Zurück zu dem „Atom-Ausstieg“ aus dem Jahr 2000?
In der gesellschaftlichen Debatte ist die Weiterführung der Atomenergie wie nie zuvor in der Geschichte in die Kritik geraten. Den Willen der großen Mehrheit der Bevölkerung haben die Wahlen am 27. 3. eindeutig unterstrichen. Der einzig richtigen Forderung nach Abschaltung aller Anlagen stehen jedoch Konzepte gegenüber, die sehr nebulös von einem „schnellstmöglichen“ Ausstieg reden. Vor allem die SPD will ihren Atomausstieg aus dem Jahr 2000 wieder in Erinnerung rufen und eine Abschaltung bis zum Jahr 2020 propagieren. Unter den Grünen ist der „Atomausstieg“, den ihre Führung damals mitverantwortete, inzwischen sehr umstritten. Zu Recht.
Die Vereinbarung über den „Atomausstieg“ mit den führenden AKW-Betreibern wurde unter Federführung von Kanzler Schröder zusammen mit dem Umweltminister Jürgen Trittin geschlossen. Dieser hatte niemals feste Termine für die Abschaltung der Atomanlagen gesetzlich festlegen lassen. Stattdessen haben sie eine Strom-Mengenbegrenzung mit den AKW-Betreibern vereinbart. In einer Analyse von netzwerk-regenbogen (www.netzwerk-regenbogen.de) werden folgende Hintergründe aufgedeckt: „Mit der als Atom-Ausstieg bezeichneten Vereinbarung zwischen ,Rot-Grün‘ und den Energie-Konzernen wurden für jedes der (damals noch) 19 in Betrieb befindlichen deutschen Atomkraftwerke und für das wegen nachgewiesen unzureichendem Erdbebenschutz per Gerichtsentscheid stillgelegten AKW Mülheim-Kärlich – nicht etwa Restlaufzeiten, sondern – Reststrommengen festgelegt … Die Betreiber von Atomkraftwerken dürfen vereinbarungsgemäß noch 2.623.300 Gigawattstunden Strom erzeugen. Dies ist ungefähr die Strommenge, die seit Inbetriebnahme des ersten Reaktors 1968 bis 2000 in deutschen Atomkraftwerken erzeugt wurde.“
Wir erinnern: Ende der 1990er Jahre wuchs die Anti-AKW-Bewegung an. Diese erwartete von den Grünen, die sie gewählt hatten, den Ausstieg aus der Atomenergie. Stattdessen fabrizierten sie in der Koalition mit der SPD unter Kanzler Schröder ein betrügerisches Ausstiegsszenario, das sogar eine Gesamtlaufzeit von über 32 Jahren bis zur Abschaltung des letzten AKW in Deutschland ermöglicht hätte. Die Berechnung nach Strommengen war demagogisch. Das bedeutet, je maroder ein AKW ist, je mehr Ausfallzeiten anfallen, desto länger kann das AKW noch bis zum Verbrauch der zugesagten Strommenge laufen. Zudem durften die AKW-Betreiber die Strommengen auf andere AKWs übertragen.
„Der zentrale Satz der Vereinbarung lautet: ,Die Bundesregierung gewährleistet den ungestörten Betrieb der Kernkraftwerke wie auch deren Entsorgung‘.“ (ebenda, Herv. RF-Red.) Der berühmte „Atom-Ausstieg“ war die rechtliche Zusicherung der Nutzung der Kernkraftwerke durch die Bundesregierung für gut 32 Jahre! Und die Zusicherung der Übernahme der Entsorgung durch den Staat! Hier liegt wohl auch der Grund dafür, warum Herr Trittin die Castor-Transporte als zuständiger Minister gegen die Demonstranten durchgesetzt hat, während er sich als Angehöriger der Opposition gern vorne in den Demozug einreiht. Die Vereinbarung der SPD/Grünen-Regierung war ein Kniefall vor den Energiemonopolen. Der sogenannte „Atom-Ausstieg“ brachte die Abschaltung von zwei AKWs, die die Monopole ohnehin wegen Überalterung stillgelegt hätten Die Beendigung von Stade 2003 war bereits Ende der 1990er Jahre geplant).
Statt „Ausstieg“ muss eindeutig gefordert werden: Sofortige Abschaltung aller Atomkraftwerke!