Krisenmanager auf Provokationskurs

Mit einer ganzen Serie von Werksschließungen, der angekündigten Vernichtung von Zehntausenden Arbeitsplätzen, mit der Erpressung zu Lohnverzicht und verlängerten Arbeitszeiten greifen die internationalen Monopole die Arbeiterklasse an.

Wenn sie das Opel-Werk in Bochum schließen, Werksschließungen und Arbeitsplatzvernichtung in der Stahlindustrie im großen Stil durchziehen wollen – dann legen sie sich allerdings keinesfalls „nur“ mit den unmittelbar betroffenen Belegschaften an. Das für den 3. März geplante Opel-Solidaritätsfest kann zu einem Signal der standort- und branchenübergreifenden Arbeitereinheit und der Vorbereitung auf härtere Auseinandersetzungen werden. Dazu schreibt die Opel-Konzernzeitung von Kollegen für Kollegen, „Der Blitz“: „Einen konzernweiten Streik kann dieses Fest natürlich nicht ersetzen, daran müssen wir selber weiter arbeiten.“

Hintergrund für das rabiatere Vorgehen ist die Tatsache, dass die 2008 ausgebrochene Weltwirtschafts- und Finanzkrise nun schon viel länger dauert, als die Krisenmanager es sich erhofft hatten. Inzwischen hat ein neuer Einbruch im Rahmen der weltweiten, lang anhaltenden Depression begonnen. Besonders, aber längst nicht alleine betroffen ist Südeuropa. Die Neuzulassungen von Pkw in der EU gingen von 15,5 Millionen im Jahr 2007 auf 12 Millionen 2012 in die Knie (siehe Grafik S. 5). Die Industrieproduktion rutscht nach einer kurzen Belebungsphase innerhalb der Krise auch in Deutschland seit April 2012 ins Minus. Der Welthandel ist seit einigen Monaten rückläufig. Im Gesamtjahr 2012 ging er um 0,5 Prozent, im Dezember 2012 bereits um 1,4 Prozent zurück.

Wie das Kaninchen auf die Schlange starrt das allein herrschende internationale Finanzkapital mitsamt seinen Krisenmanagern in den Regierungen in den drohenden Abgrund eines unkontrollierten Einbruchs ihres ganzen Weltwirtschafts- und Finanzsystems – samt den politischen Folgen.

Gemeinsames Krisenmanagement gescheitert
Die Mittel und Methoden des bisherigen Krisenmanagements lassen sich nicht einfach wiederholen. Im Gegenteil: Die damit verbundenen Maßnahmen haben die Probleme vertieft und die Konkurrenz tritt wieder in den Vordergrund. Ein G20-Treffen in Russland endete mit nichts als leeren Sprechblasen.

Ende 2008 hatten die G20-Ländern mit einem bis dahin einmaligen gemeinsamen Krisenmanagement gigantische Summen in die Hand genommen, um den akut drohenden Kollaps des gesamten internationalen Finanz- und Wirtschaftssystems zu vermeiden. Nach dem ersten sehr tiefen Einbruch gelang das sogar – zunächst. Rund 27 Billionen US-Dollar wurden im Zuge dieser Maßnahmen in die kapitalistische Weltwirtschaft gepumpt – die 20-fache Summe des gesamten Staatshaushalts der BRD.

Der Preis waren nie dagewesene Staatsschulden und eine mit staatlichen Geldfluten aufgeblähte Spekulation. Der Handel mit so genannten Derivaten, der vor dem Krisenausbruch 672 Billionen US-Dollar umfasst hatte, stieg bis zum Juni 2012 wieder auf 639 Billionen US-Dollar – das ist fast das Zehnfache des gesamten Weltsozialprodukts. Mit „Rettungsschirmen“ für Banken und Konzerne wurde der Prozess der Vernichtung von größeren Teilen des überakkumulierten Kapitals gestoppt. Der läuft üblicherweise in einer Überproduktionskrise ab und ist die Voraussetzung, damit die kapitalistische Wirtschaft sich wieder beleben kann – um in einen neuen Krisenzyklus einzutreten.

Die führenden internationalen Monopole zogen sich auf Kosten der Massen, der Staatshaushalte und kleinerer Konzerne relativ schnell aus dem Krisentief heraus. Eine ganze Zeit lang investierten sie ihr überschüssiges Kapital in die sogenannten BRICS-Länder (1) und einige weitere Länder wie Südkorea, Taiwan, Thailand,
Argentinien, Mexiko, Türkei usw. Dort kam es so zu einer Belebung oder gar zu aufschwungsähnlichen Entwicklungen. Deutschland erlebte aufgrund einiger Sonderfaktoren eine zeitweilige Belebung. Das gab der Merkel-Regierung Spielräume, an krisendämpfenden Maßnahmen festzuhalten, was sie wohl gerne fortsetzen würde – wenigstens bis zur Bundestagswahl.

Aber darauf nimmt das internationale Monopolkapital keine Rücksicht, wie die GM-Pläne gegen die Opelaner, die ThyssenKrupp-Projekte gegen die Stahlbelegschaften, die forcierten Stilllegungspläne im Bergbau, die massenhafte Arbeitsplatzvernichtung bei E.on, RWE oder bei der Commerzbank zeigen.

Das ganze bisherige Krisenmanagement hat die Widersprüche aufgestaut, keinesfalls gelöst. Die weltwirtschaftliche Entwicklung wurde immer ungleichmäßiger – spaltete sich zwischen verschiedenen Gruppen und Blöcken.

