EU-USA-Freihandelszone – Nutznießer wären nur internationale Übermonopole

Am 14. Juni erteilten die Handelsminister der EU-Länder der EU-Kommission den offiziellen Auftrag, über ein neues Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA zu verhandeln. Das geplante transatlantische Abkommen TTIP (Transatlantik Trade and Investment Partnership) wird auch Gesprächsthema beim derzeit stattfindenden G8-Gipfel und dem damit verbundenen Europa-Besuch des US-Präsidenten Obama sein.

Loblieder stimmen vor allem die mächtigsten internationalen Übermonopole an, über eine schöne neue Handelswelt von Brüssel bis Washington, von Athen bis San Diego. Die weltweit größte Freihandelszone würde entstehen. Ihr Anteil am Welthandel beliefe sich auf 44 Prozent, der Anteil am Weltsozialprodukt auf 47 Prozent. Berechnungen werden von IFO-Institut und Bertelsmann-Stiftung verbreitet, wonach mit neuen Wachstumsschüben für die Wirtschaft gerechnet werden könnte. Allein in Deutschland würden angeblich 180.000 Arbeitsplätze neu geschaffen.

Mittlerweile aber formiert sich die Kritik durchaus nicht nur von einzelnen EU-Ländern, neokolonial abhängigen Ländern oder imperialistischen Konkurrenten. Eine wachsende Zahl von Gewerkschaften und Selbstorganisationen stellen sich quer und unter den Massen regt sich Widerstand. Völlig zu Recht.

Es geht bei diesem Freihandelsabkommen weniger um den Abbau von Zollschranken, die international agierende Konzerne ohnehin leicht umgehen können. Es geht vor allem darum, dass Schutzmechanismen für Mensch und Natur ausgehebelt werden, weil sie den „freien Handel“ beeinträchtigen. Was schon auf europäischer Ebene mühselig genug verteidigt wird – angeglichene Rechte im Dienstleistungsbereich und in der Industrie bei Löhnen, Gehältern und Arbeitsbedingungen – könnte damit tief nach unten gedrückt werden. Mühsam erkämpfte Umweltschutzauflagen würden um so leichter ausgehebelt. Wenn in der EU die Gentechnik, die Hormonbehandlung in der Tierproduktion oder das Fracking zumindest halbherzig beschränkt werden, dann darf für die Freihandelszone nur der niedrigste Standard Gültigkeit haben. Einzelne Bereiche sollen aus den Verhandlungen (zunächst) ausgeklammert werden – so die staatliche Kultur- und Filmförderung, die in Europa auch kritischen Medien zumindest gewisse Spielräume lässt. Andere Fragen, wie die des Datenschutzes wurden noch gar nicht diskutiert.

Die Verhandlungen über neue Abkommen der WTO, der Welthandelsorganisation über weltweit gültige Regeln, stecken seit Jahren in einer tiefen Sackgasse. Das internationale Finanzkapital schafft es bei aller Machtvollkommenheit nicht, seine „Standards“ gegen den Widerstand der Nationalstaaten und vor allem der Massen durchzudrücken. Besonders in den neokolonial abhängigen Ländern hat sich ein zäher Widerstand entwickelt gegen die damit verbundene Ruinierung der einheimischen Wirtschaft, die Plünderung der Rohstoffvorkommen und die Privatisierung und Kommerzialisierung der Daseinsfürsorge wie beim Wasser oder im Gesundheitswesen. Die transatlantische Freihandelszone versucht wenigstens mit einem Teil der Länder aus dieser Sackgasse zu kommen.

Der mit dem neuen Abkommen geplante engere Schulterschluss zwischen den USA und der EU ist nicht zuletzt auch Ausdruck der verschärften internationalen Konkurrenz – besonders gegenüber den aufstrebenden neuimperialistischen Ländern wie China.

Die Erfolgsaussichten sind für die Herrschenden – allen Schönwetterreden zum Trotz – nicht besonders hoch.