„Der Strom müsste nicht so weit transportiert werden“
Interview mit Frau Dr. Margit Heinz, Tierärztin und Vorsitzende der Bürgerinitiative Schalkau gegen die 380-KV-Trasse
Die Bundesregierung macht ja aktuell den zu langsamen Ausbau des Hochspannungsnetzes für die Verzögerung der Umstellung auf erneuerbare Energien verantwortlich. Was ist davon zu halten?
Das ist ein Irrglaube. Die Pläne für die 380-KV-Trasse wurden 2006 offengelegt. Seit sechs Jahren kämpfen wir schon dagegen. Wenn man von zwei bis vier Jahren Vorlaufzeit ausgeht, dann wurde sie bereits vor etwa zehn Jahren geplant. Das ist heute ein vollkommen veralteter Stand der Technik, wenn man vergleicht, welchen technischen Fortschritt es in dieser Zeit in der Mobilfunktechnik gegeben hat. Es kann doch nicht sein, dass sich in der Stromübertragung zehn Jahre lang nichts geändert hat.
Gerade die „Energiewende“ macht es nicht mehr in dem Maße notwendig, den Strom so weit zu transportieren, wenn die AKW abgeschaltet werden. Außerdem stehen ja dann diese Leitungen zur Verfügung. Bei einer wirklich gewollten Energiewende ist die dezentrale Energieerzeugung der zentrale Punkt. In Wirklichkeit steckt beim Energietransport von Nord nach Süd ein extrem großer Lobbyismus dahinter. Es ist doch paradox, wenn mit „grünem Strom“ grüne Landschaften zu kahlen Landschaften werden sollen.
Welche Alternativen sehen Sie zur geplanten Starkstromtrasse?
Die Antwort darauf gab 2007 schon das Gutachten von Prof. Dr. Lorenz Jarass, das die betroffenen Kommunen in Auftrag gegeben hatten. Erstens können die bestehenden Leitungen mit Hochtemperaturseilen aufgerüstet werden. Zweitens kann die dezentrale Energieversorgung durch Stadtkraftwerke ausgebaut werden. Und drittens können mit der modernen und schnellen Hochspannungsgleichstromübertragung einfach die Kabel in die Erde verlegt werden. So wird ja auch der Strom von den Offshore-Anlagen an Land gebracht. Siemens hat diese Technik entwickelt. Es ist nicht einzusehen, dass dies angeblich zu teuer ist. Außerdem ist die Vernetzung mit der Technik der Smart-Grids (1) die Zukunft, was zur Stromersparnis beiträgt.
Aber das alles ist offenbar nicht im Interesse der vier großen Stromkonzerne. Jahrelang haben die nur dicke Gewinne gemacht. Dann sollen sie die jetzt mal investieren. Aber immerhin haben wir sechs Jahre lang den Bau der Leitung aufgehalten.
Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hat ja am 24. Mai gegen einen Baustopp entschieden. Was sind Ihre weiteren Aktivitäten zur Verhinderung der 380-KV-Leitung?
Bisher hat das Bundesverwaltungsgericht nur den Eilantrag abgelehnt. Das Einspruchsverfahren selbst läuft noch. Und so lange wird auch nicht gebaut. Wir werden also weiter mit der Anwaltskanzlei zusammenarbeiten. Aber vor allem müssen wir weiter die Öffentlichkeit sensibilisieren und gegen die ständigen Falschmeldungen in den Medien wappnen. Wir meckern nicht nur, sondern zeigen Alternativen auf der Grundlage des o.a. Gutachtens auf. Und dagegen gibt es bisher keine Einwendungen. Wir kämpfen auf alle Fälle weiter.
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
(1) „Intelligente“ Strommessgeräte im Haushalt, die den Stromverbrauch der verschiedenen Geräte dem im Netz zur Verfügung stehenden Strom anpassen