Ganz besonders die „alten“, lange Zeit dominierenden imperialistischen Länder kamen aus der Krise bis heute nicht heraus. Sie dümpeln vor sich hin – wie die USA –, oder sacken sogar immer tiefer in die Krise – wie Japan. Seit drei Jahren hält die EU-Krise an, die mit dem akut drohenden Staatsbankrott Griechenlands begann – und alles andere als ausgestanden ist. Gemessen an einem Index der Industrieproduktion von 100 im Jahr 2005 lag der Index für Frankreich Ende 2012 bei 89 Prozent, für Großbritannien bei 88,7 Prozent, für Italien bei 80 Prozent, für Spanien bei 74,8 Prozent. In Deutschland zwar um 10,9 Prozent darüber, allerdings immer noch unter dem Vorkrisenstand von 2007. Die volksfeindlichen Krisenprogramme sorgen dafür, dass die Arbeitslosigkeit in die Höhe schießt. Die offizielle Arbeitslosenquote erreichte in Griechenland im Dezember letzten Jahres 26,8 Prozent, die in Spanien 26,1 Prozent. Bei den unter 25-Jährigen waren in Griechenland 57,6 Prozent, in Spanien 55,6 Prozent ohne Job. Es wächst die Bereitschaft zu immer entschiedeneren Massenprotesten.

Ein neues, aggressiveres Krisenmanagement
Nach dem Scheitern ihres bisherigen, vorwiegend gemeinsamen, Krisenmanagements suchen die Herrschenden nach neuen Möglichkeiten, einen unkontrollierten Einbruch aufzuhalten – und die fallen deutlich reaktionärer und offen aggressiver aus.
Mit riesigen Konjunkturprogrammen, dem Fluten der Geldmärkte über die nationalen Notenbanken sollen die jeweiligen Übermonopole für Auslandsinvestitionen gepuscht werden (siehe S. 6). Die chronische Überakkumulation von Kapital lässt neue Spekulationsblasen entstehen – mit neuen Risiken (s. Studientipp zur Überakkumulation, S. 7).

Die gesteigerte zwischenimperialistische Konkurrenz zeigt sich auch in den Rüstungshaushalten. Einzelne Länder waren gezwungen, etwas zurückzustecken. Andere drängen weiter vor. Deutschland wurde 2011 nach den USA und Russland zum drittgrößten Rüstungsexporteur der Welt. Die Aufstockung der Rüstungsproduktion und zunehmend aggressive Rüstungsexporte werden ebenfalls zu einem Hauptinstrument des Krisenmanagements. Sie verschaffen einem wachsenden Teil der internationalen Monopole staatlich garantierte Aufträge, die dem Rückgang der privaten Investitionen und des privaten Konsums entgegenwirken.

Das lässt aber auch die Kriegsgefahr wachsen. Bei den zunehmenden Kriegseinsätzen – gerade auch des deutschen Imperialismus – geht es in erster Linie um territoriale Vormachtpositionen und die Beherrschung von Rohstoffquellen – wie in Mali oder an der türkisch-syrischen Grenze.

Ein regelrechter Boom bei der Ausplünderung von Rohstoffen ist verbunden mit einem nie da gewesenen Raubbau an der Natur. Aber auch damit stoßen die Herrschenden wie beim Fracking oder beim mörderischen Goldbergbau in Lateinamerika auf Widerstand – von Bergleuten, Umweltschützern, indigenen Gemeinschaften.

Die Furcht der Herrschenden
Es ist überhaupt die Hauptsorge der Herrschenden, dass sich das Potenzial einer revolutionären Weltkrise entfaltet. Bei einer Festveranstaltung des Sachverständigenrates am 20. Februar beklagte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel über die zunehmende Konkurrenz zwischen den G20-Staaten und die Skrupellosigkeit der sogenannten „Finanzmarktakteure“: „Der Gedanke, kurzfristig noch einen Vorteil zu erreichen, überwiegt. … Wenn die Menschen den Eindruck haben, dass der Mensch sozusagen im Rahmen des Wirtschaftens eine untergeordnete Rolle spielt, werden sie die Menschen für die politische Ordnung nicht gewinnen können.“

Was soll denn bitteschön an einem Ausbeutersystem überzeugend sein, das ausschließlich zum Vorteil des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals organisiert ist und Mensch und Natur mit Füßen tritt?

Mit ihrer Offensive für den echten Sozialismus im Kampf gegen den modernen Antikommunismus steht die MLPD für eine radikal-linke Alternative.

Übergangssituationen fordern Entscheidungen heraus
Bei ihrem Stuttgarter Parteitag im vergangenen Herbst wurde ausführlich über die neue historische Umbruchphase vom Kapitalismus zum Sozialismus und die allseitige Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems diskutiert. Die Situation wurde als „Übergangsphase“ gekennzeichnet, „in der in noch nie dagewesenem Maße die objektiven Voraussetzungen für die vereinigten sozialistischen Staaten der Welt herangereift sind. In einer Übergangsphase, in der auch der subjektive Faktor begonnen hat, sich neu zu entwickeln und im internationalen Maßstab ein revolutionäres Bewusstsein zu entwickeln.“

Übergangssituationen fordern Entscheidungen heraus – sich für neue Zeiten, eine neue Perspektive zu entscheiden! Ein indisches Sprichwort sagt: „Wenn du den Fluss durchqueren willst, musst du das eine Ufer verlassen …“

Das lässt sich auch so verstehen: Wenn du den Kapitalismus für untauglich erkannt hast, dann entscheide dich für die revolutionäre Alternative, engagiere dich für die internationale Revolution mit dem Ziel der vereinigten sozialistischen Länder der Welt.

Anna Bartholomé


1) BRICS-Länder: Brasilien, Russland, Indien, China Südafrika