Zur DGB-Kampagne „Gute Arbeit“

Düsseldorf (Korrespondenz): Die Kampagne „Gute Arbeit“ wurde als gemeinsame Initiative der DGB-Gewerkschaften vom DGB-Bundeskongress 2006 beschlossen. Sie soll laut Online-Lexikon „Wikipedia“ das „Leitbild einer modernen, humanen Arbeitswelt“ vermitteln und „wieder den Blick auf die Qualität der Arbeitsbedingungen richten“. Ein Ergebnis ist der jährliche DGB-Index „Gute Arbeit“ mit Ergebnissen aus Umfragen und Untersuchungen zu den Arbeitsbedingungen in Betrieben und Verwaltungen. Die Kampagne bestimmte auch das Motto der diesjährigen 1. Mai-Aktivitäten des DGB: „Gute Arbeit. Sichere Renten. Soziales Europa.“

Ausbeutung verschwunden?
„Gute Arbeit“ ist ein bewusst vager, manipulativer Begriff. Im Kapitalismus müssen die Arbeiter und Angestellten ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten verkaufen. Ob „gute“ oder „schlechte“ Arbeit – ihre Arbeitskraft wird in jedem Fall ausgebeutet, weil sich die Kapitalisten die über den Preis der Ware Arbeitskraft hinaus geleistete Mehrarbeit unentgeltlich aneignen. Der Begriff „gute Arbeit“ ist reformistischer Schwindel, weil er über dieses Ausbeutungsverhältnis hinwegtäuscht. Die Arbeiterklasse kann in selbständigen oder gewerkschaftlichen Streiks über Arbeitsbedingungen, Löhne und Gehälter mitbestimmen, nicht aber über „die Arbeit“, Produkte oder Produktion als solches.

Es macht Sinn, Kolleginnen und Kollegen, Vertrauenskörper und Betriebsräte systematisch zu Arbeitsbedingungen, Löhnen, Entwicklung der Arbeitsplätze und Arbeitszeiten zu befragen, um gewerkschaftliche Forderungen und künftige Kämpfe zu entwickeln. Im Index „Gute Arbeit“ finden sich aber auch die Rubriken Aufstiegsmöglichkeiten, Informationsfluss, Führungsqualität, Betriebskultur, Möglichkeiten für Kreativität. In der Broschüre „DGB Index Gute Arbeit – Handlungsfelder, Einsatzorte“ vom Mai 2010 heißt ein Kapitel: „Gut sind Betriebe, die gute Arbeit fördern.“

Wem dient die Umfrage „Gute Arbeit“?
Zwar werden die Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen mit den verheerenden Auswirkungen der Ausbeutungsoffensive der internationalen Monopole aufgegriffen. Aber es geht nicht um die Entwicklung des gemeinsamen Kampfes dagegen. Vielmehr interessiert die reformistischen Gewerkschaftsführer die Zufriedenheit und Identifikation der Arbeiter und Angestellten mit „ihren“ Firmen. Das bedeutet Unterordnung und Ausrichtung der Gewerkschaftspolitik gegenüber dem weltweiten Konkurrenzkampf der internationalen Monopole und Übermonopole.

Kollegen von Henkel berichteten über den Auftritt des
IG-BCE-Hauptvorstandmitglieds Peter Haussmann auf der Betriebsversammlung im März 2013 im Henkel-Stammwerk in Düsseldorf. Demütig entschuldigte sich Peter Haussmann
bei Henkel-Konzernchef Kasper Rorsted, dass er „über das Thema ,Gute Arbeit‘ sprechen will, wo Henkel doch ein Betrieb sei, der gute Arbeit vorlebt“. Dies sagt er in einem Augenblick, wo Henkel in Düsseldorf 479 Arbeitsplätze im Angestelltenbereich vernichtet, Kolleginnen und Kollegen durch übles Mobbing vor die Tür befördert werden und vermehrt Proteste wegen Überstundenschinderei und Wochenendarbeit aufkommen.

