„Die Kollegen sind zu Recht stolz auf diesen Streik“
Interview mit Steffen Reichelt, stellvertretender Leiter des IG-Metall-Vertrauenskörpers bei Opel Bochum
Wie bewerten du und deine Kollegen den dreistündigen selbständigen Streik vom 11. Dezember?
Die Kollegen sind vollkommen zu Recht stolz darauf. Das war für alle Beteiligten – auch für diejenigen, die an dieser Aktion noch nicht teilgenommen haben – genau das richtige Signal. Das war eine selbständig organisierte Antwort auf die Provokation von General Motors bzw. Opel und eine klare Ansage, dass wir diese Werksschließung nicht akzeptieren werden. Es wurde deutlich, dass die Kollegen hier selber sprechen. Wir haben ein offenes Mikrofon organisiert und demokratisch darüber abgestimmt, wann wir beginnen und wann wir aufhören. All diese Elemente waren auch der wesentliche Unterschied zu den ebenfalls gut besuchten und von kämpferischer Stimmung getragenen „Informationsveranstaltungen“ des Betriebsrats am letzten Freitag.
Welche Auseinandersetzung gibt es darüber, wie der Kampf weiter geführt werden muss?
Ein nächster Schritt ist, dass wir nach der Absage des „Tags der offenen Tür“ am letzten Samstag – der auf jeden Fall eine große Solidaritätsveranstaltung geworden wäre – selbstbewusst sagen: Wir werden das im Januar nachholen – und zwar selbst organisiert von der IG Metall und der Belegschaft!
Vor allem steht natürlich die Frage im Raum, dass hier ein ganz konsequenter Kampf geführt werden muss, der – was vielen Kollegen mehr und mehr deutlich wird – über das hinaus gehen wird, was 2004 gelaufen ist … was die Kampfmethoden betrifft, z. B. Demonstrationen außerhalb des Werks, aber auch die notwendige Härte, Dauer und Organisiertheit des Kampfs. Das wird natürlich die volle Solidarität der Bevölkerung erfordern – unter anderem finanziell.
Die Kollegen müssen auch fertig werden mit einer bestimmten Resignation wie sie zum Beispiel in der Frage zum Ausdruck kommt: „Können wir daran überhaupt noch etwas ändern?“ Jeder muss sich entscheiden, ob er einen solchen Kampf führen will. Es gibt durchaus Kollegen, die überzeugt mitgestreikt haben und trotzdem mit dem Gedanken spielen, eine Abfindung zu nehmen, weil sie diesen Druck nicht mehr aushalten oder nicht glauben, dass der Kampf gewonnen werden kann. Darüber sind jetzt intensive Auseinandersetzungen notwendig. Die entscheidende Frage ist, dass wir jetzt die Kräfte für den Kampf sammeln, alles Notwendige systematisch beraten und vorbereiten.
Was meinen die Kollegen zu Meldungen wie in der „WAZ“, wo dein Name in Verbindung mit „linken Gewerkschaftern“ gebracht wird, die „Unruhe gestiftet“ hätten?
Es war wichtig für die Kollegen, aber auch für mich, erst mal zu begreifen, was überhaupt hinter solchen Meldungen steckt. Da gibt es einen Zusammenhang zu dem Taktikwechsel, den General Motors eingeleitet hat. Wir haben alle mitbekommen, wie die am 10. Dezember auf der Betriebsversammlung vorgegangen sind, insbesondere gewaltsam gegen unseren Vertrauenskörperleiter. Die Kollegen haben auch registriert, wie die Polizei beim Besuch der Ford-Kollegen aus Genk in Köln eingesetzt wurde. Mit solchen Begriffen wie „Unruhestiftung“ wird versucht, unseren Streik – bei dem die Masse der Kollegen ihren Willen bewusst zum Ausdruck gebracht hat – zu verleumden und zu kriminalisieren, um damit verschärfte Unterdrückungsmaßnahmen vorzubereiten.
Es war deshalb gut, dass die „WAZ“ auf meine Gegendarstellung eingehen musste und große Teile davon veröffentlicht hat. Für uns stellt sich allerdings auch die Frage, wer solche Stichworte gegenüber der „WAZ“ verbreitet. Das wird noch zu klären sein.