Kommunismus – das „verbotene Wort“??

aus Rote Fahne 02/2011

RoteFahne02_11.jpgEine unglaubliche Hetzkampagne erhob sich, nachdem Gesine Lötzsch, eine der beiden Vorsitzenden der Linkspartei, es wagte, in einem Artikel für die Zeitung „Junge Welt“ den Begriff „Kommunismus“ zu verwenden. Allein der Gebrauch dieses Wortes reichte aus, reaktionären Politikern und Kommentatoren den Schaum vor den Mund zu treiben.

 

Vorne dran SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der den Kommunismus als „Unfreiheit und Misswirtschaft“ diffamierte. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und sein Generalsekretär Alexander Dobrindt forderten gar ein Verbotsverfahren gegen jeden, der sich auf den Kommunismus beruft. Wer wie Lötzsch den Kommunismus zum Ziel erkläre, so Dobrindt, sei selber schuld, wenn gegen ihn „auch ein Verbotsverfahren unter Umständen auf Sicht angestrebt werden könnte“.

 

Ein Angriff auf bedeutende Kulturgüter

Die Attacke auf das Wort „Kommunismus“ bedeutet eine neue Dimension des Antikommunismus, der deutschen Staatsreligion – und zugleich eine Attacke auf bedeutende Kulturgüter. Soll etwa zukünftig auch das „Kommunistische Manifest“ – das am drittmeisten verkaufte Buch der Welt – auf den Scheiterhaufen? Wird man dem Schauspieler Rolf Becker verbieten, seine Lesungen dazu abzuhalten? Was geschieht mit den Werken des großen Dramatikers und Lyrikers Bertolt Brecht, der unter anderem das Gedicht vom „Lob des Kommunismus“ schrieb? Dürfen große deutsche Schriftsteller, die mit der Idee des Kommunismus sympathisierten, wie Heinrich Mann, in Zukunft nicht mehr gelesen werden? Oder was ist mit den Büchern von Thomas Mann („Die Buddenbrooks“), der den Antikommunismus als die „größte Torheit des Jahrhunderts“ bezeichnete? Wird dann auch das von der SPD in Trier betriebene Karl-Marx-Museum geschlossen, nur weil darin des Vordenkers des Kommunismus gedacht wird?

Schon diese Aufzählung macht deutlich, welch weitgehender Kulturbruch damit verbunden ist, den Kommunismus und seine Weltanschauung zu kriminalisieren. Es bedeutet zugleich einen Generalangriff auf einen wesentlichen Teil des fortschrittlichen Gedanken- und Kulturguts der Menschheit, das weltweit großes Ansehen genießt. Das kann von keinem Menschen, dem an einer freien Diskussion über die Zukunftsperspektive der Menschheit gelegen ist, hingenommen werden.

 

Die europaweite Allianz gegen den Kommunismus

Vordergründig erscheint die Debatte wie eine bloße Entgleisung hysterischer Antikommunisten. Tatsächlich gehört sie zu einer Strategie und Taktik der Herrschenden zur Zurückdrängung der wachsenden Aufgeschlossenheit für den Sozialismus/Kommunismus. Sie sind Bestandteil einer von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats am 27. 1. 2006 beschlossenen Kampagne zur Verunglimpfung des Kommunismus und seiner demagogischen Gleichsetzung mit dem Faschismus. Die „kommunistische Ideologie“ wird da-

rin ausdrücklich zur Wurzel des „Terrorismus“ erklärt. Ausdrücklich begründet wurde das mit der „Gefahr der Renaissance“ des Sozialismus/Kommunismus in den Augen der Massen. Ganz real wird in mehr und mehr Ländern an die Umsetzung dieses Beschlusses gegangen. So verboten Lettland und Litauen im Jahr 2008 das Verwenden kommunistischer Symbole wie Hammer und Sichel, 2009 setzte Polen das Tragen kommunistischer Zeichen unter Strafe. In Tschechien wurde 2006 der kommunistische Jugendverband KSM verboten. Und im Dezember 2010 haben Tschechien, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Lettland und Litauen die EU-Kommission aufgefordert, das Leugnen der angeblichen „Verbrechen des Kommunismus“ auf EU-Ebene unter Strafe zu stellen. Noch kamen sie damit nicht durch, weil die EU-Bürokraten offenbar einen Aufschrei der Empörung fürchten. Auch das Verbot des KSM musste letztes Jahr von der tschechischen Regierung wieder aufgehoben werden.

 

Kotau vor dem Antikommunismus …

Es ist völlig richtig, dass sofort eine breite Solidarität gegen die Angriffe auf Gesine Lötzsch und die Verwendung des Wortes „Kommunismus“ einsetzte. Ungeachtet der ganzen Stimmungsmache kamen erneut Zehntausende zu den LLL-Aktivitäten am 9. Januar

in Berlin, ausdrücklich, um die drei großen revolutionären Kommunisten zu ehren. Es gibt aber auch gänzlich andere Reaktionen. Ein Teil der führenden Politiker der Linkspartei antwortet auf die antikommunistische Hetzkampagne ihrerseits mit neuen Blüten des modernen Antikommunismus. Pflichtfertig distanziert man sich vom „Stalinismus“, obwohl bis heute kein Mensch weiß, was das eigentlich sein soll, abgesehen davon, dass es etwas „sehr, sehr Böses“ sein muss. „Stalinismus“ ist auch ein antikommunistischer Kampfbegriff, mit dem die Führer ehemals sozialistischer Staaten in den Geruch von „Diktatoren“ und „Massenmördern“ gebracht werden sollen. Kübelweise werden dazu Verleumdungen über Stalin oder auch Mao Tsetung ausgeschüttet bis dahin, ihnen die Verantwortung für die Opfer verschiedenster Hungersnöte genauso wie für alle Toten der von den Imperialisten angezettelten Bürger- und Interventionskriege sowie des II. Weltkriegs unterzuschieben. Damit soll abgelenkt werden vom wirklichen Verbrechen der Restauration des Kapitalismus in den ehemaligen sozialistischen Ländern ausgehend vom XX. Parteitag der KPdSU 1956. Der Verrat am Sozialismus führte bis zur abgrundtief massenfeindlichen Stasi-Diktatur in der DDR. Dadurch wurde das Ansehen des Sozialismus in tiefen Misskredit gebracht.

