Tarifrunden 2013: Regierung und Konzerne fordern „Maßhalten“ – Arbeiter brauchen mehr Lohn!

Die Streiks der privaten Sicherheitskräfte auf Flughäfen und das klare Urabstimmungsergebnis von 91,4 Prozent für einen unbefristeten Streik bei E.on zeigen die Entschlossenheit an der Gewerkschaftsbasis, in den Tarifrunden deutliche Lohnerhöhungen durchzusetzen.

Die sind auch dringend notwendig. Seit über 20 Jahren sinken die Reallöhne mit kurzen Unterbrechungen. Am meisten steigen gegenwärtig die Preise täglicher Bedarfsgüter. Höhere Löhne und Gehälter sind nicht nur im Interesse der Beschäftigten, sondern der breiten Masse der Bevölkerung: die Höhe der Lohnersatzleistungen und Renten richtet sich nach der durchschnittlichen Lohnentwicklung. Der Präsident des Bundesverbands der deutschen Arbeitgeberverbände, Dieter Hundt, sieht jedoch nur „geringe Spielräume“ für Lohnerhöhungen. Der längst fehlende Spielraum auf den Konten der Arbeiter und Angestellten interessiert ihn nicht. Das kündigt härtere Tarifauseinandersetzungen an – genauso wie das wochenlange provokative Verhalten von E.on oder die Absicht, den Landesbeschäftigten im öffentlichen Dienst Urlaubstage zu streichen.

Wenn Unternehmerverbände und Regierung vor „überhöhten Tarifforderungen“ (Hundt) warnen, wollen sie die Arbeiter damit auf die Unterordnung unter ihr Krisenmanagement verpflichten. Sie vergießen Krokodilstränen über die „schwierige Wirtschafts- und Haushaltslage“. Gleichzeitig greifen sie den Konzernen und Banken in der Weltwirtschafts- und Finanzkrise mit Milliardensubventionen unter die Arme und deren Profite schnellen unter anderem deshalb weiter nach oben.

Kein Geld“ für Lohnerhöhungen?

Nur im ersten Krisenjahr 2008 sanken die offiziell ausgewiesenen Gewinne der 500 größten internationalen Monopole zunächst ab. Seitdem verdoppelten sie sich bis 2011 von 822 Milliarden auf 1.634 Milliarden US-Dollar. Das reine Geldvermögen in Deutschland hat sich in den letzten 20 Jahren verdreifacht und liegt bei 4,7 Billionen Euro! Nur 10 Prozent der Bevölkerung besitzen mehr als die Hälfte des Nettovermögens aller Deutschen. 50 Prozent müssen sich 1 Prozent der Besitztümer teilen. Die großen Kapitalbesitzer werden immer reicher, während die Masse der Arbeiterfamilien mit den Löhnen kaum noch über die Runden kommt. Diese Entwicklung stößt auf wachsende Empörung und fördert die Kritik am kapitalistischen System.

Von „notleidenden“ Konzernen kann keine Rede sein. Sie wollen ihre Maximalprofite aber für den verschärften Konkurrenzkampf in der Weltwirtschafts- und Finanzkrise einsetzen. Dies wird wiederum auf Kosten der Arbeitsplätze und Löhne ausgetragen.

Krise „verflüchtigt“?

Im Hinblick auf die Bundestagswahlen erweckt die Bundesregierung den Eindruck, die Wirtschaftskrise habe sich – zumindest in Deutschland – in Luft aufgelöst. Wirtschaftsminister Rösler rechnet für 2013 wieder mit einem „robusten Wachstum“. In den Tarifrunden werden gleichzeitig die „schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen“ beschworen. Das zeigt, wie wenig man der Zweckpropaganda der Herrschenden – in die eine oder andere Richtung – glauben kann.

Der drastische Rückgang der Pkw-Zulassungen und der Autoproduktion in Europa belegt, wie wenig die Weltwirtschafts- und Finanzkrise wirklich überwunden ist. So sind die Pkw-Zulassungen in der EU 2012 um 8,2 Prozent gesunken, die der Nutzfahrzeuge sogar um 11,4 Prozent. Auch in den „aufstrebenden“ Märkten wie Indien, Brasilien oder China haben sich die Zuwachsraten abgeschwächt. Das sind Signale eines begonnenen neuen Einbruchs in der Weltwirtschafts- und Finanzkrise.

Mit „zu hohen Löhnen“ hat diese weltweite Entwicklung nicht das Geringste zu tun. Sie ist Folge der kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten, nach denen das gigantische Krisenmanagement einen tieferen Einbruch innerhalb der Weltwirtschafts- und Finanzkrise nur hinauszögern, aber nicht verhindern kann. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen können nicht durch eine Unterordnung unter das Krisenmanagement verteidigt werden, sondern nur durch den Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten.

Noch schreckt die Merkel-Regierung vor einer abrupten Abwälzung der Krisenlasten zurück. Schritt für Schritt verfolgt sie dieses Ziel allerdings schon seit Jahren. So stieg erst Anfang des Jahres der Beitrag zur Pflegeversicherung und wurde das Elterngeld gekürzt. Davon möchte die Regierung im Vorfeld der Wahlen gerne ablenken, um ihr Image als erfolgreicher „Krisendompteur“ aufrechtzuerhalten. Auch deshalb wollen Monopole und Regierung im Wahljahr möglichst Kämpfe der Arbeiter vermeiden. Diese könnten schnell dazu führen, dass die Arbeiter noch andere offene Rechnungen begleichen wollen: Stichwort „Rente mit 67“. Vor allem aber fürchten Regierung und Monopole, dass sich das Klassenbewusstsein durch die Verarbeitung der Kampferfahrungen mit Hilfe der MLPD entwickelt und die Organisiertheit zunimmt.

