Offensiver Kampf um jeden Arbeitsplatz – für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich!

Dramatische Ausmaße nimmt die Zahl der Arbeitslosen in Europa an. Das betrifft nicht nur Länder wie Griechenland, Spanien, Portugal oder Irland, sondern zunehmend auch die Länder Mitteleuropas.

Immer rigoroser werden Arbeitsplatzvernichtung und Werksschließungen geplant und durchgezogen.

Hunderttausende Beschäftigte sind zurzeit in Deutschland von der Ankündigung der Vernichtung von Arbeitsplätzen betroffen. Zehntausende Arbeitsplätze sollen bis 2018 im Steinkohlebergbau vernichtet werden. 3.800 Arbeitsplätze stehen jetzt neu im Stahlbereich von ThyssenKrupp auf der Abschussliste. In der Solarindustrie droht der Verlust von rund 10.000 Stellen. Die Energiekonzerne E.on und RWE planen, 6.000 bzw. 10.000 Arbeitsplätze zu vernichten. In der Baubranche will der führende deutsche Konzern Hochtief 700 Stellen direkt streichen und 6.200 weitere abstoßen. Die Commerzbank will in den nächsten vier Jahren 4.000 bis 6.000 der zuletzt 49.000 Vollzeitstellen im In- und Ausland streichen. Das ist nur eine Auswahl der aktuellen Arbeitsplatzvernichtungspläne in Großbetrieben, von denen jeweils zahlreiche weitere in Zulieferbetrieben und sogenannten „Dienstleistungsbereichen“ abhängen.

Die Industriebetriebe in Deutschland hatten Ende Januar schon den 19. Monat in Folge einen Rückgang des Auftragseingangs zu verzeichnen und ihre Fertigung den zehnten Monat in Folge zurückgefahren. Vor allem die Produktion der Investitionsgüterindustrie schrumpft – ein untrügliches Zeichen bevorstehender Erschütterungen der Wirtschaft insgesamt. Mit krisendämpfenden Maßnahmen wie Kurzarbeit kann dies nur zeitweilig in einzelnen Ländern, Branchen und Betrieben, aber nicht mehr allgemein überbrückt werden.

Hauptursache dafür ist, dass das scheiternde Krisenmanagement der Regierungen und internationalen Monopole immer weniger in der Lage ist, die Wirkungen der seit Ende 2008 andauernden Weltwirtschafts- und Finanzkrise abzudämpfen. Der in Überproduktionskrisen übliche, bisher aber verzögerte Kapitalvernichtungsprozess rückt dadurch ins Zentrum der Krisen- und Ausbeutungsprogramme.

Latente politische Krise verschärft sich

Die Merkel-Regierung vertuscht, dass die Situation immer instabiler wird. Die Arbeitsplatzvernichtung wird mit Sprüchen von einer angeblich „positiven Arbeitsmarktentwicklung“ auszublenden versucht. Jede von Stellenabbau betroffene Belegschaft soll denken, sie sei eine Ausnahme – um den Gedanken an einen gemeinsamen Kampf um jeden Arbeitsplatz möglichst gar nicht erst aufkommen zu lassen. Vor allem soll die Massendiskussion zur Kritik am kapitalistischen System damit besänftigt werden – gerade angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl, bei der die MLPD als revolutionäre, sozialistische Alternative antritt.

Vor allem im Ruhrgebiet lässt sich aber die Arbeitsplatzvernichtung kaum mehr kaschieren. In der ganzen Region werden seit Jahrzehnten ständig industrielle Arbeitsplätze abgebaut. Der gescheiterte „Strukturwandel“ hat schmerzhaft zum Anstieg der Massenarbeitslosigkeit beigetragen. Ganze Industriebereiche, die im Ruhrgebiet konzentriert sind, sind jetzt bedroht, wie der Bergbau und die Stahlindustrie.

Die Kampfkraft bündeln!

Ein von diesen Kernbelegschaften des Industrieproletariats geführter Kampf für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich würde die offensive Durchsetzung der Klasseninteressen der Arbeiter ins Zentrum rücken. Er würde auch die latente politische Krise offen ausbrechen lassen. Diese Forderung fördert statt Standort- und Arbeitsplatzkonkurrenz die Gemeinsamkeit der Belegschaften. Sie ist frauen- und familienpolitisch bedeutsam, wirkt dem drastischen Ausbau des Niedriglohnsektors entgegen und kann Arbeitsplätze erhalten und neue schaffen. Ein solcher Kampf wäre geeignet, die Jugendbewegung, die kämpferische Frauenbewegung und die Bewegung der Erwerbslosen in den Kampf einzubeziehen. Die MLPD hatte deshalb bereits 1995 als erste Partei diese Forderung aufgestellt. Davon ging nicht nur international ein wichtiges Signal aus. Auch in vielen gewerkschaftlichen Gremien wurden bereits entsprechende Beschlüsse gefasst. Anträge an die zentralen Gewerkschaftstage der IG Metall und von Ver.di machten dies mehrfach zum Thema.