 

… oder in die Offensive gehen?

Auch Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi, der bereits in der Vergangenheit betonte, dass er noch eher mit der FDP als der MLPD koalieren würde, stellte eilfertig klar: „Wir sind keine kommunistische Partei, wir waren keine kommunistische Partei und wir werden nie eine kommunistische Partei sein.“ Damit hat er allerdings den Nagel auf den Kopf getroffen. Denn mit der jetzigen antikommunistischen Kampagne wird zwar auf die Linkspartei gehauen, getroffen werden sollen aber die Vertreter der revolutionären Richtung im Linkstrend. Dafür steht vor allem die MLPD, die den Kommunismus nicht nur offensiv gegen die Attacken der Antikommunisten verteidigt, sondern alles dafür tut, dem Sozialismus/Kommunismus zu einem neuen Ansehen zu verhelfen. Wer dazu beitragen will, dass dieses große Ziel der Befreiung der Menschheit von Ausbeutung und Unterdrückung eines Tages Wirklichkeit wird, der ist in dieser Partei genau am richtigen Platz. (ms)

 

Kasten: Die Heuchelei der Antikommunisten

Da ereifern sich Leute über Unfreiheit und Misswirtschaft, die selbst maßgeblich verantwortlich sind für ein ganzes System persönlicher Bereicherung, für die Verarmung wachsender Teile der Bevölkerung und den umfangreichen Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten. Es sind Leute wie Seehofer und Dobrindt, die mit der Absegnung spekulativer Aufkäufe für Milliardenverluste der BayernLB sorgten, die jetzt auf die breiten Massen abgewälzt werden. Der ehemalige Kanzleramtschef Steinmeier ließ unter anderem Murat Kurnaz im US-Foltergefängnis Guantanamo schmoren, nur um zu verhindern, dass unbequeme Wahrheiten ans Tageslicht kommen. Er war aber auch führend verantwortlich für die Durchsetzung von Hartz IV sowie die Bespitzelung und Verunglimpfung der Montagsdemonstrationen.

 

Kasten: „Kommunismus“ – Perspektive einer klassenlosen Gesellschaft

Es waren Karl Marx und Friedrich Engels, die erstmals nachwiesen, dass die Hoffnung auf eine klassenlose Gesellschaft nicht nur eine schöne Utopie ist. Friedrich Engels schrieb dazu in der Schrift „Anti-Dühring“:

„Die Möglichkeit, vermittelst der gesellschaftlichen Produktion allen Gesellschaftsmitgliedern eine Existenz zu sichern, die nicht nur materiell vollkommen ausreichend ist und von Tag zu Tag reicher wird, sondern die ihnen auch die vollständige freie Ausbildung und Betätigung ihrer körperlichen und geistigen Anlagen garantiert, diese Möglichkeit ist jetzt zum erstenmal da, aber sie ist da.

Mit der Besitzergreifung der Produktionsmittel durch die Gesellschaft ist die Warenproduktion beseitigt und damit die Herrschaft des Produkts über die Produzenten. Die Anarchie innerhalb der gesellschaftlichen Produktion wird ersetzt durch planmäßige bewußte Organisation … Erst von da an werden die Menschen ihre Geschichte mit vollem Bewußtsein selbst machen, erst von da an werden die von ihnen in Bewegung gesetzten gesellschaftlichen Ursachen vorwiegend und in stets steigendem Maße auch die von ihnen gewollten Wirkungen haben. Es ist der Sprung der Menschheit aus dem Reiche der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit.“ (Marx/Engels, Werke, Bd. 20, S. 263/264)

Damit einher geht allerdings ein erbitterter Klassenkampf, vor allem in der ersten Phase des Kommunismus, dem Sozialismus. Denn das bisher herrschende Monopolkapital wird erbitterten Widerstand leisten und muss durch die Diktatur des Proletariats niedergehalten werden. Auch im eigentlichen Kommunismus, nach dem Sieg der Weltrevolution, bleibt die Diktatur des Proletariats zunächst bestehen. Dazu heißt es im Parteiprogramm der MLPD:

„Ihre Hauptaufgabe besteht in der allmählichen Aufhebung der Klassen überhaupt. Noch lange wirkt die Tradition der bürgerlichen Ideologie nach. Erst wenn die bürgerliche Ideologie endgültig besiegt ist, sterben Klassen und Staat ab und die klassenlose Gesellschaft beginnt. Die Arbeit ist zum ersten Lebensbedürfnis geworden, weil sie jedem Gelegenheit gibt, seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten immer besser auszubilden und für die Gesellschaft einzusetzen. Die gesellschaftliche Ungleichheit von Mann und Frau ist überwunden. Die Trennung von Hand- und Kopfarbeit, von Stadt und Land gehört ebenso der Vergangenheit an wie die Aufteilung der Welt in Nationalstaaten.“ (S. 39)