Europaweit ausgerichtete Klassenzusammenarbeit
„In einer Entschließung des Europäischen Rates vom Mai 2007 hat die Europäische Union das Konzept von Guter Arbeit in ihre ,Gemeinschaftsstrategie zu Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit für den Zeitraum 2007 bis 2012‘ mit aufgenommen.“ („Wikipedia“) Dies geschah zum gleichen Zeitpunkt, als die reformistischen Spitzen der europäischen Gewerkschaften in die „Lissabon-Strategie“ der EU eingebunden wurden bzw. deren Nachfolge-Projekt „Positionspapier für Europa 2020“. Darin geben sich die EU und die hier ansässigen internationalen Monopole das Ziel einer weltweit führenden Wirtschaftsmacht auf der Grundlage einer europaweiten verschärften Ausbeutungsoffensive gegenüber den Werktätigen (siehe auch „Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution“, S. 288–291). Nur konsequent, wenn die SPD „Gute Arbeit“ im Oktober 2007 in ihr neues Grundsatzprogramm aufgenommen hat.

Kritik von der Gewerkschaftsbasis
Kollegen der neuen Somat-Tabs-Fertigung von Henkel hatten sich bereits im letzten Spätjahr mit einem Brief an den Hauptvorstand der IG BCE und das Mitgliedermagazin „kompakt“ gewandt, in dem sie massiv verschärfte Ausbeutung, Druck auf die Kollegen und unerträgliche Arbeitsbedingungen aufdeckten, Unterstützung sowie gewerkschaftliche Gegenmaßnahmen forderten. Das passte wohl nicht in die „Gute-Arbeit“-Kampagne. „Leider“ könne man den Artikel nicht veröffentlichen, da er die Redaktion „nach Redaktionsschluss“ erreicht habe. Er verschwand in den Schubladen. Den Kollegen bot man dafür ein Gespräch mit dem IG-BCE-Bezirk an. Der Protest und die eigenen Untersuchungen der Kollegen wurden umgemünzt auf Umfragen entlang des DGB-Indexes „Gute Arbeit“ in verschiedenen Werksbereichen von Henkel Düsseldorf. Das blieb die einzige „Unterstützung“ seitens der IG-BCE-Hauptamtlichen.
Kritiklos nehmen die Kollegen eine solche reformistische Gewerkschaftsarbeit nicht hin, die den Kniefall vor dem weltweiten Konkurrenzkampf der internationalen Monopole macht. Das zeigt der Antrag von Henkel-Kollegen an den IG-BCE-Bezirkstag Düsseldorf für eine 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, der nur mit knapper Mehrheit abgelehnt wurde.

Zwei Richtungen in der Gewerkschaftsarbeit
Die Kritik an der reformistischen Verkleisterung der Ausbeutungsoffensive in den Gewerkschaften muss geführt werden. Wo die Mitglieder Druck machen auf gewerkschaftliche Forderungen wie in der Stahlindustrie zur Übernahme der Auszubildenden nach der Lehre und gleiche Löhne für Leiharbeiter, wurden im Sinne der gewerkschaftlichen Kampforganisation Erfolge erzielt. Wo die Gewerkschaftsführung „Gute Arbeit“ zum Leitmotiv machte, entstanden Tarifverträge wie die ERA-Lohnsenkungsverträge in der Elektro- und Metallindustrie, sogenannte Demografie-Tarifverträge der IG BCE mit der Akzeptanz der „Rente mit 67“ oder die Kapitulation des IG-Metall-Hauptvorstandes vor der geplanten Werksschließung GM/Opel mit der klammheimlichen Absegnung der geplanten Schließung von Opel Bochum. Wichtige Forderungen wie die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich oder für ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht tauchen in der Kampagne „Gute Arbeit“ nicht auf. Sie werden trotz Beschlüssen oder Diskussionen auch auf Gewerkschaftstagen abgeblockt.

Das Ziel der Arbeiterklasse muss die weltweite Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen sein. Die MLPD setzt sich mit der Beteiligung an den Bundestagswahlen das Ziel, die Partei und ihren Jugendverband bundesweit zu stärken und der kämpferischen Opposition eine Plattform zu geben. Gewerkschaftliche und selbständige Kämpfe müssen als Schule des Klassenkampfs geführt werden, um die Arbeiterklasse für die Vorbereitung und Durchführung der internationalen sozialistischen Revolution zu gewinnen. „Gute Arbeit“ ist dagegen der brüchige Versuch der reformistischen Führer in Gewerkschaften, SPD, Grünen und Linkspartei, die Arbeiter mit der Herrschaft des internationalen Finanzkapitals auszusöhnen.