12 Millionen Gewerkschafter sind eine Macht

In den zum Teil parallel bzw. kurz hintereinander verlaufenden Lohn- und Gehaltstarifrunden für insgesamt über 12 Millionen Beschäftigte liegt eine große Chance, die Kräfte zu bündeln und sich gegenseitig zu unterstützen. Die bisher beschlossenen Hauptforderungen sind sehr ähnlich. Sie liegen zwischen 5,5 und 6,8 Prozent bei 12-monatiger Laufzeit. Hinzu kommt die Forderung nach der unbefristeten Übernahme der Auszubildenden, wie sie bereits bei Stahl und Metall durchgesetzt ist. Der Wunsch nach größerer Einheit drückt sich auch in Forderungen nach Festbeträgen bzw. sozialen Komponenten gegen das Auseinanderdriften der Löhne und Gehälter aus. Und warum es immer noch unterschiedliche Tarife in Ost- und Westdeutschland gibt, kann in den Betrieben kaum jemand mehr verstehen.

Offensiv geführte Tarifrunden in Deutschland sind auch eine Ermutigung und Signal an die Arbeiter und Angestellten in anderen Ländern, international gemeinsam gegen Dumpinglöhne und die Spaltung der Arbeiter zu kämpfen!

Was soll am Kapitalismus „fair“ sein?

In dieser Situation entfaltet sich in den Gewerkschaften die Auseinandersetzung zwischen zwei Wegen, die sich unversöhnlich gegenüberstehen. Während es an der Basis der Gewerkschaften eine große Bereitschaft zu wirkungsvollen Kampfmaßnahmen und Streiks gibt, geht zum Beispiel die IGBCE-Führung ohne jede Lohnforderung in die Tarifauseinandersetzung für den Bergbau. Auch der Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, reiht sich in den Kreis derer ein, die Lohnforderungen vom Wohl und Wehe der Unternehmer abhängig machen wollen. So fordert er in der Tarifrunde für die Arbeiter und Angestellten einen „fairen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung“.

Huber unterstellt, dass zwischen Arbeitern und Kapitalisten ein partnerschaftliches Verhältnis besteht. Die kapitalistische Lohnarbeit fußt aber auf der Ausbeutung der Arbeitskraft. Der Kapitalist eignet sich den größten Teil der von den Arbeitern geschaffenen Werte unbezahlt an. Er bezahlt nicht die Arbeit, sondern kauft die Arbeitskraft ein. So schafft ein Automobilarbeiter in einer Stunde in etwa 8 Minuten so viel Werte, wie er als Stundenlohn bekommt. Die Werte, die er in den restlichen 52 Minuten schafft, eignet sich der Kapitalist unentgeltlich an. Darauf beruht der unversöhnliche Klassengegensatz zwischen den Arbeitern und den Kapitalisten. Hier von „Fairness“ zu reden, bedeutet nichts anderes, als diesen Klassenwiderspruch zu leugnen und die Arbeiter vom Kampf zur Beseitigung der Ausbeutung von Mensch und Natur durch das internationale Finanzkapital abzuhalten. Auch wenn die Arbeiter und Angestellten in der Tarifrunde höhere Löhne und Gehälter durchsetzen, wird dadurch nicht die Ausbeutung beseitigt.

Kampf um Arbeitsplätze und höhere Löhne gehören zusammen

Vor dem Hintergrund der Weltwirtschafts- und Finanzkrise nehmen gegenwärtig auch Kurzarbeit, Kündigung von Leiharbeitern, Massenentlassungen und Werksschließungen zu. Wie bei Opel wird versucht, damit zugleich Lohnzugeständnisse von den Arbeitern zu erpressen. Die überwiegende Mehrheit der Opelaner hat dieser Erpressung eine klare Absage erteilt. Es ist zu begrüßen, wenn sich in den Betrieben auch die Diskussion um eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich belebt. Bei Stahl und Metall sollte die Kündigung der Manteltarifverträge zur Arbeitszeit und die Aufstellung der Forderung nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich beraten werden. Es ist aber auch notwendig, entschieden den Kampf um jeden Arbeitsplatz zu führen.

Was ist zu tun?

Dort, wo noch keine Forderungen aufgestellt sind, steht eine demokratische Beratung und Beschlussfassung an der Basis an. Dort, wo die Forderungen bereits beschlossen sind, gilt es alles daranzusetzen, die Forderungen durchzusetzen. Die beste Werbung für die Gewerkschaften ist immer noch der Einsatz der gewerkschaftlichen Kampfkraft! Wichtig ist, in allen Phasen die Auszubildenden und Leiharbeiter voll einzubinden und die Kampfeinheit von Jung und Alt zu stärken.

Die MLPD ist die einzige Partei in Deutschland, die konsequent für die Arbeiterinteressen eintritt. Sie wird ihre Offensive für den echten Sozialismus und gegen den modernen Antikommunismus in Verbindung mit den Bundestagswahlen auch nutzen, um kämpferische Tarifrunden zu fördern. Dazu gehört auch die Diskussion über die Perspektive der Abschaffung des ausbeuterischen und unterdrückerischen Lohnsystems im echten Sozialismus!