Mali und die Rolle der Tuareg

Die Tuareg sind eine der rund dreißig Volksgruppen im Land Mali. Um ihre heutige Rolle in der aktuellen Auseinandersetzung zu verstehen, muss man die Geschichte von Mali zumindest in groben Zügen kennen.

Mali mit seinen fast 15 Millionen Einwohnern ist mit mindestens 30 Nationalitäten und Ethnien ein Vielvölkerstaat. Mit 1,2 Millionen km² gehört es zu den größten Flächenstaaten der Welt und verfügt über riesige Rohstoffressourcen, die gnadenlos von den internationalen Bergbaumonopolen ausgeplündert werden. Mali ist eines der ärmsten Länder. Rund drei Viertel der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze.

Als Folge des Übergangs in eine Umweltkatastrophe kam es 2012 zu einer verheerenden Dürre, die vor allem den Norden heimsuchte. Wie auch in anderen neokolonial abhängigen Ländern fielen in den 1990er Jahren die internationalen Monopole in Mali ein. Sie eigneten sich Arbeitskräfte, Rohstoffbasen, staatliche Einrichtungen, lukrative Industrien an.

Am 22. 9. 1960 erlangte die frühere Kolonie Französisch-Sudan als Republik Mali die formelle Selbständigkeit vom französischen Imperialismus. Bestandteil der imperialistischen Herrschaft ist seit jeher eine Politik der Spaltung der verschiedenen Völker Malis, durch Ausnutzung der ethnischen und religiösen Unterschiede. Die Zerrüttung des Landes ist der Boden für die Installierung proimperialistischer Militärmachthaber und die Entstehung rivalisierender faschistischer Gruppen. Sie besitzen jedoch in der Bevölkerung keine Massenbasis.

Die Hauptbevölkerung bilden die Bambara (etwa 32 Prozent), vor allem sesshafte Ackerbauern. Nomaden und Halbnomaden sind die Fulani (etwa 14 Prozent der Bevölkerung) und die vor allem im Norden Malis lebenden Tuareg. Letztere stellen zwei Prozent der Bevölkerung dar.

Das Siedlungsgebiet der Tuareg wurde 1960 gegen ihren Protest auf fünf Staaten aufgeteilt. Die Grenzlinien wurden willkürlich gezogen. 1990 bis 1995 kam es zu Aufständen gegen Diskriminierungen durch die jeweiligen Zentralregierungen.

Nach der imperialistischen Besetzung Libyens und der Niederlage Gaddafis 2011 kamen Tuareg-Söldner mit schweren Waffen zurück nach Mali. Sie vereinigten sich mit anderen Tuareg Organisationen zur „Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad“ (Mouvement  National de Libération de l’Azawad) (MNLA).

Die MNLA eroberte, unterstützt auch durch die instabile Lage nach dem Militärputsch im März 2012, die Kontrolle über die ganze nördliche Hälfte des Landes und proklamierten am 6. 4. 2012 den unabhängigen Staat Azwad. Politisch nehmen sie einen schwankenden Charakter.
Im Bündnis mit ihnen kämpfte zeitweilig Ansar Dine. Es sind faschistisch-islamistische Kräfte, die mit Al Qaida in Maghreb in Verbindung stehen und von Saudi Arabien und anderen reaktionären Golfstaaten unterstützt werden. Sie bauten ihren Einfluss im Norden verstärkt aus und gehen mit äußerstem Terror gegen die Bevölkerung vor.

Daneben gibt es zwei weitere faschistisch-islamistische Gruppierungen, die AQIM (Al Qaida des islamischen Maghreb) und eine Abspaltung die MUJAO (Bewegung für die Vereinigung des Djiad in Westafrika). Die Grenze zwischen bewaffneten faschistischen Gruppen und Mafia-Organisationen, die im Drogen-, Waffen- und Frauenhandel tätig sind, ist fließend.

MNLA und Ansar Dine beschlossen am 26. 5. 2012 die zeitweilige Vereinigung beider Rebellengruppen und die Gründung eines sogenannten islamistischen Staates auf der Grundlage der Scharia. Bereits nach einer Woche wurde diese Vereinbarung aber durch die Tuareg (MNLA) wieder annulliert. Sie weigerten sich, die Scharia anzuerkennen. Tuaregs bekamen selbst die terroristische Unterdrückung zu spüren und wurden aus den größeren Städten im Norden, wie Kidal, Gao und Timbuktu, vertrieben. Die Führung der MNLA unterstützt heute offen die französische Militärintervention. Auch wenn die Bevölkerung im Norden weitgehend muslimisch ist, steht der mit dem Islam begründete Terror in völligem Gegensatz zu ihrer Lebensweise.

 

Die religiös-fundamentalistische Form des faschistischen Terrors hat seine besondere Klassenbasis in einem Bündnis reaktionärer Teile der Bourgeoisie mit Großgrundbesitzern und den reaktionärsten religiösen Führern des Islam unterschiedlicher Strömungen (Wahabismus, …). Dieser Terror, der im Iran zu einer faschistischen Herrschaft geführt hat, „richtet sich direkt gegen das Streben der Völker nach nationaler und sozialer Befreiung, soll vor allem einen Damm gegen die sozialistische Revolution und den Fortschritt der Menschheit zu einer befreiten Gesellschaft errichten. Darin werden die Interessen des faschistischen iranischen Regimes und des Imperialismus identisch.“ („Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution“, S. 256)