Der Kampf gegen die Schließung von Opel Bochum kann dazu beitragen, dass sich das ganze Ruhrgebiet im Kampf um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz zusammenschließt. Stahlarbeiter, Bergarbeiter und Automobilarbeiter – gemeinsam gegen Massenentlassungen und für die Zukunft der Jugend! Das könnte auf ganz Deutschland und europaweit ausstrahlen. Opel-Betriebsrat und IG-Metall-Ortsverwaltung haben eingeladen, den 3. März zum Treffen der Solidarität und des Meinungs- und Erfahrungsaustausches zu machen.

Bedeutende Initiative

Es ist eine zukunftsweisende Initiative, dass sich jetzt 100 Wissenschaftler, Gewerkschafter, Politiker und Kirchenvertreter in einem offenen Brief für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich aussprechen. Es ist höchste Zeit, darüber eine breite gesellschaftliche Debatte anzustoßen.

Von den rechten Gewerkschaftsführungen, die sich dem Konkurrenzkampf der Konzerne unterordnen, wird in den betroffenen Betrieben dagegen zu „Ruhe“ und „Abwarten“ gemahnt. Der stellvertretende IGM-Vorsitzende Detlef Wetzel meinte im Interview mit der „Frankfurter Rundschau“, dass der offene Brief für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich jetzt „nicht … der beste Vorschlag“ sei. Stattdessen bräuchten die Beschäftigten „mehr Zeit-Souveränität“. Die „atmende Fabrik“ lässt grüßen. Das Eintreten für noch mehr Flexibilisierung der Arbeitszeit als „Zeit-Souveränität“ zu verkaufen, ist angesichts der massiven Zunahme von Überstunden, Schicht- und Wochenendarbeit ein starkes Stück. Der Arbeitsplatzvernichtung wird damit nicht entgegen gewirkt, sie wird noch verstärkt.

Gleichzeitig wird von den rechten Gewerkschaftsführern der Kampf um Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich stets gegen den genauso notwendigen Kampf um höhere Löhne ausgespielt. Allerdings nicht, um für offensive Lohnforderungen einzutreten. In der aktuellen Diskussion um die Tarifforderung ordnet sich die IGM-Führung genauso den „gesamtwirtschaftlichen“ Rahmenbedingungen unter. Für IGM-Vize Wetzel ist dabei eine Forderung von etwa 5 Prozent das höchste der Gefühle, wie er im Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ zum Besten gibt. In den Metall-Betrieben werden derzeit Forderungen zwischen 7 und 10 Prozent diskutiert. Die Empörung über die Klassenzusammenarbeitspolitik der rechten Gewerkschaftsführung nimmt zu.

Anders als der offene Brief zur 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich formuliert, wird die Initiative dafür eben nicht von den Gewerkschaftsführungen kommen. Sie muss von den Beschäftigten in den Betrieben ausgehen.

Sicher gibt es auch unter den Arbeitern Bedenken, die geklärt werden müssen. Oft wird eingewendet: Dann wird die Leistungsschraube noch mehr angezogen. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt deutlich, dass die Arbeitsintensität – ob mit oder ohne Arbeitszeitverkürzung – im Kapitalismus immer mehr gesteigert wird. Dagegen muss ebenfalls der Kampf geführt werden. Die Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich wirkt dem ebenfalls entgegen. Damit die arbeitsplatzschaffende Wirkung nicht verpufft, muss sie in einem Schritt statt in Mini-Stufen durchgesetzt werden. Das kann nur auf Kosten der Profite erfolgen. „Unbezahlbar“ ist sie deshalb noch lange nicht. Im Gegenteil haben die Monopole durch die Verdreifachung der industriellen Arbeitsproduktivität in den letzten 20 Jahren (siehe S. 12) ein Vielfaches dessen an Profiten kassiert, was sie dadurch einbüßen würden.

Für ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht!

Die Auseinandersetzung um die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich wird auch in den laufenden Lohntarifrunden ein wichtiges Thema sein. Werksschließungen richten sich aber nicht danach, ob gerade der Manteltarifvertrag – der die Arbeitszeiten regelt – gekündigt werden kann, um dann auch offiziell streiken zu dürfen. Deshalb ist es notwendig, sich das Recht zum selbständigen Streik für die Durchsetzung entsprechender Konzernvereinbarungen zu nehmen und gleichzeitig für ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht einzutreten.

Der Kampf um jeden Arbeitsplatz muss auch mit dem Eintreten für Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie für den Ausbau erneuerbarer Energie-Technologie verbunden werden. Tausende neuer Arbeitsplätze wären nicht nur dafür, sondern auch in der Gesundheitsversorgung, im Sozialbereich und im Erziehungs- und Bildungswesen erforderlich.

Sozialismus ist die Lösung

Zur Überwindung der Massenarbeitslosigkeit muss das gesamte kapitalistische Ausbeutungssystem infrage gestellt werden. In seinem unersättlichen Profitstreben plündert es die Massen rücksichtslos aus und zerstört die natürliche Existenzgrundlage der Menschheit zerstört. Nötig ist sein revolutionärer Sturz und die Errichtung einer gesellschaftlichen Ordnung, in der jeder Arbeit hat. Dann werden auch die Früchte der Arbeit den arbeitenden Massen zugute kommen. Das ist der echte Sozialismus! Dafür steht die MLPD.