Jupp Frerkes erinnert sich an die ersten Stunden „seiner Partei“

Jupp Frerkes ist 74 Jahre alt und war Metallarbeiter in Ulmer Großbetrieben und Mitglied der ersten Stunde. Er blickt auf über vierzig Jahre aktiver revolutionärer Tätigkeit als Marxist-Leninist zurück und gab der „Roten Fahne“ ein aktuelles Interview.

Wodurch wurdest du Revolutionär?
Mein rebellischer Geist hat sich auf Grund der Situation nach dem II. Weltkrieg entwickelt und hat sich dann in der Lehre und mit dem Eintritt in die IGM 1953 fortgesetzt. Was ich nicht verstehen konnte, war, dass viele alte Nazis wieder in Amt und Würden gekommen sind. Ich habe dann aus politischen Gründen den Wehrdienst verweigert. Dennoch war ich noch der Meinung, dass das System reformierbar ist, und habe es dann mit der SPD versucht. 1958 habe ich geheiratet. Dann kamen die Kinder. 1969 sind wir wegen der Arbeit nach Stuttgart gezogen. Ich war schon immer sehr wissbegierig. Deshalb hatte mich die Neugier in einen Zirkel getrieben. Hier wurde über das damals noch sozialistische China diskutiert. Ich habe dann wieder mehr gelesen, besonders Bücher von Mao und dann Marx, Engels und dann auch Schriften des KAB/ML (einer Vorgängerorganisation der heutigen MLPD).

Du hast dich dann als Marxist-Leninist organisiert?
Die Auseinandersetzung mit den Genossen und die Diskussionen über das sozialistische China hatten mich dazu gebracht, mit der Vorstellung zu brechen, dieses System sei reformierbar. Es wurde mir klar, dass ich auch praktisch was tun muss und trat dem KABD bei, der als Bund und Vorstufe der Partei im Jahr 1972 gegründet worden war. Ich war inzwischen wieder in Ulm. Als ich dann im Betrieb als Werkzeugmacher anfing, erst bei Waffen Walther in Ulm, dann bei KHD – später IVECO, war dies ein bewusster Schritt, den Parteiaufbau in Ulm vorwärts zu bringen. Ich lernte eine marxistisch-leninistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit. Dabei  haben wir auch einen bewussten Schwerpunkt auf die Jugendarbeit gelegt. Die Parteigründung 1982 war für mich ein großes Erlebnis, das ich nie vergessen werde.

Du bist in deinem hohen Alter jung und revolutionär geblieben. Wie schaffst du das?
Trotz eines Herzinfarktes und der damit verbundenen Einschränkung der Fähigkeit, allseitig und umfassend an die Dinge heranzugehen, habe ich daran festgehalten, mich mit den Klassikern und unserer Linie zu beschäftigen. Und ich bemühe mich immer, in der Beurteilung  der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Situation ständig am Ball zu sein. Und das mache ich heute noch. Deshalb kann ich auch noch wichtige Beiträge in den Gruppentreffen leisten. Der gemeinsame Austausch und Diskussionen mit meiner Frau waren auch eine wichtige Grundlage für meine Entwicklung. Die MLPD ist unsere Partei.

Was würdest du den jungen Parteimitgliedern und Freunden der MLPD mit auf den Weg geben?
Man muss immer lernen, Erfahrungen machen, auswerten, sich mit der Linie und den Grundzügen der Arbeiterbewegung befassen. Jeder, der revolutionäre Arbeit macht, muss sich kritisch-selbstkritisch beschäftigen.
Die Einheit von Theorie und Praxis war mir immer sehr wichtig – ich wollte zum Beispiel Ende der 1970er Jahre den Revolutionären Weg (RW) abonnieren. Marx hat gesagt:  alles was der Mensch tut muss durch seinen Kopf. Und dazu gehört die theoretische Arbeit, wie auch die praktischen Erfahrungen.

Jupp, wir wünschen dir weiterhin viel Gesundheit und Tatkraft und bedanken uns herzlich für das Interview!