„Unsere Wasserläufe …, der Wind, das Sonnenlicht liefern ungezählte Pferdekräfte …“
August Bebel, ein Vordenker und führender Vertreter der revolutionären Arbeiterbewegung Deutschlands Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, hat sich frühzeitig mit dem Grundgedanken der erneuerbaren Energien befasst. In seiner 1878 erschienenen Schrift „Die Frau und der Sozialismus“ geht er im 21. Kapitel („Grundgesetze der sozialistischen Gesellschaft“) darauf ein. Die „Rote Fahne“ dokumentiert Auszüge (Seite 472 bis 474, Hervorhebungen im Original).
Umfassende Anwendung der motorischen Kräfte und der vollkommensten Maschinen und Werkzeuge, weitgehende Arbeitsteilung und geschickte Kombination der Arbeitskräfte werden also die Produktion auf eine Höhe bringen, daß zur Erzeugung des nötigen Quantums von Lebensbedürfnissen die Arbeitszeit sehr erheblich reduziert werden kann. Erhöhte Produktion gereicht allen zum Vorteil; der Anteil des einzelnen am Produkt steigt mit der Produktivität der Arbeit, und die steigende Produktivität ermöglicht wieder die als gesellschaftlich notwendig bestimmte Arbeitszeit herabzusetzen.
Unter den in Anwendung kommenden motorischen Kräften dürfte die Elektrizität die entscheidende Stelle einnehmen. Schon ist die bürgerliche Gesellschaft bemüht, sie sich überall dienstbar zu machen. In je umfangreicherem und vollkommenerem Maße dies geschieht, um so besser für den allgemeinen Fortschritt. Die revolutionierende Wirkung dieser gewaltigsten aller Naturkräfte wird die Bande der bürgerlichen Welt nur um so rascher sprengen und dem Sozialismus die Türe öffnen. Die vollste Ausnutzung und umfassendste Anwendung aber wird diese Kraft erst in der sozialisierten Gesellschaft erlangen. Sie wird sowohl als motorische Kraft wie als Licht- und Heizquelle in ungemeinem Maße zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Gesellschaft beitragen. … Unsere Wasserläufe, Ebbe und Flut des Meeres, der Wind, das Sonnenlicht liefern ungezählte Pferdekräfte, sobald wir erst ihre volle und zweckmäßige Ausnützung verstehen.
„Einen Reichtum an Energie, der allen Bedarf weit übersteigt, bieten die Teile der Erdoberfläche dar, denen die Sonnenwärme, und zwar gerade dort größtenteils ungenutzt oder sogar lästig, so regelmäßig zufließt, daß mit ihr auch ein regelmäßiger technischer Betrieb durchgeführt werden kann. … Sehr große Flächen sind nicht einmal nötig; einige Quadratmeilen in Nordafrika würden für den Bedarf eines Landes wie das Deutsche Reich genügen. Durch Konzentration der Sonnenwärme läßt sich eine hohe Temperatur erzeugen, und hiermit dann alles übrige, transportable mechanische Arbeit, Akkumulatorenladung, Licht und Wärme, oder durch Elektrolyse auch direkt Brennmaterial.“ Der Mann, der diese Perspektive eröffnet, ist kein Schwärmer, sondern wohlbestallter Professor der Berliner Universität und Präsident a. D. der physikalisch-technischen Reichsanstalt, ein Mann, der in der Wissenschaft einen ersten Rang einnimmt. Und auf dem 79. Kongreß der British Association in Winnipeg (Kanada) sagte in seiner Eröffnungsrede (August 1909) der berühme englische Physiker Sir S. Thomson:
„Nicht allzufern ist der Tag, da die Ausnutzung der Sonnenstrahlen unser Leben revolutionieren wird, von der Abhängigkeit von Kohle und Wasserkraft befreit sich der Mensch, und alle großen Städte werden umringt sein von gewaltigen Apparaten, regelrechten Sonnenstrahlenfallen, in denen die Sonnenwärme aufgefangen und die gewonnene Energie in mächtigen Reservoirs aufgestaut wird. … Es ist die Kraft der Sonne, die, in der Kohle, in den Wasserfällen, in der Nahrung aufgestapelt, alle Arbeit in der Welt verrichtet. Wie gewaltig diese Kraftabgabe ist, die die Sonne über uns ausschüttet, wird klar, wenn wir erwägen, daß die Wärme, die die Erde bei hoher Sonne und klarem Himmel empfängt, nach den Forschungen von Langley einer Energie von 7.000 Pferdekräften für den Acre gleichkommt. Wenngleich unsere Ingenieure einstweilen noch nicht den Weg gefunden haben, diese riesenhafte Kraftquelle auszunutzen, so zweifle ich doch nicht, daß ihnen dies schließlich gelingen wird. …“ Hiernach wäre die Sorge, daß es uns jemals an Heizstoffen fehlen könnte, beseitigt. Und da durch die Erfindung des Akkumulatoren es möglich ist, große Kraftmengen zu binden und sie für einen beliebigen Ort und eine beliebige Zeit aufzusparen, so daß neben der Kraft, die Sonne, Ebbe und Flut uns liefert, die Kraft des Windes und der Bergbäche, die nur periodisch zu gewinnen sind, erhalten und ausgenutzt werden können, so gibt es schließlich keine menschliche Tätigkeit, für die, wenn notwendig, motorische Kraft nicht vorhanden ist.