„Sofort alle abstellen!“ – Die „Rote Fahne“ sprach mit dem Schriftsteller und Umweltschützer Holger Strohm
„Mit einer Panzerfaust lässt sich jedes Atomkraftwerk zerstören!“ – Mit dieser erschreckenden Äußerung will Holger Strohm, in Hamburg lebender Schriftsteller, die Augen öffnen. Der 70-jährige Autor hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, die sich vor allem mit Themen der Reaktorsicherheit auseinandersetzen. Sinnfragen des Lebens, die Gefahren des Atomstroms und einer drohenden Naturkatastrophe haben dem engagierten Publizisten eine feste Anhängerschaft, aber vor allem bei der Atomlobby gleichermaßen hartnäckige Feinde verschafft. Zuletzt erschien im Sokrates-Verlag München sein Buch „Das Wunder des Seins und seine Zerstörung“. Der Essener Verlag Neuer Weg verkauft sein Werk „Natur kaputt?“
Die „Rote Fahne“ sprach mit ihm über die drohende nukleare Katastrophe in Japan, die mit ihren grauenvollen Auswirkungen auf das asiatische Inselland und möglicherweise den ganzen Erdball den Menschen in aller Welt den Atem stocken lässt.
Zu dem Stand der Reaktorkatastrophe in Japan, wie sie sich am Dienstag (15. März) darstellte, sagt Holger Strohm: „Wir wurden nur nicht betroffen, weil bisher die Witterungsverhältnisse für uns günstig waren.“ Und er beschreibt das Horror-Szenario, das wir erleben, wenn aus einem der Reaktoren Tonnen an Plutonium freigesetzt werden. „Wenn die verdampfen und mit Regen zur Erde zurückgespült werden, dann gehen die überall auf der Erde nieder.“ Schon ein Milliardstel Gramm reiche aus, um einem Menschen den Tod zu bringen.
Hart geht der engagierte Umweltschützer mit Politikern, Wirtschaftsvertretern, aber auch den offiziellen Umweltorganisationen zum Beispiel der UNO ins Gericht: „Da wird nur gelogen, die Menschen in Japan, aber auch bei uns, sollen ruhig gehalten werden. Merkel verweist z.B. auf die unsicheren Reaktoren im Ausland und versetzt damit der eigenen Bevölkerung den Todesstoß, wenn sie die Atomkraftwerke bei uns als sicher anpreist.“
Holger Strohm hat sich intensiv mit dem Super-GAU von Tschernobyl befasst, den er als vergleichsweise „relativ harmlos“ hinstellt, weil er ein Militärreaktor war, dessen Brennelemente nur kurz im Reaktor bleiben. „Bei uns“, erläutert er, „müssen die sechs Jahre halten.“ Er hat auch recherchiert, dass z.B. das Kraftwerk Krümmel doppelt so groß ist wie Tschernobyl. Und Krümmel sei deckungsgleich mit betroffenen Einheiten in Japan. Strohm weist darauf hin, dass dort die Kühlung unterbrochen war. „Wenn all das in die Luft fliegt, ist Japan erledigt“, befürchtet Strohm. Andererseits ist er froh darüber, dass nun bei der Bevölkerung die Gegnerschaft zur Atomenergie wieder lauter wird. „Sofort alle abstellen!“, fordert er kämpferisch. Der engagierte Umweltschützer weist darauf hin, dass diese Forderung bei uns nur für Deutschland gelten kann. Er betont aber auch, dass sein Blick über die Grenzen hinaus geht. In Österreich, Norwegen und Portugal gebe es keine Atomkraftwerke. Und er sieht auch eine Lösung für die Energiefrage der Zukunft: „Die neuen Solarzellen, die wie Dachziegel auf den Gebäuden angebracht werden und die jedem sein eigenes kleines ,Kraftwerk‘ liefern!“