DGB: Nur 47 Prozent der Bewerber erhalten einen betrieblichen Ausbildungsplatz

Noch am 8. August 2013 meldete die Bundesagentur für Arbeit: „146.000 Lehrstellen unbesetzt!“ (dpa). Daraus machte der „Kölner Stadtanzeiger“ am 13. August wie viele andere Medien: „Lehrlinge verzweifelt gesucht!“

Wilhelm Adamy vom DGB-Vorstand hat jetzt eine Untersuchung1 veröffentlicht, aus der hervorgeht:

• Von allen Bewerberinnen und Bewerbern für Berufsausbildungsstellen erhielten im letzten Jahr nur 47 Prozent einen normalen betrieblichen Ausbildungsplatz.

• 7 Prozent hatten einen geförderten Ausbildungsplatz (keine Chance auf eine Übernahme).

• 5 Prozent begannen sofort mit einem Job als Hilfsarbeiter.

• 23 Prozent gingen – trotz Abschluss – weiter zur Schule, nahmen an Fördermaßnahmen teil oder machten ein soziales Jahr.

• 16 Prozent zogen sich – aus verschiedensten Gründen – vom Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zurück.

• Lediglich 3 Prozent – den „Rest“ – meldete die Bundesagentur für Arbeit offiziell als „unversorgt“.

Adamy führt dazu aus: „Die Ausbildungsbilanz wird in einem günstigeren Licht darzustellen versucht, da viele ausbildungswillige Jugendliche offiziell nicht als ,unversorgt‘ gezählt werden, während sie in Überbrückungs- und Ersatzmaßnahmen auf einen angestrebten Ausbildungsplatz warten. Doch dabei resignieren etliche Bewerber und nehmen keine aktive Hilfe mehr bei der Ausbildungssuche wahr.“

Seit 2005 hat sich die Zahl der nicht studienberechtigten Schulabgänger auch aufgrund der geburtenschwächeren Jahrgänge um mehr als 150.000 verringert. Trotzdem ist die Zahl der Ausbildungssuchenden 2012 aber gestiegen – vor allem wegen der immer größeren Bugwelle von bisher erfolglosen Altbewerbern früherer Jahre. Ihr Anteil beträgt heute laut Adamy bereits ein Drittel der Ausbildungssuchenden.

Fast ein Drittel der Jugendlichen landet in einer der zahlreichen Übergangsmaßnahmen in verschiedensten Schulen/Werkstätten usw. 2012 waren es 266.732. Diese Maßnahmen bewertet Adamy so: „Die große Mehrzahl dieser Jugendlichen bringt also relativ gute schulische Voraussetzungen mit, hatte aber dennoch keine Chance auf dem Ausbildungsmarkt. … Für viele junge Menschen ist der Übergangsbereich so zu einer Warteschleife geworden. Sie könnten direkt eine Ausbildung beginnen, verlieren sinnvolle Zeit beim Übergang an der Schwelle von der Schule in den Beruf. Viele Jugendliche, die diese Maßnahmen durchlaufen haben, sind von Ausbildungslosigkeit und einer oftmals prekären Arbeitsmarktsituation bedroht. Teils durchlaufen sie weitere Übergangsmaßnahmen, sind arbeitslos, jobben zeitweise oder ziehen sich ins Private und die stille Reserve zurück.“

Gespannt wartet der Leser von Adamys schonungsloser Analyse auf konsequente Forderungen des DGB. Seine Schlussfolgerungen beschränken sich jedoch weitgehend auf die Kritik an der Bundesregierung, dass sie nur etwa ein Fünftel der Kosten der Übergangsmaßnahmen finanziert und der Hauptanteil von der Arbeitslosenversicherung bezahlt wird. Verbunden mit dem illusionären Appell an „die Wirtschaft“, sich „verstärkt für das Ausbildungspotenzial einzusetzen“. Wie wenig er selbst daran glaubt, zeigt seine „Hintertür“, dass jugendliche Lehrstellenbewerber „spätestens sechs Monate nach Beginn des Ausbildungsjahres einen Rechtsanspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung erhalten“ sollen. Damit wird die Großindustrie vollständig aus der Pflicht entlassen, den Jugendlichen jede Aussicht auf Übernahme entsprechend der Ausbildung genommen, während die Kosten wieder auf die Massen der Steuerzahler abgewälzt werden.

Demgegenüber fordern kämpferische Gewerkschafter, die MLPD und ihr Jugendverband REBELL seit Jahrzehnten: „Für die Verpflichtung der Großindustrie zu einer Ausbildungsquote von 10 Prozent der Beschäftigten!“2

So wie nach vielen Jahren die Forderung „Unbefristete Übernahme aller Lehrlinge entsprechend der Ausbildung!“ beginnt, Eingang in die ersten Tarifverträge zu finden, muss auch diese Forderung breit in der Gewerkschaft verankert und gegenüber den Monopolen durchgekämpft werden.

 

1 Zeitschrift „Soziale Sicherheit“ 8/9 2013

2 Unter Ausbildungsquote versteht man die Anzahl der sich in Ausbildung befindenden Beschäftigten im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Beschäftigten