90 Jahre Rote Ruhrarmee: revolutionäre Wurzeln im Ruhrgebiet

aus Rote Fahne 10/2010

90 Jahre Rote  Ruhrarmee: revolutionäre Wurzeln  im Ruhrgebiet
aus Rote Fahne 10/2010

Das Ruhrgebiet hat tiefe revolutionäre Wurzeln. Sie gegen Verschweigen und Verfälschungen auszugraben und zu präsentieren, das hat sich die Bergarbeiterinitiative „Kumpel für AUF“ mit einer Kulturwoche „90 Jahre Rote Ruhrarmee“ vom 15. bis 21. August 2010 vorgenommen. Am 20. März werden die Bremer Gruppe „Die Grenzgänger“ zusammen mit dem Liedermacher Frank Baier in Musik und Liedern die Ereignisse von damals lebendig machen.

Der Jahrestag fällt in eine Zeit, in der die Diskussion über die Kritik am Kapitalismus und die sozialistische Alternative die gesellschaftliche Debatte belebt. Das wirft auch die Frage nach dem Weg zu einer von Ausbeutung und Unterdrückung befreiten Gesellschaft auf. Derzeit ist der Begriff von der „Zähmung des entfesselten Kapitalismus“ Mode. Im I. Weltkrieg erlebten die Arbeiter den Kapitalismus in seiner ganzen Barbarei und zogen ihre revolutionären Schlussfolgerungen. Und erlebten auch, mit welcher Brutalität die Bourgeoisie ihre Macht verteidigt hat.

Mit dem Kapp-Putsch am 14. März 1920 drohte eine faschistische Militärdiktatur. Damals haben in ganz Deutschland die Arbeiter über Parteigrenzen hinweg entschlossen mit einem Generalstreik geantwortet. Speerspitze waren die gut 100.000 Arbeiter, in der Mehrheit Kohle-Kumpels von den Zechen, die sich zur Roten Ruhrarmee zusammengeschlossen und mit ihrem bewaffneten Aufstand diesen faschistischen Putsch am 17. März 1920 zu Fall brachten.

Wenn die SPD heute immer noch behauptet, der Generalstreik (den sie selbst nur halbherzig befolgten) sei entscheidend für die Niederschlagung des Kapp-Putsches gewesen,

so betreibt sie Geschichtsklitterung zur Leugnung der revolutionären Wurzeln der Arbeiterbewegung. Hinter dieser Darstellung verbirgt sich auch ein Motiv. Waren es nicht eben jene sozialdemokratischen Führer wie Ebert, Noske etc., die just in dem Moment, als die Putschisten die Flucht antraten, aus ihren Löchern gekrochen kamen, den Generalstreik abbliesen und wieder zur Ruhe und Arbeit riefen? Mehr noch, als die Gefahr drohte, dass die bewaffneten Arbeiter dazu übergehen wollten, sich das Ziel zu setzen, die kapitalistische Ausbeuterordnung hinwegzufegen, hetzten diese SPD-Bluthunde die Reichswehr und mit ihnen die faschistischen Freikorpsverbände auf die bewaffneten Bergarbeiter der Roten Ruhrarmee, die am 21. März 1920 fast das ganze Ruhrgebiet befreit hatten.

Im Kampf gegen die ins Ruhrgebiet einrückenden militärischen Verbände verloren Hunderte von Bergleuten und Kumpel ihr Leben. Bis Anfang April 1920 tobte ihr aufopfernder Kampf gegen den von General Watter befohlenen totalen Bürgerkrieg.

Der Parteivorsitzende der MLPD, Stefan Engel, unterstrich in seiner Aschermittwochrede 2010: „Es ist uns eine Ehre und Verpflichtung, in diesem Jahr 2010, wo die Kulturhauptstadt 2010 gefeiert wird, in einer besonderen Art und Weise dieser revolutionären Tradition der Bergarbeiterbewegung im Ruhrgebiet zu gedenken. War es doch das Beispiel, wie man mit Faschisten am besten fertig wird. Wäre die Lehre von 1920 auch 1933 angewendet worden, hätte es nie einen Hitler-Faschismus gegeben!“

Es ist deshalb zu begrüßen, dass auch Mitte März an den noch vorhandenen Denkmälern und Stätten Gedenkveranstaltungen zu Ehren der Kämpfer der Roten Ruhrarmee durchgeführt werden. Ihre Opfer waren nicht umsonst. Auch heute gilt ihr Vermächtnis:

„Wir kämpfen nur für unsere Ideale, die die der ganzen Menschheit sein müssten, für ein freies Volk auf freiem Grunde.“ (Flugblatt der Roten Ruhrarmee vom 20. März 1920)

Kapp-Putsch am 13. März 1920

Am 13. März putschten der ultrareaktionäre Staatsbeamte Kapp (Vorstandsmitglied der Deutschen Bank) und der General Lüttwitz in Berlin. Die bürgerliche Bauer/Ebert-Regierung floh nach Stuttgart. Die Faschisten Kapp, Lüttwitz und Pabst hatten im Oktober 1919 die „Nationale Vereinigung“ gegründet. Das war die feige Mörderclique, welche im Januar 1919 Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet hatte.

Nach vier Tagen, am 17. März 1920, kapitulierten Kapp und Co. angesichts der Offensive und Erfolge der Roten Ruhrarmee im Ruhrgebiet, flohen oder lebten unbehelligt in Deutschland.

 

„Schmeißt die Brocken hin!“ – Reaktion der Kumpels am 13. März 1920

Das Ruhrrevier war von Anfang an eine Hochburg des Kampfes gegen den Kapp-Putsch. Die Arbeiterklasse ergriff sofort die Initiative zu Gegenmaßnahmen. Noch bevor die zentralen Aufrufe bekannt wurden, breitete sich am 13. März wie ein Lauffeuer die Generalstreikparole im Revier aus. Ein Augenzeuge von damals erzählte über den Morgen auf der Zeche: „Putsch in Berlin … Schmeißt die Brocken hin!!! Sofort rausfahren!“ … Von Weiterarbeiten war jetzt keine Rede mehr. Bohrhämmer und Luftschläuche wurden abmontiert und nach vorne gebracht. Das Werkzeug wurde so weggepackt, als wenn man seine Arbeitsstelle für längere Zeit verlassen würde.“