„Gorleben ist ein Synonym für die ungelöste Atommüllfrage“

„Gorleben ist ein Synonym für die ungelöste Atommüllfrage“

Interview mit Wolfgang Ehmke, Pressesprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg e.V. vom 28. 11. 2011 zu den aktuellen Castor-Transporten

Wie bewertet die Bürgerinitiative die Proteste?

Was die Laufzeit dieses Castor-Transports angeht, ist es wieder ein Rekord, den wir eingestellt haben. Viel wichtiger ist aber der Rekord bei der Teilnehmerzahl, die wir gerade jetzt am Wochenende bei der Aktion erleben konnten. Die übertrifft alles, was es zuvor in den 35 Jahren im Wendland gegeben hat. „Gorleben soll leben“ ist inzwischen ein Synonym für die ungelöste Atommüllfrage, das Atommülldesaster etc., da waren noch nie so viele Menschen auf der Straße wie in diesem Jahr. Damit hat bestimmt zu tun, dass es die Asse-Havarie und die Havarie der Deponie in Morsleben gab. Und natürlich sagen wir aus unserer regionalen Sicht mit Unterstützung dieses großen Trägerkreises des Bündnisses: Gorleben als Standort für ein nukleares Endlager – das geht überhaupt nicht mehr! Die geologischen Fakten, die gegen Gorleben sprechen, sind so klar, dass man auf Gorleben verzichten muss.

Wie erklären Sie sich, dass die Proteste jetzt so massiv waren?

Ich denke, das hat wirklich damit zu tun, dass in der Republik angekommen ist, dass das hier kein regionaler Konflikt ist, sondern dass ein ganz wichtiger Aspekt der Nutzung der Atomenergie das Risiko der strahlenden Hinterlassenschaften, des Atommülls ist. Das bewegt hier die Gemüter und ich bin sicher, dass das damit zu tun hat. Vielleicht auch, dass hier immer behauptet wird, das sei der letzte oder vorletzte Castor-Transport nach Gorleben, da muss man wirklich auf die Straße gehen. Was im Übrigen leider nicht wahr ist, denn es sollen ja weitere Abfälle aus La Hague und Sellafield nach Gorleben gebracht werden. Wir werden versuchen, auch das zu verhindern. Wir hier im Wendland haben jetzt ein Ausrufezeichen setzen können.

Wie geht es in Zukunft weiter?

Wir werden uns selbstverständlich weiter einmischen. Ein „Atomausstieg light“, das heißt unter Berücksichtigung von Konzerninteressen, das ist keine richtige Antwort auf Fukushima. In Gorleben weiterzubauen und davon zu sprechen, es gebe einen Neustart in der Endlagersuche, das passt nicht zusammen. So lange es hier in Gorleben keinen Baustopp gibt, gibt es keine Ruhe. Wir werden uns selbstverständlich auch nach dem Castor-Transport in die politische Auseinandersetzung massiv weiter einmischen.