„Internationalismus live“ und der demokratische Volksaufstand in Tunesien
Zwei Veranstaltungen in der Reihe „Internationalismus Live“ der MLPD fanden am 14. und 15. April in Gelsenkirchen und Stuttgart statt.
„Der demokratische Volksaufstand in Tunesien und die Perspektive der sozialistischen Revolution“ – das war das Thema am 14. April in Gelsenkirchen, im Kultursaal „Horster Mitte“ mit rund 300 Besuchern. Es wurde ein spannender Abend.
Der Vorsitzende der MLPD, Stefan Engel, begrüßte Teilnehmer und die beiden Gäste und Mitglieder der „Kommunistischen Arbeiterpartei Tunesiens“ (PCOT), den Genossen Mondher Khalfaoui aus Tunesien und einen Sprecher der „Front 14. Januar“ und Vertreter der PCOT in Deutschland. Die Genossen berichteten anschaulich, dass der Funke, der zum Aufstand im Dezember in Tunesien führte, eine lange Vorgeschichte des Kampfes der Volksmassen und der beharrlichen Kleinarbeit der Kommunisten unter brutaler Verfolgung hatte.
Nach dem Sturz der Diktatur des Clans von Ben Ali haben die Volksmassen bereits zwei Übergangsregierungen gestürzt. Diese wollten keine grundlegende Änderung, sondern kooperierten mit den Imperialisten. Auch die dritte Übergangsregierung ist keine wirkliche Alternative und bereit, den Massen die Früchte des Aufstands vorzuenthalten.
Unter den Kräften in der Opposition gegen Ben Ali gab es zwischen Linken, Kommunisten, Liberalen (d. h. bürgerlich-demokratischen Parteien) und Islamisten ein gemeinsames Interesse an der Beseitigung des faschistischen Regimes. Diese gemeinsame Plattform ist danach von den Liberalen und den Islamisten aufgekündigt worden. Beide widersetzen sich dem Wunsch des Volkes nach einer demokratischen antiimperialistischen Revolution und der Fortsetzung des mit dem Aufstand begonnenen Kampfs für die Befreiung der Frau.
Mit großem Beifall wurde aufgenommen, dass die Genossen ihren revolutionären Kampf nicht nur auf Tunesien beziehen, sondern als eine Errungenschaft der internationalen Arbeiterbewegung und des weltweiten Kampfs für eine sozialistische Perspektive der Abschaffung jeglicher Ausbeutung und Unterdrückung ansehen. Eine Spendensammlung brachte über 800 Euro für die internationalistische Arbeit der MLPD.
In Stuttgart folgten 125 Besucher im Arbeiterbildungszentrum Süd dem Vortrag des Genossen Mondher Khalfaoui. Neben einer lebendigen Schilderung des schon lang anhaltenden Volkswiderstands gegen das von den Imperialisten gestützte Ben-Ali-Regime machte er auch die Rolle der Arbeiterklasse im Kampf um nationale und soziale Befreiung des tunesischen Volkes deutlich.
Dabei war es dem Genossen wichtig, auch vergangene Volkskämpfe in Tunesien zu schildern, etwa den Volksaufstand von Gawsa im Jahr 2008 gegen das Ben-Ali-Regime, bei dem es den Bergarbeitern vor allem um soziale Gerechtigkeit ging. Das Regime antwortete darauf mit brutaler Härte und ließ arbeitslose Akademiker und Arbeiter verhaften. Die PCOT spielte in diesem Aufstand eine führende Rolle.
Auch in den Gewerkschaften, besonders im Gesundheits- und Verkehrswesen, ist die PCOT gut verankert und kämpft in ihnen für Forderungen der Arbeiter wie Festeinstellungen, Lohnerhöhungen und das Recht, Gewerkschaften zu gründen. Das ist besonders wichtig, da es nur in 10 Prozent der Firmen, die sich in ausländischer Hand befinden, Gewerkschaftsorganisationen oder Betriebsräte gibt. Darüber sieht es die PCOT als ihre Aufgabe an, die vielen Arbeiterstreiks in Tunesien zu fördern und zu führen. Das verbindet die PCOT in ihrer Gewerkschaftsarbeit mit der Vorbereitung der demokratischen Revolution in Tunesien, zu der auch die Verstaatlichung der Industrie gehört. Die demokratische Revolution wird von der PCOT als ein Kampf für nationale Unabhängigkeit mit sozialistischer Perspektive begriffen. Als notwendigen Schritt in diese Richtung sieht sie die Bildung einer Volksregierung.
All diese Fragen wurden auch in der sehr lebendigen Diskussion aufgeworfen. Ihre Antworten sind Teil eines umfassenden Klärungsprozesses, wie Peter Borgwardt, Mitglied des Zentralkomitees der MLPD, in seinem Schlusswort betonte. Die Spendensammlung für die internationalistische Arbeit der MLPD erbrachte 468,35 Euro und ist so Ausdruck eines lebendigen proletarischen Internationalismus.