeiter

Hamburg (Korrespondenz): Etwa 70 Besucher nutzten eine interessante Veranstaltung der „Hamburger Geschichtswerkstatt“, um aus der Geschichte der Hamburger Arbeiterbewegung für die heutige revolutionäre Arbeit zu lernen. Sie war der Höhepunkt von Aktivitäten der Geschichtswerkstatt anlässlich der 90. Wiederkehr der Tage des Oktober 1923. Dazu gehörte eine Gedenkkundgebung an den Stätten der ehemaligen Barrikaden im Stadtteil Wandsbek, mit einer Umbenennung eines zentralen Platzes im ehemaligen Aufstandsgebiet als „Platz des Hamburger Aufstand“. Auch ein historischer Spaziergang zu den Stätten der Ereignisse vor 90 Jahren war dabei.

Würdigung des Hamburger Aufstands und seiner Lehren

Schon im Eingangs-Foyer der Kurt-Tucholsky Schule empfing den Besucher eine Ausstellung des Willi-Dickhut-Museums aus Gelsenkirchen. Dabei wurde mit viel Liebe und Detailtreue historisches Material zusammengestellt. Aber nicht nur. Es wurden auch die Lehren für die heutige Zeit gezogen, in der international das Potenzial einer revolutionären Weltkrise heranwächst.

Im Zentrum des Abends aber stand die politische Würdigung des Hamburger Aufstands durch Mitglieder der „Hamburger Geschichtswerkstatt“ – Franziska Baldes, Frieder Scheer, Jochen Büttner und Joachim Griesbaum. Die politische Würdigung schlug einen Bogen über die revolutionäre Zeit 1923 mit einer Hyperinflation, steigender Massenarmut und acht Millionen Menschen ohne Arbeit. Aber auch einem wachsenden Widerstand, Arbeiterstreiks- und Kämpfen in vielen Teilen Deutschlands bis hin zu den Oktobertagen in Hamburg. Am 22. Oktober beschließt die Oberleitung der KPD Nordwest, den bewaffneten Aufstand von Norden her zu entfalten, weil eine akut revolutionäre Krise herrscht, die sich in Hamburg besonders zugespitzt hatte. Am 23. Oktober werden nach einem genauen Plan Polizeiwachen durch die Aufständischen überfallen, Waffen erbeutet und es beginnt ein Barrikadenkampf in verschiedenen Stadtteilen Hamburgs. Nachdem der Aufstand isoliert bleibt und die damalige rechte Führung der KPD auf den deutschlandweiten Aufstand verzichtete, wurde der Hamburger Aufstand höchst diszipliniert und umsichtig abgebrochen, die Aufständischen zogen sich zurück. Entgegen aller bürgerlichen Geschichtsschreibung wurde so deutlich: „Der Hamburger Aufstand war ein Massenaufstand und durchdrungen von revolutionärer Führung und Massenaktivitäten. Er war die richtige Antwort in einer revolutionären Situation, die das Jahr 1923 bestimmte.“ (Veranstaltungsrede) Das damalige Zentralkomitee der KPD hat die Worte von Marx: „Nie mit dem Aufstand spielen“, nicht beachtet, hat heute zum Aufstand aufgerufen und morgen Einstellung verlangt. Ohne die Ausdehnung des bewaffneten Aufstands auf eine Reihe wichtiger Industriezentren Deutschlands musste der Hamburger Aufstand ein isolierter Akt bleiben und konnte nicht erfolgreich sein, selbst bei bester Leitung nicht. Den Generalstreik abhängig zu machen von einer schlecht vorbereiteten, ihrer Zusammensetzung nach unsicheren Betriebsrätekonferenz (am 21. 10. 1923 in Chemnitz), war ein Fehler.

In der Veranstaltungsrede wurde weiter insbesondere die Auswertung der KPD, ihre Schlussfolgerungen und die allgemeine Lehre von Willi Dickhut – Mitbegründer und Vordenker der MLPD – behandelt. Willi Dickhut fasste zusammen: „Ohne zielklare Führung und gründliche Organisierung kann der bewaffnete Aufstand nicht siegreich sein, das ist die wichtigste Lehre des Hamburger Aufstands im Herbst 1923.“

Über die Arbeitsmethode in der Geschichtswerkstatt

Mitglieder der Geschichtswerkstatt berichteten, wie sie selbst mit verschiedenen Einflüssen fertig werden mussten, „die es an manchen Stellen sehr erschwerten, eine tatsächliche Objektivität der Betrachtung durchzusetzen: die herrschende Klasse hat damals wie heute allein ein Interesse daran, die Spuren ihrer Verwundbarkeit zu verdecken; so wurden in Hamburg insbesondere mit und nach dem II. Weltkrieg Straßen umbenannt, die an den Aufstand oder Revolutionäre erinnerten, ganze Arbeiterviertel zerstört und eine verfälschende Geschichtsschreibung betrieben; notwendig war aber auch die Kritik an einer Glorifizierung, wie sie vor allem durch eine revisionistische Geschichtsschreibung der DDR der 60er und 70er Jahre betrieben wurde; das Gegenstück ist eine kleinbürgerlich-skeptische Haltung, wenn der Hamburger Aufstand letztlich als falsch, verfrüht, der Aufstand als Revolte einiger Kommunisten … verfälscht dargestellt wird.“

Der Abend war bestens geeignet, um den Stolz auf den Befreiungskampf der Arbeiter zu entwickeln. Es war ein Programm, mit dem deutlich wurde: Wir wollen in den geschichtlichen Tatsachen den Nutzen für die heutigen revolutionären Aufgaben herausfinden, Freude an der Revolution und einer zukünftig sozialistischen Welt haben. Wir haben keine Angst davor, im Hamburger Aufstand auch Fehler zu untersuchen, damit wir sie in Zukunft vermeiden können.

Und es war ein mitreißender Abend gegen die Scheuklappen, dumpfen Vorbehalte, unwissenschaftlichen Methoden und Unfreiheit des modernen Antikommunismus. In diesem Sinne sollen auch die weiteren Jahre genutzt werden, um dem Gedenken und der Würdigung des Hamburger Aufstands neue Seiten hinzuzufügen.