„Im Kampf werden wir gewinnen“
Lissabon (Korrespondenz): Ein Meer von Demonstranten mit Transparenten und vielen roten Fahnen ergießt sich am heutigen Samstag, 29. September, über die Lissabonner Innenstadt. Der völlig überfüllte „Terreiro do Paço“, der wohl größte Platz der portugiesischen Hauptstadt, ist das Ziel der Demonstrationszüge einer schwer schätzbaren riesigen Menschenmenge aus allen Teilen Portugals. Viele von ihnen reihen sich zum ersten Mal in Protestaktionen ein.
Aufgerufen hat zu dieser landesweiten Demonstration die CGTP, die größte der beiden portugiesischen Gewerkschaftszentralen, die unter der politischen Führung der fußlahmen revisionistischen Kommunistischen Partei Portugals (PKP) steht. Ein weit verbreitetes Plakat ruft zum Protest auf gegen die Kürzung von Löhnen, Pensionen und Renten sowie gegen die durch den massiven Protest bereits angeschlagene Regierung aus PSD/CDS. Sie versucht auf Druck des internationalen Finanzkapitals und dessen Troika neue Maßnahmen gegen die Bevölkerung auf den Weg zu bringen.
Es ist die zweite Großdemonstration innerhalb von zwei Wochen nach der selbst organisierten Riesendemonstration am 15. September mit mehr als einer Million Teilnehmern (10 Prozent der Bevölkerung) in ganz Portugal. Ihr folgte ein massiver Protest in Lissabon gegen eine vom portugiesischen Präsidenten Cavaco Silva und dem Staatsrat inszenierte nationale Versöhnungsshow zur Rettung der troika-hörigen Regierung.
Die Arbeiter stellen sich an die Spitze
Die Arbeiterklasse in den noch halbstaatlichen Großbetrieben antwortete mit einer Streikwelle in Raffinerien, Häfen und bei den Transportunternehmen von Bahn, Bus, Schiff und U-Bahn gegen Lohnraub, Entlassungen und rechtliche sowie praktische Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.
Auch am 29. September machen Kollegen aus zahllosen Betrieben, Hafenarbeiter, Angestellte von Versicherungen, Beamte aus dem öffentlichen Dienst, Krankenpflegepersonal, Lehrer und Erzieher, junge Leute aus Call- und Shoppingcentern, afrikanische Arbeiterinnen aus Reinigungsfirmen, Angestellte von Wachdiensten nebst zahllosen Arbeitslosen und empörten Rentnern ihrer Wut Luft. Die Spannbreite des Protestes zeigt sich auch in der erstmaligen Teilnahme von gewerkschaftlichen Blocks der Polizisten und Militärs. Es knistert überall in Portugal.
„Basta“
„Basta!“ („Schluss damit!“) – ist die einheitliche Reaktion auf die neuen Maßnahmen. Hatte die Regierung unter dem Druck der Proteste vor zwei Wochen zeitweilig die geplante Anhebung der Sozialbeiträge um 7 Prozent und andere dramatische Verschlechterungen zurückgenommen, ist sie auf Druck der Troika und des Finanzkapitals jetzt erneut dabei, ein umfassendes Ausbeutungspaket zu schnüren.
Viele Demonstranten und Organisationen prangern die unerträglichen Verschlechterungen der Lebensbedingungen an durch massiven Lohnraub und Arbeitslosigkeit, den Rausschmiss aus der Wohnung auf die Straße, weil die Menschen einfach kein Geld mehr haben! Furchtbar sind die Auswirkungen mit Hunger unter Kindern und alten Menschen.
Suche nach Alternativen zum Kapitalismus
Es tauchen aber auch ständig mehr Plakate auf, die auf eine politische Veränderung des kapitalistischen Systems hinzielen: „Es liegt in der Natur der Arbeiter gegen die kapitalistische Unterdrückung zu kämpfen – im Kampf werden wir gewinnen!“
„Generalstreik!“ ist die Parole des Tages. Viele Menschen tragen diese Parole mit sich und fordern von der Gewerkschaft die Organisierung von entschlossenen Kampfmaßnahmen gegen den Troika-Terror der Regierung. Beifall erhält ebenfalls die Idee einer breiten Einheitsfront im Kampf. Es wird sicher von Bedeutung sein, breit zu diskutieren, worauf in den Kämpfen zu achten ist, wenn sie zum Erfolg führen sollen. Ob sie konsequent durchgeführt werden unter breiter Mobilisierung der Volksmassen oder ob sich falsche Freunde an die Spitze stellen können. Gleichzeitig gilt es, rassistische oder nationalistische Ambitionen zu bekämpfen. Wichtig ist dazu auch der Blick über den nationalen Tellerrand hinaus z. B. nach Spanien und Griechenland zu richten, um gemeinsam mit den dortigen Kämpfen eine internationale Kampffront gegen die Diktatur des internationalen Finanzkapitals zu schaffen.