Danke, auf Kristina Schröders reaktionäre Leitbilder verzichten wir gerne …

Danke, auf Kristina Schröders reaktionäre Leitbilder verzichten wir gerne …

Heftige Kritik und Proteste nicht nur vieler Frauenorganisationen ruft das kürzlich von Familienministerin Kristina Schröder und ihrer Mitautorin Caroline Waldeck veröffentlichte Buch „Danke, emanzipiert sind wir selber – Abschied vom Diktat der Rollenbilder“ hervor.

Um es gleich vorweg zu sagen, nach der Lektüre dieses Buches fragt man sich, warum Frau Schröder nicht gleich Abschied von ihrem Amt nimmt. Denn irgendetwas an den herrschenden Verhältnissen im Sinne der Frauen zu ändern, ist nach ihrer Meinung gar nicht mehr nötig. Was der Emanzipation der Frau heute lediglich noch im Wege stehe, seien die „samtenen Fesseln“ der „Rollenleitbilder“. Während sie sich mit „strukturkonservativen Rollenleitbildern“, die die Frau auf Haus, Kinder, Küche reduzieren wollen, gar nicht lange aufhält, wetzt sie ihr Messer hauptsächlich gegen den „Weltanschauungsfeminismus“ und sein angebliches „Rollendiktat“.

Dabei hütet sie sich, die Frauenbewegung pauschal abzulehnen. Das wäre ihrem schon arg angekratzten Image als Frauenministerin auch nicht gerade förderlich. So würdigt sie durchaus die Verdienste und Errungenschaften der Frauenbewegung, um sie gleich danach für inzwischen überholt und überflüssig zu erklären. Niemand stelle heute mehr ernsthaft die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Frage und den Frauen stünden alle Wege offen. Wäre da nicht der „Feminismus“, der den Frauen sein Leitbild der Berufstätigkeit und Karriere vorschreibe, ihnen das Glück durch Kinder und Familie madig mache, sie nicht selber entscheiden lasse, welches der ihnen zur Verfügung stehenden vielfältigen „Lebensmodelle“ sie wählen wollten.

Im Visier: die kämpferische Frauenbewegung

Auch wenn Kristina Schröder vordergründig den „Feminismus“ mit seinem gescheiterten Weg des Geschlechterkampfs ins Visier nimmt, ist ihr Buch in seinen Grundaussagen eine Kampfansage an die Ziele und Forderungen der kämpferischen Frauenbewegung, die für die Berufstätigkeit der Frau und ihre tatsächliche Gleichberechtigung in allen gesellschaftlichen und persönlichen Bereichen eintritt. Und erst recht – wenn auch nirgendwo offen ausgesprochen – an den marxistisch-leninistischen Weg der Befreiung der Frau. Sie hat ein ganzes Sammelsurium von Zitaten, Klischees und Vorbehalten auf Lager, um die kämpferische Frauenbewegung als Fortschrittsbremse und ihre Mitglieder als verbiesterte, herzlose, „gouvernantenhafte“, besserwisserische Emanzen zu diffamieren. Damit versucht sie vor allem einen Keil zwischen die jungen Frauen und die kämpferische Frauenbewegung zu treiben. So ist es schon dreist, ausgerechnet der Frauenbewegung zu unterstellen, in ihr hätten „die persönlichen Erfahrungen vieler Frauen heute – sei es mit Emanzipation, sei es mit Familie- und Mutterschaft, sei es mit Sexualität – … keinen Platz“ (S. 31).

Fakt ist, dass ganz ohne die angebliche „Bevormundung“ der Frauenbewegung die Erwerbstätigkeit von Frauen steigt und eine wachsende Zahl sogar Haupternährerin der Familie ist – und das nicht allein aus der wirtschaftlichen Notwendigkeit heraus. In einer Stellungnahme des Frauenverbands Courage zu dem Buch heißt es: „Dass die Frauenbewegung die Berufstätigkeit von Frauen befürwortet, ist keineswegs ,bevormundend‘, wie Schröder behauptet. Viele Frauen möchten mehr soziale Kontakte und berufliche Verantwortung. Sie wollen sich gerade nicht mehr mit der alleinigen Mutter- und Hausfrauenrolle abfinden. Trotz der damit verbundenen Zerreißprobe, die gesellschaftlich bedingt ist, stärkte und stärkt das unser Selbstbewusstsein!“

Rolle rückwärts zur Priorität der Familie

Eine Unverschämtheit ist es, wenn die Familienministerin diese Zerreißprobe auch noch der Frauenbewegung in die Schuhe schieben will: „Die emanzipierte Frau soll ihre Potentiale ausschöpfen, und das heißt: voll erwerbstätig sein und sich in einer Partnerschaft keinesfalls freiwillig in Abhängigkeit begeben. (…) Mutterschaft lässt sich für viele Frauen nicht in den eigenen Lebensentwurf integrieren – Mutterschaft konkurriert mit ihm.“ (S. 126/127)

Da ist die Katze aus dem Sack: Das Gerede von der Wahlfreiheit bezweckt nichts anderes als möglichst viele Frauen auf den Pfad der alleinigen Mutterschaft zu führen und die „freiwillige Abhängigkeit“ vom Partner noch als fortschrittlich hin zu stellen. Wenn das mal kein waschechtes „Rollenleitbild“ ist – und zwar ein stockreaktionäres. Was Kristina Schröder den Schweiß auf die Stirn treibt, ist offensichtlich die Tatsache, dass es trotz der familienpolitischen Maßnahmen der letzten Jahre nicht gelungen ist, die Geburtenrate nennenswert zu erhöhen und die Krise der bürgerlichen Familienordnung sich weiter vertieft. So landet das Buch mit der Forderung „Familie zuerst“ – wenn auch etwas moderner verpackt – wieder beim Erhalt und der Stabilisierung eben dieser bürgerlichen Familienordnung als erster Priorität der Frau.

Sie führt einen regelrechten Kreuzzug gegen alle, die die gesellschaftlichen Ursachen der doppelten Ausbeutung und der Unterdrückung der Masse der Frauen im Kapitalismus kritisieren und ihr den Kampf ansagen. Das richtet sich vor allem gegen den weltweiten Aufbruch der Frauenbewegung. Unsere Empfehlung zu dem Buch: Danke, auf Frau Schröder und ihre reaktionären Leitbilder verzichten wir gerne – um unsere Befreiung kümmern wir uns lieber selber und stärken dafür die kämpferische Frauenbewegung – weltweit!